20.01.2024 - Die Rheinpfalz -

Baustelle Bahn

Die Deutsche Bahn hat gerade viele Sorgen, von der maroden Infrastruktur bis zum fehlenden Personal. Das ist ärgerlich für die Bahnkunden, sollte aber auch eine Lehre für alle Unternehmen und die Politik sein.
Ein Kommentar von Mechthild Treusch

Hier schließen Restaurants, dort bleiben Züge stehen. Die Pandemie hat offenbart, wovor Arbeitsmarktexperten seit Jahren warnen: Arbeitgeber müssen um Personal kämpfen. Doch einige haben das ausgesessen. Belegschaften sind mancherorts so ausgedünnt, dass eine Krankheitswelle gleich zum Stillstand führt.

Die Bahn ist dafür ein prominentes Beispiel. Nur 52 Prozent der Fernzüge erreichten im November pünktlich ihr Ziel, also mit bis zu fünf Minuten Verspätung. Ein Jahrestief. Im Januar waren es noch 87,8 Prozent. Im Regionalverkehr waren 85,5 Prozent der Züge pünktlich. Allerdings fielen in der Pfalz auch Züge aus. Die Begründung: viele Krankheitsfälle. Neben überschrittenen Überstundenkonten, technischen Problemen, Baustellen und sonstigen Unpässlichkeiten.

Durch ein solches Chaos verliert die Bahn nicht nur Kunden an die Straße, sondern verspielt auf Dauer Vertrauen. Abgesehen von monetären Folgen. In der Pfalz steht die Bahn dem Zweckverband Öffentlicher Personennahverkehr RLP Süd gegenüber in der Pflicht und muss für jeden ausgefallenen Zug bezahlen. Wie viel es 2023 war, darüber schweigt sich der Verband jedoch aus.

Am Personalaufbau arbeitet die Bahn inzwischen: Rund 130.000 Menschen wurden in den vergangenen fünf Jahren eingestellt. Eine beeindruckende Zahl, die zugleich vermuten lässt, dass die Nachwuchspflege zuvor nicht sehr ehrgeizig betrieben wurde. Vor zehn Jahren wurden pro Jahr etwa 40 angehende Lokführer ausgebildet, zuletzt waren es 100 Azubis in der Region Mitte mit Rheinland-Pfalz. Künftig sind 105 geplant.

An der Verbesserung der Infrastruktur wird ebenfalls gearbeitet. Auch aufgegebene Bahnlinien werden neu belebt, so zwischen Zweibrücken und Homburg. Oder die Wieslauterbahn im Dahner Felsenland. Dort sollen übrigens auch wieder Güterzüge rollen. Zur Erinnerung: 2001 hatte die Bahn unter Protest viele Güterverkehrsstellen stillgelegt. Etliche Transporte mussten auf die Straße verlagert werden.

Mit Blick auf Klimaschutz will der Bund die Schiene nun stärken. Theoretisch. Praktisch kippt er aber gerade Fördermittel für den Güterverkehr per Schiene, was Güterbahner bangen lässt. Lkw-Speditionen sind freilich nicht besser dran, sie klagen über die höhere Maut, die ja den Klimaschutz mitfinanzieren soll. Ein verlässliches Mobilitätskonzept sieht anders aus. Das aber braucht auch die Bahn. Mobilität ist kein kurzfristiges Förderprojekt, sondern Daseinsfürsorge.