04.01.2024 - Die Rheinpfalz -

Namenspate für Bahn und Buckel

Der Namensgeber einer Bahnverbindung zu sein, das kann nicht jeder Oberbürgermeister von sich behaupten. Ein ehemaliges Zweibrücker Stadtoberhaupt kann das. Und die Bahnstrecke ist nicht das Einzige, das seinen Namen trägt.
Von Maria Rimbrecht

Er war der Mann, der Zweibrücker Gegebenheiten seinen Namen gab: Oskar Munzinger. Natürlich hat er diesen Gegebenheiten nicht selbst seinen Namen gegeben, sondern die Zweibrücker selbst benannten sie nach ihm. Nach Munzinger, Oberbürgermeister von 1959 bis 1969 und damit Nachfolger von Ignaz Roth, wurde zum Beispiel ein Buckel benannt, der Munzingerbuckel. Wenn man aus der Fruchtmarktstraße kommend auf die Brücke Richtung Ixheim fährt, kommt man über diesen Munzingerbuckel. Vornehmere Zweibrücker nennen ihn Munzinger-Hügel; die zahlreichen Bahnhofsgleise wurden 1960 durch ein Überführungsbauwerk ersetzt, das den Verkehr zwischen der Innenstadt und den Stadtteilen Bubenhausen und Ixheim erleichtern sollte.

Die zweite Gegebenheit gibt es nicht mehr, manche haben sie noch in guter Erinnerung. Auch sie hat mit Straßenverkehr zu tun: der Munzinger-Express. Das war eine Eilzugverbindung, später waren es zwei, zwischen Zweibrücken und Mainz, die 1965 auf Munzingers Betreiben hin eingerichtet wurden. So konnte der Oberbürgermeister, der von 1963 bis 1975 auch Landtagsabgeordneter für die SPD war, bequem ohne umzusteigen von seinem Arbeitsplatz in Zweibrücken zu dem in Mainz fahren. 1969, zehn Jahre nach Munzingers Ausscheiden, gab es diese Verbindungen noch, dann war der Munzinger-Express Geschichte und die Verbindung Zweibrückens und die seiner Bürger mittels Bahn zur Landeshauptstadt gekappt.

Jetzt gibt es nur noch den Munzingerbuckel. Denn eine weitere wichtige Unternehmung Munzingers, die heute noch besteht, bekam nicht seinen Namen, nämlich die Städtepartnerschaft zwischen Zweibrücken und Boulogne-sur-Mer. Oskar Munzinger und Henri Henneguelle unterzeichneten 1959 diese Jumelage. Wer war dieser Mann, der sich immer vehement für die deutsch-französische Freundschaft einsetzte, unter anderem für eine Begegnungsstätte des deutsch-französischen Jugendwerkes am Asselstein in Annweiler? 1911 in Rosenkopf geboren, studierte er Theologie und Jura, war Soldat im Zweiten Weltkrieg und arbeitete danach als Rechtsanwalt in Marburg und später in Kaiserslautern. 1959 war ein wichtiges Jahr für ihn: Im April zog Munzinger in den Bundestag ein und einige Monate später wurde er für zehn Jahre zum Oberbürgermeister von Zweibrücken gewählt.

Ignaz Roth, sein Vorgänger, soll über die Wahl seines Nachfolgers nicht besonders glücklich gewesen sein, erinnert sich der Enkelsohn Roths. Munzinger legte nach der Wahl sein Bundestagsmandat im Oktober nieder. Er übernahm 1959 als Oberbürgermeister den Vorsitz des 1955 gegründeten „Stadtverbands für Leibesübungen“, dem jetzigen Stadtverband für Sport, um die gute Zusammenarbeit der Stadt mit dem Sport hervorzuheben. Munzinger leitete auch 1960 den Bau der Westpfalzhalle ein, da es in der Stadt zu wenige Turnhallen und Veranstaltungsorte gab.

Im März 1963 wurde Munzinger Mitglied des Landtags, ebenso wie sein CDU-Stellvertreter Helmut Adamzyk. Beide blieben bis 1975 im Parlament, Munzinger wurde 1969/70 Vorsitzender und damit Oppositionsführer – und nach seiner Abwahl stellvertretender Vorsitzender seiner SPD-Fraktion.

Als Fraktionschef erntete Oskar Munzinger zumindest im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vom 25. Januar 1970 keine Lorbeeren. Dort begrüßte man die Abwahl des Fraktionschefs Munzinger, des „kontaktlosen Choleriker(s), der sich in Mainz nur selten hatte sehen lassen“. Im selben Artikel wird auch ein Bonmot des Oppositionsführers im Landtag Munzinger (1,74 Meter Körpergröße) über den neuen Stern am Politikhimmel, Helmut Kohl (1,93 Meter) zitiert, als dieser Ministerpräsident wurde: „Der Mann ist viel zu groß für Rheinland-Pfalz.“ Kohl wurde bekanntlich 1982 der sechste Bundeskanzler.

Willy Brandt zu Besuch in der Rosenstadt

Ein kleiner Trost dürfte für den Zweibrücker Oberbürgermeister in den frühen 60er-Jahren der Besuch Willy Brandts, der 1960 Kanzlerkandidat der SPD geworden war, in Zweibrücken gewesen sein. In dieser Zeit, ab 1962, wurde nach langen Querelen das Zweibrücker Schloss nach Originalplänen wieder aufgebaut. Es war am 14. März 1945 beim Luftangriff der Alliierten zerstört worden. Das Oberlandesgericht hatte ab 1. Januar 1965 wieder seinen Sitz im Zweibrücker Schloss. Nach seinem Ausscheiden als Oberbürgermeister erhielt Oskar Munzinger 1970 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, 1975 dann das Große Bundesverdienstkreuz. Er starb am 6. September 1983 in Neustadt. Der Munzinger-Hügel macht ihn unvergessen. Und den Munzinger-Express hätten sicher viele auch gerne wieder.