02.05.2014
Die Rheinpfalz

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Bahn will Verfall des Schienennetzes abwenden

Bahn will Verfall des Schienennetzes abwenden Höhere Dividendenzahlung an den Eigentümer Bund soll für eine Übergangszeit fehlende Haushaltsmittel ersetzen – Investitionsrückstau wird immer größer

Von Eckhard Buddruss

Berlin. Um den drohenden Verfall der Schieneninfrastruktur abzuwenden, ist die Deutsche Bahn (DB) bereit, eine höhere Dividende an den Eigentümer Bund auszuschütten, die Investitionen ins Schienennetz zugute kommen soll. Wegen fehlender Investitionsmittel droht die Sperrung wichtiger Brücken.

„Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Finanzierungsproblem“, sagte DB-Finanzchef Richard Lutz in einem Gespräch mit der RHEINPFALZ. Spätestens seit dem Bericht der nach dem früheren Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt benannten Daehre-Kommission sei klar, dass pro Jahr rund 1,2 Milliarden Euro zusätzlich nötig seien, um die Qualität des bestehenden deutschen Schienennetzes zu sichern.Bereits 2001 habe der Rückstau bei den Ersatzinvestitionen ins Bestandsnetz rund 20 Milliarden Euro betragen, heute sei er auf rund 35 Milliarden Euro gewachsen. Wenn nicht bald damit begonnen werde, diesen Rückstau abzuarbeiten, sei mittelfristig mit dramatischen Folgen für den Netzzustand bis hin zur Sperrung wichtiger Brücken zu rechnen. Um den Netzzustand zu stabilisieren, habe die DB bereits die Mittel für die Instandhaltung erhöht. Nötige Ersatzinvestitionen müssten aber eigentlich nach den geltenden gesetzlichen Regeln aus Bundesmitteln finanziert werden. Dafür wäre eine höhere Dotierung der 2009 erstmals zwischen Bund und DB abgeschlossenen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) nötig (siehe Wirtschaftswissen).

Es sei jedoch abzusehen, dass die zusätzlichen Bundesmittel in den kommenden Jahren nur in unzureichendem Umfang zur Verfügung stehen, erläuterte Lutz. Die DB schlägt deshalb vor, die fehlenden Mittel übergangsweise durch eine höhere Dividende der DB an den Eigentümer Bund zu ersetzen, die vorrangig für das Bestandsnetz verwendet werden müsste. Dabei will die DB nicht nur Gewinne aus ihren Infrastrukturgesellschaften, die Netz und Bahnhöfe bewirtschaften, in die Infrastruktur investieren, sondern auch Gewinne der Transportgesellschaften.

Ein aus Sicht der DB willkommener Nebeneffekt wäre dabei, dass so die Diskussion darüber beendet werden könnte, dass die DB angeblich Gewinne aus ihren Infrastrukturtöchtern in die Auslandsexpansion des DB-Konzerns steckt. Diesen Vorwurf betrachtet Lutz allerdings ohnehin als völlig unbegründet und verweist darauf, dass der DB-Konzern wegen der jahrelangen Übernahme von Verlusten ohnehin per saldo viel mehr Konzernmittel ins Netz gesteckt hat als die DB Netz AG in den vergangenen Jahren an Gewinnen an den Konzern ausgeschüttet hat. Der Saldo betrug Ende 2012 rund 2 Milliarden Euro mit aus Sicht des DB-Konzerns negativem Vorzeichen (siehe Grafik). 2013 hat sich der Wert nur minimal verändert, der Saldo lag Ende vergangenen Jahres bei minus 1,945 Milliarden Euro.

Erhöhen kann DB Netz seine Einnahmen theoretisch durch die Anhebung der Trassengebühren, sozusagen der Maut für die Nutzung der DB-Schienenstrecken. Lutz sagte, die DB sei dabei, die „Obergrenze solcher Preiserhöhungen auszutesten“, die möglich seien, ohne die allgemein angestrebte Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu gefährden. Wenn die Trassenpreise nämlich zu sehr steigen, wandern kostensensible Gütertransporte auf die Straße ab und die Bundesländer können weniger Nahverkehrszüge bestellen. Die Bundesländer gehören deshalb auch zu den schärfsten Kritikern der steigenden Trassenpreise von DB Netz. Lutz hält es daher für enorm wichtig, dass die Bundesländer bei der für dieses Jahr anstehenden Revision der Regionalisierungsmittel finanziell so ausgestattet werden, dass sie das Nahverkehrsangebot auch bei steigenden Trassenpreisen weiter verbessern können.

„Wir brauchen eine Erneuerung und Stärkung des umweltschonenden Verkehrsträgers Schiene“, betont Lutz. Eine veraltete Schieneninfrastruktur könne sich Deutschland nicht leisten. „Für Oldtimerliebhaberei ist unser Netz zu belastet, dafür ist darauf zum Glück zu viel Verkehr.“


Hinweis:
In der Print-Ausgabe der Rheinpfalz finden sich interessante Fotos und Diagramm zum Thema.