18.07.2014
Die Rheinpfalz

Auf der Neubaustrecke tagsüber ICE, nachts Güterzüge

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Hintergrund: Bei der geplanten Schnellbahn zwischen Frankfurt und Mannheim spricht viel für einen nach Tageszeiten getrennten Betrieb
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. In den jahrelangen Streit über die Bahn-Neubaustrecke von Frankfurt nach Mannheim könnte bald wieder Bewegung kommen. Am kommenden Montag sollen im Regionalforum ICE-Knoten Rhein-Neckar erstmals Teilergebnisse der Korridorstudie vorgestellt werden, die das Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben hat. Die Strecken zwischen Rhein-Main- und Rhein-Neckar-Region sind im Korridor von Köln nach Karlsruhe ein besonders kritischer Engpass.

In der Rhein-Neckar-Region hatte es um das Neubaustreckenprojekt großen Wirbel gegeben, als 2000 bekannt wurde, dass die Deutsche Bahn (DB) plante, einen Bypass zu bauen, der an Mannheim vorbei führen und erlauben sollte, ICE nonstop beispielsweise von Frankfurt nach Stuttgart zu fahren.Während sich einige Mannheimer Wortführer des Widerstands gegen den Bypass in Horrorszenarien hineinsteigerten, bei denen der komplette ICE-Verkehr an Mannheim vorbeifuhr, verfolgte der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn das Bypass-Projekt in verbissener „Mit dem Kopf durch die Wand“-Manier weiter und sorgte in Mannheim besonders mit dem Satz für Empörung, seine schnellen Züge könnten „nicht jede Milchkanne“ mitnehmen.

Der Streit um den Bypass trug erheblich dazu bei, dass sich bei dem Projekt immer wieder Verzögerungen ergaben, obwohl die Dringlichkeit einer neuen Bahnstrecke zwischen Rhein/Main- und Rhein/Neckar-Region eigentlich unstrittig ist.

Während Mehdorn sich für prestigeträchtige kurze ICE-Fahrzeiten begeisterte, rückte in der politischen Diskussion immer mehr der Aspekt in den Vordergrund, dass zusätzliche Kapazitäten für den Güterverkehr gebraucht werden, bei dem mittelfristig ein starkes Wachstum prognostiziert wird. Bei deutschen Bahnneubauprojekten war es bisher üblich, Hochgeschwindigkeitsstrecken zu bauen, die auf den vorhanden Strecken zusätzliche Kapazitäten dadurch schaffen, dass die schnellen Fernreisezüge auf die Neubaustrecke verlagert werden. Bei dem Projekt Frankfurt–Mannheim wird nun erstmals ernsthaft diskutiert, stattdessen nach dem Vorbild der Betuwe-Linie in den Niederlanden eine neue Strecke für den Güterverkehr zu bauen.

Allerdings hätte dies nicht nur den Nachteil, dass die für den ICE-Verkehr angestrebten Fahrzeitverkürzungen ausbleiben, sondern auch, dass die für die Streckenkapazität wertvolle Trennung besonders schneller und langsamer Züge ausbleibt. Die Kapazität einer Bahnlinie ist dann am größten, wenn alle Züge gleich schnell fahren. Kapazitätsprobleme im Schienenverkehr ergeben sich vor allem dort, wo unterschiedlich schnelle Züge fahren. Besonders groß ist die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Fernreisezügen und Nahverkehrszügen, die oft halten. Die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Nahverkehrszügen und Güterzügen sind dagegen in der Regel deutlich geringer. Dies spricht dafür, vor allem die schnellen Fernreisezüge vom übrigen Verkehr zu separieren.

Ein Kompromiss könnte im Fall der Strecke Frankfurt–Mannheim so aussehen, dass dort tagsüber Fernreisezüge fahren und die Strecke nachts (die DB schlägt vor, zwischen 22 und 6 Uhr) vorrangig dem Güterverkehr dient. Damit könnten die Riedbahn (Mannheim-Biblis-Frankfurt) und die Main-Neckar-Bahn (HeidelbergDarmstadt-Frankfurt) nachts zumindest von einem großen Teil des Güterverkehrs entlastet werden.

Tagsüber könnte die vom ICE-Verkehr entlastete Riedbahn zusätzlichen Güterverkehr aufnehmen, der heute über die Main-Neckar-Bahn läuft. Anders als auf der Riedbahn, auf der es keine Fernzughalte gibt, hat die Main-Neckar-Bahn etwa stündlich ein Intercity-Paar, das außer Darmstadt auch Bensheim und Weinheim bedient.

Um die geplante Neubaustrecke für die wichtigsten Güterverkehrsströme nutzen zu können, wird allerdings eine Verbindungsspange von der Strecke Mainz–Darmstadt auf die Neubaustrecke gebraucht und im Rhein-Neckar-Raum müsste eine günstige Verbindung zur Strecke Mannheim–Hockenheim–Karlsruhe geschaffen werden.