12.04.2024 - Die Rheinpfalz -

Bahnhof am Outlet und hängende Gärten

Wäre ein Bahnhof am Outlet sinnvoll? Die SPD im Zweibrücker Stadtrat sagt: vielleicht. Und die AfD schlägt als Beitrag zur Verkehrswende einen Spazierweg vom Outlet zur Fasanerie vor. Dabei handelt es sich um zwei Positionen aus einer Abfrage der Industrie -und Handelskammer Pfalz bei den Fraktionen im Zweibrücker Stadtrat vor der Kommunalwahl.
Von Claus-Peter Schmidt

Was sind von Kommunalparlamenten zu beantwortende, wichtige wirtschaftspolitische Fragen in den Städten und Landkreisen der Pfalz? Das fragte die Industrie- und Handelskammer der Pfalz (IHK), die Vertretung von 79.000 Unternehmern und Unternehmen, in den vergangenen Wochen ihre Mitglieder. Auch in Zweibrücken. Aus den Rückmeldungen filterte sie die lokal drei wichtigsten Themen heraus. Keine nur von der Landes-, Bundes- oder gar Europapolitik anzugehenden und zu lösenden Fragestellungen, sondern von der Kommunalpolitik mitzubestimmenden. Befragt wurden deshalb die in Fraktionsstärke in den Stadträten und Kreistagen vertretenen Parteien. In Zweibrücken die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen, Freie Wähler, FDP und AfD. Am Dienstag veröffentliche die IHK die Ergebnisse. Sie sollen ein Beitrag zur Entscheidungsfindung der Wähler für die Kommunalwahl am 9. Juni sein. Die Freie Wählergruppe im Stadtrat antwortete wie die FDP laut IHK bisher nicht. Man werde ihre Positionen aufführen, sobald sie vorliegen, versichert die IHK. Einsehbar sind die Positionen auf der Seite der IHK im Internet.

Mit zu den wichtigsten Themen in Zweibrücken zählen die Unternehmen die Zukunft des zwar fertiggestellten, aber vom Versandhändler Amazon nicht bezogenen Logistikzentrums am Steitzhof. Wie kann es schnell einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden, fragte die IHK. Auch der Verkehr rund ums Outlet ist von Interesse. So fragte die IHK: „Automagnet Fashion Outlet: Wie schafft die Stadt die Verkehrswende?“ Und wie lässt sich lokal dem schon eingetretenen und sich noch verschärfenden Fachkräftemangel über eine bessere Berufsorientierung an Schulen entgegenwirken? Zu planen: Lückenschluss von S-Bahn zum Outlet Die SPD-Fraktion sieht Outlet-Betreiber Via Outlets mit in der Pflicht, das Flughafengelände besser über den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) anzubinden. Auch über privat zu finanzierende Lösungen. „Hier ist vor allem auch die Attraktivitätssteigerung des Zweibrücker Bahnhofs zu beachten, wenn (hoffentlich bald) die S-Bahn-Anbindung nach Homburg kommt“, erklärt die SPD. Ein Shuttle-Service sei neben einer Verkürzung der Takte der zum Outlet verkehrenden Stadtbusse überlegenswert. Auch wenn alleine schon die Planung sehr lange dauern würde, will die SPD die einmal initiierte Prüfung einer Schienenverlängerung aus dem Hornbachtal übers Flughafengelände „nicht völlig aufgeben“.

Die CDU verfolgt keinen konkreten Lösungsansatz. Sie gibt allgemein zu bedenken, dass gerade im ländlich geprägten Raum um Zweibrücken der ÖPNV nur dann attraktiv ist, wenn er so ausgestaltet ist, dass die Menschen in derselben Zeit ihre Ziele erreichen wie mit dem Auto oder anderen Verkehrsträgern des Individualverkehrs. Mit stündlich verkehrenden Bussen sei der ÖPNV nicht attraktiv. Vor künftigen Streckenausschreibungen seien „ohne Tabus“, so die CDU, auch andere Möglichkeiten zu prüfen. Rufbusse könnten einen Beitrag leisten.

Die Grünen im Stadtrat sehen die Lösung in einem auf die Zweibrücker Verhältnisse auszurichtenden, neuen Mobilitätskonzept. Das den ÖPNV mit allen Formen des Individualverkehrs sinnvoll, platz- und ressourcenschonend verknüpfen muss. Ob der geplante Umbau des Zentralen Busbahnhofs am Alexanderplatz mit Anbindung des Hauptbahnhofs und die für das Jahr 2028 in Aussicht gestellte Verlängerung der S1 von Osterburken bis Zweibrücken ein Teil der rund vier Millionen Outlet-Kunden bewegen wird, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen, bleibe offen. Das heutige Fashion-Outlet sei nun mal Ende der 90er-Jahre als klassischer Auto-Standort geplant worden. Die beschlossene Anlage von Fahrradfahrerschutzstreifen entlang der Steinhauser Straße, von der Innenstadt in Richtung Outlet, werde allenfalls Zweibrücker animieren, mit dem Fahrrad in Richtung Flughafengelände und Outlet zu fahren – „so ehrlich muss man sein“, sagen die Grünen.

Die vierköpfige Fraktion der AfD im Zweibrücker Stadtrat hinterfragt an dieser Stelle generell den ÖPNV. Ihr Vorschlag: „Statt ÖPNV wäre ein Spazierweg (20 Minuten) in die Fasanerie wohl das bessere Angebot.“ Es sei kritisch zu hinterfragen, was Zweibrücken den Outlet-Besuchern überhaupt zu bieten habe. Der Befund der AfD: „Den Rosengarten (mindestens zwei Stunden Anfahrt) oder eine Fußgängerzone mit x Optikern, y Geschäften für Hörgeräte. Und Kultur gibt es nur samstags, aber an den anderen fünf Wochentagen – nix.“ Es sei, so die AfD, zu überprüfen, wie viel Geld die Stadtverwaltung in den vergangenen Jahrzehnten „in die Innenstadt gepumpt hat und auch weiter pumpen möchte“.

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Info
Die durch die IHK Pfalz abgefragten Position zur Kommunalwahl am 9. Juni, auch die der Fraktionen im Kreistag Südwestpfalz, sind im Internet auf der Seite der IHK einsehbar unter dem Link ihk.de


Es gab Vorschläge, die zeigten dass zum Fluhafen Zweibrücken einfacher eine Bahn gebaut werden kann als zum Flughafen Saarbrücken-Ensheim. Aber das Thema hat sich bekanntlich erledigt.


Die Wochenend-Kolumne: Ich bin der Meinung, dass ...

Von Thomas Büffel - Zum Artikel

... die Outlet-Besucher nicht in die Innenstadt kommen, egal wie sehr sich Zweibrücken anstrengt. Vier Millionen Besucher kommen jedes Jahr ins Zweibrücker Fashion Outlet. Kein Wunder, dass die Innenstadt gerne etwas von dem Kuchen abhätte. Daraus wird aber nichts!

Es kann ja wirklich keiner sagen, wir hätten’s nicht versucht. Erinnert sich noch jemand an die Idee des früheren FDP-Chefs Bernd Kaufmann, Outlet-Besucher mit einem Pferde-Omnibus runter in die Stadt zu karren? Oder ans Konzept City Outlet in der früheren Kaufhalle? Ein Vierteljahrhundert sind solche Ideen jetzt alt. Das ist eine Generation. Gebracht hat es wenig.

Wie denn auch? Warum sollen die Kunden nach ihrem Besuch im Outlet noch in die Stadt fahren? Das Fabrikverkaufszentrum, wie es früher immer genannt wurde, mausert sich immer weiter. Wenn ich dort oben meinen Kaffee trinken, mein Eis essen und meinen Burger mit Fritten bestellen kann, was bietet mir dann die Innenstadt noch? Warum sollte jemand, der 500 Kilometer hin und zurück fährt, um im Outlet 300 Euro zu sparen, das Geld dann wieder für eine Übernachtung und Essen im Restaurant ausgeben? Und wenn die Kinder was erleben wollen, warum sollen sie ins Hallenbad, wenn es zuhause auch eins gibt? Dann vielleicht doch lieber in die Eishalle oder zum Schwarzlicht-Minigolf ins World of Fun direkt neben dem Outlet.

Zweibrücken hat am Rande des Flugplatzgeländes genau das bekommen, was es bestellt hatte: Eine eigene kleine Einkaufssiedlung vor den Toren der Stadt. Das hat Zweibrücken bundesweit bekannt gemacht. Es schafft Arbeitsplätze und sorgt für Steuereinnahmen. Aber Touristen in die Stadt zu locken, das war nie mehr als Beifang. Die Zweibrücker können zufrieden sein mit dem, was sie da oben haben. Sie können auch aufhören, sich weiter anzustrengen. Es klappt ja schon mit den Studenten auf dem Kreuzberg nicht richtig. Wer aus Frankfurt zum Einkaufen hierher fährt, wird sich weder das Gestüt noch das Stadtmuseum oder den Rosengarten anschauen.

Nicht falsch verstehen: Zweibrücken ist eine schöne kleine Stadt, in der man gut leben kann! Wenn man eben hier lebt. Wer aber nur zu Besuch kommt, dem dürfte es ähnlich gehen wie mir, wenn ich in Rottweil oder in Osterburken auf einen Anschlusszug warte: Alleine wegen der römischen Ausgrabungen leg’ ich keinen Zwischenstopp ein.

Vor über 15 Jahren gab es im Zweibrücker Land das Programm Ilek, Integrierte Ländliche Entwicklung. Die Dorfbewohner überlegten, was man in ihrer Region machen könnte, damit das Geld bei ihnen bleibt und nicht nur in der Stadt oder in Nachbarregionen ausgegeben wird. Schnell stellte sich heraus: Die meisten Ideen locken keine Leute her, aber sie machen die eigene Heimat ein Stück lebenswerter. Der Wasserspielplatz in Contwig und der tolle Exe am Zweibrücker Bleicherbach sind zwei Beispiele: Sie rechtfertigen sicher keine stundenlange Anfahrt. Aber sie sind eine Riesenbereicherung für die Familien von hier. Darauf kann sich Zweibrücken konzentrieren. Und dabei gerne auch mal etwas schräg denken. Dafür braucht es nicht mal Beratungsbüros aus Darmstadt oder Aachen, von deren Vorschlägen man dann erst mal gar nichts mehr hört oder die am Ende sagen, eigentlich ist es doch ganz in Ordnung, wie es ist. Es braucht aber Einfallsreichtum und Mut oder mindestens Entschlossenheit. Wer weiß: Vielleicht kommt am Ende sogar etwas ganz Besonderes heraus. Etwas, was sogar die Outlet-Besucher in die Stadt lockt. Obwohl Zweibrücken sich nicht für andere anstrengt, sondern für sich und seine Bewohner.