26.01.2024 - Pfälzischer Merkur -

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Die Bahn kommt – zu selten

Auch die Wandgemälde halten Graffiti-Sprayer am Zweibrücker Bahnhof nicht ab.
Von Jan Althoff Redaktionsleiter Pfälzischer Merkur

Im vergangenen Sommer hat eine Gruppe von Jugendlichen der Jugendkunstschule Zweibrücken unter der Leitung von Iris Seyler die Unterführung am Zweibrücker Hauptbahnhof neu gestaltet. Sogar die Zweibrücker Beigeordnete Christina Rauch hat dort den Pinsel geschwungen. Seitdem ist unter den Gleisen eine vielfältige Landschaft zu sehen mit etlichen Tieren und Pflanzen, sogar ein Zug, mutmaßlich ein ICE der Bahn, fährt dort die Wand entlang. Jeden Tag, wenn ich durch diese Unterführung gehe, erfreuen die bunten Bilder mein Herz und alle Tage entdecke ich ein Detail, das ich bisher übersehen hatte.

Noch relativ neu sind eher unbeholfene Motive an den Wänden. Mutmaßlich (zumindest geistig) noch nicht ausgewachsene Menschen haben dort Initialen, Namen, einzelne Wörter hingekrakelt. „Haben wir doch von Anfang an gesagt“, werden jetzt einige Menschen sagen. Und tatsächlich, schon bei unseren ersten Berichten über dieses Projekt wurde derlei bei Facebook prophezeit.

Und natürlich war es klar, dass diese desillusionierten Zeitgenossen über kurz oder lang recht behalten würden. Freie Flächen ziehen Krakler ebenso magisch an wie der Küchenfußboden die Butterseite des Brotes. Erstaunlich war eher, dass sie so lange, fast ein halbes Jahr, von den makellos bunten Wandkacheln Lügen gestraft wurden.

Jetzt ist es aber nun doch passiert. Nicht schön, aber nicht so schlimm, denkt jetzt jeder, der unsere Berichterstattung sorgsam verfolgt hat. Denn wie dort zu lesen war, wurden die Wände mit einem Graffiti-abweisenden Lack überzogen. Dass über den gesprochen wird, möchte die Bahn übrigens heute nicht mehr. Das, so sagt ein Bahnsprecher, könne potenzielle Schmierfinken enthemmen, ihr krakeliges Werk fortzuführen.

Der Kontakt mit der Bahn in Frankfurt und Berlin hatte aber auch sein Gutes: Dort hatte man nämlich offenbar noch gar nicht mitbekommen, dass im fernen Zweibrücken an der Grenze zum Saarland ein gemeinsames Bahn-Jugendkunstschule-Projekt verkrakelt worden ist. Ebenso wenig wusste man dort von der kaputten Treppenstufe in Richtung Park&Ride-Parkplatz, die nach Iris Seylers Erinnerung bereits im Sommer dort war. Einzige erkennbare Bahnmaßnahme bis heute: Die kaputte Stufe wurde mit Neonfarbe kenntlich gemacht.

Man fragt sich: Wer kümmert sich denn bei der Bahn um solche Angelegenheiten.

Der Bahnsprecher antwortet: Man habe so genannte Stations-Inspektoren, die auf den Bahnhöfen nach Sauberkeit und möglicherweise vorzunehmenden Instandhaltungsmaßnahmen schauen.

Regelmäßig?
Regelmäßig.

Und wie oft regelmäßig? Einmal im Jahr ist schließlich auch regelmäßig.
Man versichert, dass man auf den einzelnen Bahnhöfen definitiv häufiger als einmal im Jahr vorbeischaue.

Und wer macht das genau?
Nun, das ist ein kleines bisschen kompliziert. Die Bahnhöfe sind einzelnen Bahnhofs-Managements zugeteilt. Zweibrücken zum Beispiel gehört zu Kaiserslautern. Aber: Es gibt nicht bei jedem Bahnhofs-Management eine so genannte 3-S-Zentrale (Sauberkeit, Sicherheit, Service). Kaiserslautern zum Beispiel, erläutert der Sprecher, habe keine, daher sei in diesem Bereich Saarbrücken zuständig. Größerer Aktionsradius bei mutmaßlich nicht angepasster Personalstärke gleich geringere Kontrolldichte, ist man als Außenstehender geneigt zu rechnen.

Praxistipp: Wer kaputte Einrichtung am Zweibrücker Bahnhof (nicht am Gebäude, das gehört wie berichtet gar nicht mehr der Bahn) bemerkt, sollte das der 3-S-Zentrale in Saarbrücken mitteilen, Telefonnummer (06 81) 3 08 10 55.

Zurück zu den Zweibrücker Kritzeleien. Die sind nach letzter Auskunft des Bahnsprechers Geschichte. Nachdem man nämlich von der Verschmutzung erfahren habe, sei eine Sonderreinigung beauftragt worden, die mittlerweile Vollzug gemeldet habe. Sogar ein Foto hat man gemacht. Ein genauer Blick auf die Wände zeigt indessen: Es war nur ein Teilerfolg (Was der Bahnsprecher natürlich nicht wissen kann, denn der sitzt in Berlin). Zwei besonders hässliche Kritzeleien wurden entfernt, mindestens drei sind immer noch zu sehen.

Was soll man da sagen? Am besten nichts und noch einmal in Saarbrücken anrufen. Und bei der Gelegenheit vielleicht noch einmal die Treppenstufe erwähnen. Die ist nämlich immer noch nicht repariert.