13.12.2023 - Die Rheinpfalz -

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S-Bahn-Start kurz nach Mitternacht

Eckhard Buddruss

Vor genau 20 Jahren, am 14. Dezember 2003 um 0.08 Uhr, begann der Betrieb der S-Bahn Rhein-Neckar. Die Startphase verlief dank guter Vorbereitung erstaunlich reibungslos. In Etappen wurde das Netz erweitert – nun fehlt noch der Abschnitt nach Zweibrücken.

Die Eröffnung eines neuen S-Bahn-Systems in die Stunde nach Mitternacht zu legen, war ungewöhnlich und originell. Im Einkaufszentrum Walzmühle ganz in der Nähe des neuen Haltepunkts Ludwigshafen Mitte fand ein Festakt mit 2500 Gästen statt, für die es eine Sternfahrt mit S-Bahn-Zügen von den (damaligen) Linienendpunkten in Kaiserslautern, Speyer, Bruchsal und Osterburken gab. Am Sonntag nutzte die Bevölkerung entlang der Strecke ausgiebig die Gelegenheit, das neue Verkehrssystem zu erkunden. Die Resonanz war ganz überwiegend positiv. Auch der Betrieb am ersten Werktag verlief weitgehend reibungslos.

Einen guten Eindruck machte die neue S-Bahn am Anfang nicht zuletzt durch die im Vergleich zu der vorherigen Situation bessere Pünktlichkeit. Da die 40 Triebwagen der Baureihe 425.2, die für den S-Bahn-Betrieb zur Verfügung standen, deutlich schneller beschleunigen konnten als die zuvor eingesetzten lokbespannten Züge, gab es in den meist weitgehend unveränderten Fahrzeiten zusätzliche Reserven. Investiert wurden für den S-Bahn-Start rund 190 Millionen Euro für die Fahrzeuge und 260 Millionen Euro für Infrastruktur. Herzstück war dabei die neue Rheinbrücke zwischen Ludwigshafen und Mannheim, auf der eines der beiden neuen Gleise vor allem von Güterzügen befahren wird.

S-Bahn-Start bringt Nachteile für die Westpfalz

Allerdings wurde die neue S-Bahn nicht nur mit Beifall begrüßt. Auf Kritik stießen vor allem zwei Punkte. Zum einen gab es besonders außerhalb der Hauptverkehrszeiten deutlich weniger Platz in den Zügen. Statt Einheiten aus vier geräumigen Doppelstockwagen fuhr teilweise nur noch ein relativ kleiner S-Bahn-Triebwagen, der nicht einmal die Hälfte der vorher gewohnten Sitzplätze bot. Ein Ärgernis war das vor allem im Ausflugsverkehr mit stark schwankendem Fahrgastaufkommen. In den Doppelstockgarnituren gab es viel Platz selbst für mehrere größere Wandergruppen, in der S-Bahn wurde es dagegen gerade bei schönem Wetter oft schnell unangenehm voll. Das fiel besonders auf, weil gerade die S-Bahn-Haltepunkte im Neustadter Tal wie Lambrecht, Neidenfels, Weidenthal und Frankenstein ideale Ausgangs- und Zielpunkte von Wanderungen im Pfälzerwald sind.

Ein noch größeres Ärgernis als die Kapazitätsengpässe waren die Nachteile für die Westpfalz westlich von Kaiserslautern. Gemeinden wie Landstuhl und Kindsbach hatten zuvor stündlich einen Direktzug nach Ludwigshafen und Mannheim. Nun musste stattdessen in Kaiserslautern umgestiegen werden. Dabei war es schon eine große Errungenschaft, dass die S-Bahn überhaupt bis Kaiserslautern fuhr. Frühere Planungen hatten als westlichen Endpunkt der S-Bahn Neustadt vorgesehen.

Vorsteher des für den regionalen Schienenverkehr im südlichen Rheinland-Pfalz zuständigen Zweckverbands in Kaiserslautern war 2003 Winfried Hirschberger. Er war als Landrat des Kreises Kusel besonders sensibilisiert für die Nachteile, die der Westpfalz durch die Kappung der durchgehenden Züge in die Vorderpfalz entstanden. Schon bei der Eröffnung der S-Bahn vor 20 Jahren drängte Hirschberger darauf, die S-Bahn weiter bis nach Homburg zu verlängern.

Die Fußball-WM dient als hilfreiches Argument

Hilfreich als Argument war dabei die anstehende Fußball-WM 2006 mit mehreren Spielen im Fritz-Walter-Stadion. Es gelang zwar dann letztlich nicht, die S-Bahn-Verlängerung in der Westpfalz rechtzeitig zu WM fertigzustellen, aber immerhin erfolgte die Aufnahme des S-Bahn-Betriebs nach Homburg zum auf die WM folgenden Jahresfahrplanwechsel im Dezember 2006. Die S1 von Osterburken nach Homburg ist mit 202 Kilometern die längste S-Bahn-Linie Deutschlands. Ende 2006 wurde auch die anfangs in Speyer endende S-Bahn-Linie bis nach Germersheim verlängert.

Während es in Richtung Westen nicht zuletzt dank der WM 2006 schneller voran ging als früher geplant, verzögerte sich zum Ärger der Stadt Frankenthal die Erweiterung des S-Bahn-Netzes in Richtung Norden. Seit Juni 2018 ist aber nun auch die Strecke von Ludwigshafen über Frankenthal und Worms nach Mainz Teil der S-Bahn Rhein-Neckar. Als einzige Linie in der Pfalz wird die S 6 von Mannheim nach Mainz inzwischen von neuen Mireo-Triebwagen befahren, die ansonsten nur im rechtsrheinischen Teil des S-Bahn-Netzes eingesetzt werden.

BASF-Züge im S-Bahn-System

In das S-Bahn-System integriert wurde inzwischen nach der dafür erfolgten Elektrifizierung auch die Strecke vom Ludwigshafener Hauptbahnhof in die BASF. So können auch die traditionsreichen BASF-Pendlerzüge auf den Strecken nach Kaiserslautern und Wörth, die schon seit Jahrzehnten Teil des Pfälzer Bahnverkehrs sind, als elektrische S-Bahnen gefahren werden. Nach quälend langen Verhandlungen mit dem Saarland, das für die Reaktivierung der Strecke von Homburg nach Zweibrücken gebraucht wird und diversen Komplikationen im Planungsprozess ist nun auch das Baurecht für die Verlängerung der S-Bahn nach Zweibrücken in greifbare Nähe gerückt.