29.09.2022 - Die Rheinpfalz - Zum Artikel

Bahnchef Lutz: Bau der S-Bahn nach Zweibrücken soll 2023 beginnen

Eckhard Buddruss
Die Deutsche Bahn (DB) will 2023 mit dem Bau der S-Bahn nach Zweibrücken beginnen. Dies sagte Bahnchef Richard Lutz in einem Gespräch mit der RHEINPFALZ.

Zu dem Projekt, die Bahnstrecke von Homburg nach Zweibrücken zu reaktivieren, sagte der Bahnchef, der am 30. September zur Feier des Ludwigsbahn-Jubiläums in die Pfalz kommt: „Wir haben schon vor einigen Jahren entschieden, dass es keine Streckenstilllegungen mehr geben soll. Und wir wollen dort, wo es sinnvoll ist, Strecken reaktivieren. Homburg–Zweibrücken ist dafür ein schönes Beispiel. Ich habe ja selbst einmal in Homburg gewohnt. Gut ist auch, dass die Strecke mit der Reaktivierung gleich elektrifiziert wird. Elektrifizierungen sind ein wichtiger Baustein zur Erreichung unserer Klimaziele. Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren. Wir gehen, Stand heute, davon aus, dass wir 2023 mit dem Bau beginnen können.“ Lutz, der in Landstuhl geboren wurde und im westpfälzischen Kindsbach aufgewachsen ist, erzählt in dem Gespräch auch von seiner Zeit als Fahrschüler in der Westpfalz, von seinem Schulkameraden Roger Lutz, der mit dem FCK zweimal deutscher Meister wurde, und von weiteren Plänen zur Verbesserung des Bahnverkehrs in der Pfalz. Das komplette Interview finden Sie unten.

Bahnchef Richard Lutz: Der Eisenbahn in der Pfalz besonders verbunden

Eckhard Buddruss

Bahnchef Richard Lutz kommt am 30. September zur Feier des Jubiläums „175 Jahre Eisenbahn in Rheinland-Pfalz“ in die Pfalz. Eckhard Buddruss sprach mit ihm über seine Pfälzer Wurzeln, seinen früheren Schulkameraden Roger Lutz und wichtige Projekte für die Verbesserung des Pfälzer Bahnverkehrs wie den Halbstundentakt von Grünstadt nach Frankenthal und die Verlängerung der S-Bahn nach Zweibrücken.

Herr Lutz, Sie sind in Landstuhl geboren, in Kindsbach aufgewachsen und haben in Landstuhl auch Ihr Abitur gemacht. Sind Sie eigentlich damals mit dem Zug zur Schule gefahren?

Ja, obwohl ich einen recht langen Fußweg zum Bahnhof in Kindsbach hatte. Später bin ich dann auch während des Studiums von Homburg aus mit dem Zug zur Uni in Saarbrücken gefahren. Ich bin den Pfälzer Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern besonders verbunden – nicht nur durch meine Eltern, die ja beide bei der Bundesbahn gearbeitet haben, und als langjähriger Fahrgast, sondern auch durch meinen Cousin Walter Luba, der bis zum Ruhestand als Lokführer bei DB Regio gearbeitet hat. Eines seiner drei Kinder ist mein Patenkind.

Stimmt es, dass Sie auf dem Gymnasium in einer Klasse mit dem späteren FCK-Profi Roger Lutz waren, der mit dem FCK je zweimal Meister und Pokalsieger war und damit einer der erfolgreichsten Spieler in der Geschichte des Vereins ist?

Ja, das stimmt. Bei vielen Schulsportarten wie 100-Meter-Lauf, Weitsprung und Hochsprung waren wir sogar relativ gleich auf. Aber Roger hatte ein wahnsinniges Talent für Fußball. Seine Profikarriere beim FCK finde ich nach wie vor beeindruckend. Er hat dann später in Kaiserslautern studiert, als ich dort an der Uni Assistent war. Verwandt oder verschwägert sind wir allerdings nicht.

In der Pfalz haben die Bahnkunden in den vergangenen Monaten stark unter Verspätungen und Zugausfällen wegen Bauarbeiten zu leiden gehabt. Massiv betroffen war unter anderem die Strecke von Grünstadt nach Freinsheim wegen der Bauarbeiten für den neuen Kreuzungsbahnhof in Kirchheim. Wird dieser Bahnhof rechtzeitig zum Fahrplanwechsel fertig?

Ja. Leider hat das Planfeststellungsverfahren sehr lange gedauert. Während der Bauzeit haben wir den Fahrgästen einiges an Einschränkungen zugemutet. Für diese Geduld bedanken wir uns. Aber für den verbesserten Fahrplan hat sich der Aufwand gelohnt.

Mit dem Fahrplanwechsel wird ein Halbstundentakt zwischen Grünstadt und Frankenthal eingeführt, der in Frankenthal Süd optimale Anschlüsse an die S-Bahn nach Ludwigshafen und zum ICE-Knoten Mannheim bietet. Haben Sie überhaupt genügend Fahrzeuge und Personal, um die vom Aufgabenträger bestellten Züge auch tatsächlich zu fahren?

Für den Mehrverkehr werden ausreichend Beschäftigte und Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Taktverdichtungen auch in der Fläche sinnvoll sind. Unser Ziel beim Deutschland-Takt ist, dass wir im Fernverkehr immer mehr stark frequentierte Strecken halbstündlich bedienen wollen. Angefangen haben wir damit zwischen Hamburg und Berlin. Wenn gleichzeitig der Nahverkehr verbessert wird, wie jetzt auf dem Abschnitt von Grünstadt über Freinsheim nach Frankenthal, strahlt der verbesserte Fernverkehr auch in die Fläche aus. Der neue Kreuzungsbahnhof in Kirchheim ist zudem ein gutes Beispiel für einen fahrplanbasierten Infrastrukturausbau. Das bedeutet: Zuerst legen wir fest, welchen Fahrplan wir für unsere Fahrgäste haben wollen, und dann bauen wir gezielt das, was wir für diesen Fahrplan brauchen. Auch das gehört ja zu den Grundsätzen des Deutschland-Takts.

Rheinland-pfälzische Bürger und Politiker haben lange für die Verlängerung der S-Bahn Rhein-Neckar nach Zweibrücken gekämpft. Wie bewerten Sie dieses Projekt und wie ist der aktuelle Sachstand?

Wir haben schon vor einigen Jahren entschieden, dass es keine Streckenstilllegungen mehr geben soll. Und wir wollen dort, wo es sinnvoll ist, Strecken reaktivieren. Homburg–Zweibrücken ist dafür ein schönes Beispiel. Ich habe ja selbst einmal in Homburg gewohnt. Gut ist auch, dass die Strecke mit der Reaktivierung gleich elektrifiziert wird. Elektrifizierungen sind ein wichtiger Baustein zur Erreichung unserer Klimaziele. Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren. Wir gehen, Stand heute, davon aus, dass wir 2023 mit dem Bau beginnen können.

Am 30. September werden sie aller Voraussicht nach mit dem Prototyp eines Akku-Hybrid-Triebwagens von Stadler auf der Jubiläumsstrecke von Ludwigshafen nach Neustadt fahren. Ab Ende 2025 sollen mehrere Linien in der Pfalz, die heute mit Dieseltriebwagen befahren werden, auf solche Fahrzeuge umgestellt werden. Was halten Sie von diesem Projekt?

Ich finde es ausgesprochen gut, dass der Aufgabenträger gutachterlich hat untersuchen lassen, welche Antriebstechnik am sinnvollsten ist, und dann entsprechende Vorgaben bei der Ausschreibung gemacht hat. Damit gab es Wettbewerb, aber es war sichergestellt, dass optimal geeignete, lokal emissionsfreie Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Solche Projekte brauchen wir, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Wir planen für den Akku-Hybridbetrieb in der Pfalz fünf sogenannte Oberleitungsinseln in Winden, Landau, Pirmasens Nord, Kusel und Lauterecken, zudem wird in Kaiserslautern die Oberleitung an einem Gleis um 80 Meter verlängert. Natürlich habe ich mich auch besonders für unsere Beschäftigten in der Pfalz gefreut, dass DB Regio bei der Ausschreibung des Betriebs den Zuschlag bekommen hat. Die neuen Fahrzeuge, die ab Ende 2025 eingesetzt werden, werden auch mehr Platz und Komfort für die Fahrgäste bieten.

Porträt: Ein Pfälzer Eisenbahnersohn als Chef der Deutschen Bahn

Richard Lutz wurde 1964 als Sohn einer Pfälzer Eisenbahnerfamilie in Landstuhl geboren. Seine Eltern arbeiteten beide bei der Bundesbahn, sein Vater im Ausbesserungswerk Kaiserslautern, seine Mutter als Sekretärin. Nach dem Abitur in Landstuhl 1983 und der Bundeswehrzeit, die er als Schach-Ass in einer Sportförderkompanie verbrachte, studierte er in Saarbrücken Betriebswirtschaft und schloss sein Studium 1989 als Diplom-Kaufmann ab. Danach war er rund fünf Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kaiserslautern tätig, wo er 1998 mit einer Arbeit über Bilanzanalyse promovierte.

1998 stand er schon vier Jahre in den Diensten der Deutschen Bahn AG, bei der er 1994, im Jahr ihrer Gründung, als Assistent des Leiters Controlling anfing. Lutz machte dann im Controlling Karriere, wurde 2003 selbst Leiter des Konzerncontrollings.

Der langjährige Finanzchef Diethelm Sack, der den Abgang von drei DB-Chefs im Amt überdauert hatte, und der Lutz seit dessen Bewerbungsgespräch im November 1993 kannte, hatte Lutz de facto zu seinem Nachfolger aufgebaut. Ab April 2010 war Lutz dann DB-Finanzchef. Während dieser Werdegang logisch und strategisch geplant wirkte, kam der nächste Karrieresprung eher unerwartet. Als der damalige Bahnchef Rüdiger Grube wegen eines Streits mit dem Aufsichtsrat über seine Vertragsverlängerung Anfang 2017 überraschend zurücktrat, übernahm Lutz den Vorstandsvorsitz kommissarisch. Das wirkte zunächst wie ein provisorischer Routinevorgang, dem aber dann überraschend im März 2017 die Bestellung zum regulären Vorstandsvorsitzenden folgte.

Lutz hatte nie Ambitionen erkennen lassen, Konzernchef zu werden und wäre es ohne den überraschenden Abgang von Grube vielleicht auch nie geworden. In der 2017 gegebenen Situation war der fachlich allseits respektierte und auch wegen seines unprätentiösen Auftretens weithin geschätzte Lutz eine Lösung, mit der – im Unterschied zu anderen Namen, die in der Diskussion waren – alle gut leben konnten. Manche Journalisten, die gerne besonders kritisch über die DB schreiben, machten damals die verblüffende Erfahrung, dass sie bei der DB so gut wie niemanden fanden, der etwas Negatives über Lutz zu sagen hatte. Sogar aus Gewerkschaftskreisen bekamen sie zu hören, Lutz sei intern „extrem beliebt“. Ein Kompliment der besonderen Art war die Bemerkung, es sei unmöglich, auch nur einen Euro an Lutz als Finanzchef vorbei zu schleusen.

Lutz war der erste Chef der Deutschen Bahn, der aus dem Unternehmen stammte, seine vier Vorgänger Heinz Dürr, Johannes Ludewig, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube waren alle von außen gekommen. Schon 2017 war allerdings abzusehen, dass künftig alles, was bei der Bahn schief läuft, Lutz persönlich angelastet wird und er viel mehr als zuvor im Kegel des Scheinwerferlichts der Medien stehen würde, das Lutz zuvor eher gemieden hatte.

Lutz ist kein Show-Typ, kein Blender und kein Mann für die große Bühne. Aber mit seinem sachorientierten Stil hat er sich trotz aller Probleme bei der DB doch so viel Respekt erworben, dass die große Koalition 2021 entschied, seinen 2022 auslaufenden Vertrag um weitere fünf Jahre zu verlängern. Auch die Ampelkoalition hat diese Entscheidung nicht in Frage gestellt. Hilfreich ist für Lutz sicherlich, dass sein Stil wohl gerade bei seinem Pfälzer Landsmann Volker Wissing (FDP) , der nun an der Spitze des Bundesverkehrsministeriums steht, gut ankommt.