30.05.2022 - Die Rheinpfalz

Hamburg und Berlin im Kopf

Die Montagsumfrage: Das 9-Euro-Ticket ist in aller Munde. Wir haben uns in Zweibrücken umgehört: Wer möchte es nutzen? Und wie? Wir hörten Vorfreude, Kritik und manches, das nicht bekannt war.
Von Patrick Göbel

Michael Schwartz findet das 9-Euro-Ticket gut – „gerade für Leute, die viel Zeit haben und auch mal einen halben Tag unterwegs sein können“. Will er es sich selbst holen? „Ich hab’s meiner Frau mal vorgeschlagen, ob wir einen Kurzurlaub machen, vielleicht in den Bayerischen Wald.“ Auch seine Freunde sind heiß aufs günstige Ticket: „Die wollen nach Sylt fahren.“ Da hat er sich aber ausgeklinkt. Bleibt er seinen üblichen Transportmitteln trotzdem treu? „Ich bin Radfahrer. Meine Frau und ich teilen uns ein Auto.“ Mit dem Bus fährt er, wie heute, nur in die Stadt, wenn er seine Tochter mitnimmt. Darauf angesprochen, dass man mit dem 9-Euro-Ticket auch Busse nutzen kann, zeigt er sich verwundert. „Das habe ich gar nicht gewusst. Das ist ja dann noch besser.“

Auch Hannelore Lange kannte einen wesentlichen Bestandteil des Tickets nicht: dass man damit deutschlandweit fahren kann. Der Begriff „Personennahverkehr“ leitete sie in die Irre. Jetzt ist Freiburg als Reiseziel wieder hoch im Kurs – ebenso das 9-Euro-Ticket an sich. Aber: Es könnte zu einer Überfüllung kommen, meint sie. Denn: „Wie viele Hunderttausende werden sich so ein Ticket holen? Und wie viele stehen dann vor der Tür, die gar nicht mehr in den Zug reinkommen?“ Die Bahn müsste dann viel mehr Züge einsetzen. „Das kostet ja immens viel Geld. Und was bleibt dann am Ende übrig?“ Auch schlechte Zug-Anbindungen bemängelt sie. „Ich brauche also mein Auto. Mir würde das Ticket nix bringen. Irgendwo macht sich’s bezahlt – aber auf der anderen Seite denk ich’, für mich lohnt sich das nicht.“

Lea Dannapfel holt sich das 9-Euro-Ticket. Sie findet „sehr gut, dass man damit auch reisen kann. Man ist nicht mehr so eingeschränkt und einfach freier.“ Hat sie schon bestimmte Ziele im Sinn? „Hamburg und Berlin“, sagt sie prompt. „Da möchte ich mir einfach die Stadt angucken, und wie die Leute dort leben.“ Dass es in den drei Monaten der Aktion in Bussen und Bahnen voller sein wird, ist der Hornbacherin bewusst. „Wenn man sich aber an alle Hygiene-Vorgaben hält, kann man das bestimmt gut regeln.“ Auch die Busse von Hornbach nach Zweibrücken wird sie nutzen. „Hornbach ist ja eher abgeschieden, da lohnt sich das. Vorn Hornbach nach Zweibrücken sind’s immer 3,70 Euro. Deswegen freue ich mich da so drüber.“

Florian Meyer findet das Ticket „ein bisschen zu kurz gedacht. Da fahren dann für drei Monate die Leute für neun Euro überall in der Weltgeschichte rum – aber danach ist es wieder wie vorher.“ Letztes Jahr musste er für die Zugfahrt von Homburg nach Speyer (dort macht er sein duales Studium) über 22 Euro bezahlen. „Klar, das ist schon eine Entlastung. Aber es ist halt ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Stichwort: Anbindungen an Zweibrücken. Wird er sich das Ticket trotzdem holen? „Ich bin am Überlegen. Mein Auto müsste demnächst in Inspektion.“ Und wenn das nicht so wäre? „Dann würde ich mit meinem Auto fahren. Da kann ich von meiner Haustür zur Arbeit fahren.“ Große Reisen „würde ich eher nicht machen. Dann würde ich mir schon ein Fernticket (ICE) holen. Das ist das Blöde beim 9-Euro-Ticket, dass das nicht mit abgedeckt ist.“ Die Fahrt dauert ihm sonst zu lange. Einen Vorschlag hat er auch parat: Ein 15-Euro-Ticket, mit dem man auch in den ICE springen kann.

Dominique Klein hat sich das Ticket für den Juni über die Bahn-App schon gekauft – und ist begeistert. „Grade als Berufspendler, der von Niederwürzbach täglich nach Zweibrücken fährt, ist es eine brutale Entlastung.“ 27 Euro für drei Monate – „wenn man das nicht nimmt, weiß ich auch nicht“. Auch, dass er nicht umsteigen muss, macht das Angebot für ihn so attraktiv. Ansonsten würde ihn die Monatskarte über 150 Euro kosten – wegen der Fahrt ins andere Bundesland. Städtetrips überlegt er sich spontan. „Das 9-Euro-Ticket löst aber unser grundsätzliches Problem nicht. Die Bahn ist überhaupt am teuersten. Da stimmen die Rahmenbedingungen überhaupt nicht.“

„Das Ticket ist vielleicht kurzfristig ganz okay – wird aber langfristig zu einer großen Überlastung führen“, meint Sven Schiele. Er denkt, dass das Angebot von vielen Leuten wahrgenommen wird. „Aber nach den drei Monaten wird das Ganze auch wieder vorbei sein, und dann werden die Preise eher noch weiter nach oben gehen.“ Der Effekt werde verpuffen, vermutet er. Das Ticket wird er sich „eher nicht“ holen. „Das geht bei mir arbeitszeittechnisch einfach nicht.“ Großstädte wie Berlin oder München „werden sich sicherlich freuen, aber hier in Zweibrücken geht das einfach nicht von den Anbindungen her.“ Außerdem: „Wer soll die Kosten tragen?“