10.09.2020
Pfälzischer Merkur

Zweibrücker Bahn-Offensive an vielen Fronten

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Reaktivierung Zweibrücken–Homburg macht Fernzüge in Kaiserslautern und Mannheim schneller erreichbar /p>

Zweibrücken Die S-Bahn wird Zweibrücker nicht nur schneller nach Homburg bringen – sondern auch zum Fernverkehr. Nach Saarbrücken und Pirmasens fahren ab 2025 Elektroakku- statt Diesel-Züge. Der Bahnhof wird bald mit einer „VRN-Mobilitätszentrale“ weiter aufgewertet, vielleicht auch mit Fahrradverleih. Bis 2022 eröffnet der Haltepunkt Rosengarten.
Von Lutz Fröhlich, Redakteur

Lange Zeit schien alles, was mit dem Thema Bahnverkehr in Zweibrücken zu tun hatte, im Dornröschenschlaf: Für Ärger sorgten vor allem die (durch das Saarland mehrfach ausgebremste) Reaktivierung der Bahnstrecke nach Homburg, das Bahnhofsgebäude entwickelte sich immer mehr zum Schandfleck. Nicht nur diese beiden Dinge haben sich mittlerweile deutlich geändert. Wie viel Zug in die Entwicklung gekommen ist, machte ein langer Vortrag von Michael Heilmann in der jüngsten Stadtratssitzung deutlich.

Reaktivierung Zweibrücken-Homburg: Heilmann, Direktor des ZSPNV Süd (Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd) und Geschäftsbereichsleiter Planung im VRN (Verkehrsverbund Rhein-Neckar) hob zunächst einen noch wenig beachteten Vorteil der ZW-HOM-Reaktivierung hervor. Denn Zweibrücker kommen danach nicht nur schneller nach Homburg. Die S-Bahn Rhein-Neckar halte auch in Kaiserslautern. Und dort hätten Zweibrücker Anschluss an den Fernverkehr: „Via Kaiserslautern erreicht man den schnellen Regionalexpress nach Mannheim, der dort mit dem ICE-Knoten verknüpft ist. Das ist eine drastische Verbesserung für Zweibrücken.“ Weil in Kaiserslautern selbst seit einigen Jahren der ICE/TGV Paris hält, um dessen Zukunft es im Saarland und der Westpfalz Sorgen zuletzt gab, fragte Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD), ob Heilmanns Nicht-Erwähnung bedeute, dass „der ICE-Halt in Kaiserslautern aufgegeben wird“. Heilmann beruhigte: „Das wollte ich nicht sagen. Das ist Sache der Bahn. Aber ich habe keine negativen Informationen über einen Rückzug.“

Vor einigen Tagen habe die DB Netz AG die Planunterlagen für den pfälzischen Teil der Verlängerung der S-Bahn von Homburg nach Zweibrücken an das Eisenbahnbundesamt übergeben, berichtete Heilmann, die Unterlagen für den saarländischen Abschnitt sollen Mitte September folgen. Ziel sei, die Bau- und Finanzierungsunterlagen bis Jahresende zu erstellen. Voraussichtlich 2025 sollen die ersten S-Bahnen nach Zweibrücken rollen, wiederholte Heilmann das zuletzt genannte Datum – ließ aber den Stadtrat mit einer Hoffnung aufhorchen: Falls das Planfeststellungsverfahren dank des neuen deutschen Planungsbeschleunigungsgesetzes für Straßen und Schiene kürzer dauere als üblich, könne der Betriebsbeginn schon 2024 erfolgen.

Zwischen den Hauptbahnhöfen von Zweibrücken und Homburg werde die S-Bahn auch in Einöd, Schwarzenacker, Schwarzenbach und Beeden halten. Der Bahnsteig in Zweibrücken werde für die S-Bahn „barrierefrei ausgebaut“. Dies sei „aber keine große Sache, es können einfach 20 Zentimeter auf den vorhandenen Bahnsteig aufgesetzt werden“, damit man ebenerdig in die S-Bahnen komme. In Einöd dagegen müsse es „mehr oder weniger einen Neubau geben“, weil sich dort die Strecke zu den (bereits befahrenen) Gleisen nach Saarbrücken teile.

Elektrifizierung SB–ZW–PS: „Einiges geplant“ ist auf der Regionalexpress-Strecke Saarbrücken–Zweibrücken–Pirmasens (derzeit die einzige Bahnanbindung der Rosenstadt), berichtete Heilmann. Sie gehört zum „Pfalznetz“, für dessen Betrieb bis Ende 2039 gerade die erforderliche europaweite Ausschreibung läuft. Derzeit fährt dort die Deutsche Bahn (DB Regio AG Mitte Süwex), überall mit Diesel-Zügen. Angesichts der Klima-Krise „wollten wir nicht nochmal 25 Jahre Diesel ausschreiben“, erläuterte Heilmann, warum ein elektrischer Betrieb als „umweltfreundliche Lösung“ verlangt wird. Laut einer Untersuchung der TU Dresden spart das 64 Prozent CO2.

Die neuen Züge fahren ab Ende 2024 bis Ende 2026, auf der Zweibrücker Strecke ab Dezember 2025. Zwischen Saarbrücken und Rohrbach gebe es schon Oberleitungen, an denen die künftigen Züge während der Fahrt ihre Akkus aufladen können. Wegen der S-Bahn-Verlängerung müsse der Abschnitt zwischen Einöd und Zweibrücken ohnehin elektrifiziert werden. In Pirmasens-Nord werde eine „Insel-Anlage“ zum Aufladen der Akkus gebaut. Teils würden auf Strecken auch neue Oberleitungen gebaut. Die Vorentwurfsplanung laufe bereits.

In Stoßzeiten sollen künftig mehr Fahrgäste sitzen können: Die Kapazität wird von 150 Sitzplätze pro Triebwagen erhöht (bislang 120 bis 130). Derzeit laufe die Abgabe der Betreiber-Angebote, der Zuschlag werde nächstes Frühjahr erteilt. Keine Hoffnung machte Heilmann Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann und FDP-Chefin Ingrid Kaiser, die nach den Realisierungschancen einer direkten Zuganbindung nach Karlsruhe gefragt hatten. Heilmann antwortete, mit der Pfalznetz-Elektrisierung sei man in dieser Dimension neben Schleswig-Holstein bundesweit Vorreiter, dies binde viele Kräfte – sodass man vor 2025 sicher keine Zeit habe, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Rosengarten-Haltepunkt: Unabhängig von der Neuausschreibung wird in Zweibrücken ein neuer Bahnhaltepunkt „Rosengarten“ an der Landauer Straße geschaffen (wir berichteten). Neue Details nannte Heilmann zum Zeitplan. Der Bahnsteig werde in den Sommerferien 2021 gebaut. Die Park + Ride-Anlage für Autos und Fahrräder (überdacht, auch einige Boxen), die das Umfeld „wesentlich attraktiver als bisher“ mache, folge im Herbst, im Frühjahr 2022 dann der Fußweg zur Storchenbrücke. Auf eine kritische Frage von Patrick Lang (FWG) zur Wirtschaftlichkeit des neuen Haltepunkts entgegnete Heilmann, die Stadt habe zum Bau nur die Planungskosten zu tragen. Wegen der vielen Wohnhäuser in der Nähe und dem Freizeitbereich (Rosengarten, Freibad, Minigolfplatz und mehr), „der bislang mit dem ÖPNV kaum erreichbar war“ für Auswärtige, rechnet Heilmann auch mit vielen Nutzern des Haltepunkts und sogar mehr Bahn-Nutzern.

VRN-Mobilitätszentrale: Heilmann dankte Stadtverwaltung, Gewobau und DRK für die Aufwertung des Zweibrücker Bahnhofsgebäudes. Es sei „unglaublich schnell“ gegangen, „diesen hochattraktiven Kern im Hauptbahnhof zu schaffen – bei der Bahn ist das nicht immer ganz so dynamisch“. Obwohl die meisten ÖPNV-Nutzer ihre Karten heute per Computer oder Smartphone kaufen, „wollen wir mir VRN-Mobilitätszentralen auch weiter persönliche Beratung sicherstellen“. Eine solche Zentrale werde auch im Zweibrücker Bahnhofsgebäude eingerichtet. Aber nicht nur für Ticket-Verkauf, sondern auch für Beratung, vielleicht auch Car-Sharing und Fahrradverleih. Auf die Frage von Patrick Lang nach den Öffnungszeiten erklärten Heilmann und Wosnitza, diese würden mit denen der übrigen Angebote im Bahnhof (derzeit bereits ein Bistro, laut Wosnitza ab 19. Oktober auch Kiosk und Postagentur, ebenfalls mit DRK-Personal betrieben) abgestimmt, die sich wiederum nach der erfahrungsgemäßen Zahl der Bahnpassagiere richte. Der VRN erklärte diesen Donnerstag auf Merkur-Anfrage, für die Mobilitätszentrale seien noch einige geschäftliche und technische Fragen zu klären, man hoffe aber „zeitnah“ nach dem 19. Oktober zu öffnen.

Fahrradverleih: Heilmann schlägt der Stadt eine Beteiligung an dem Fahrradverleih-System „VRNnextbike“ vor, damit man auch von Orten oder zu Zeiten ohne Bus-Anbindung zum Bahnhof und zurück kommt. Bürgernah-Fraktionschef Dirk Schneider schlug vor, das Fahrrad-Verleihsystem, welches nach seinen Erfahrungen in Kaiserslautern und Neustadt gut funktioniere, möglichst schnell in Zweibrücken zu realisieren – nicht nur am Hauptbahnhof, sondern auch am Rosengarten-Haltepunkt. Wosnitza antwortete, die Stadt habe mit Heilmann schon vereinbart, dass der VRN-Direktor eine Standort-Vorschlagsliste mit Kostenschätzung vorlege. Darüber könne der Stadtrat dann diskutieren.