06.01.2020
Die Rheinpfalz

Als der Fotograf vom Minister chauffiert wurde

Joachim „Jo“ Steinmetz liest aus seinem Buch „Verheiratet mit der Zeitung“ vor – Anekdoten aus seinem Leben als Bildjournalist
Von Marco Wille

Joachim Steinmetz ist es gewohnt, mit seiner Kamera andere in den Blick zu nehmen. Diesmal rückte der Hornbacher selbst ins Zentrum des Bildes. „Jo“ Steinmetz las am Freitag in der Empfangshalle des Bahnhofs aus seinem Buch „Verheiratet mit der Zeitung“ vor und präsentierte Anekdoten aus seiner Karriere als Bildjournalist – zur Erheiterung der rund 200 Zuhörer.

Den feinen Zwirn ließ Steinmetz im Schrank. Stattdessen präsentierte sich „Jo“ so, wie man ihn auch häufig bei Terminen antraf – mit kariertem Hemd und „Schnebbekapp“. Zwei Stunden lang gewährte der Fotograf den Zuhörern einen Einblick in seine Quasi-Ehe mit der Zeitung, die er zwischen den Buchdeckeln verarbeitet hat. Er präsentierte das Arbeitsumfeld als Lokalreporter, der nah dran am Menschen ist – inklusive der Tragik, dem Witz und der Kuriositäten, die der Job so mit sich bringt. Und den Peinlichkeiten, denen er sich (unbewusst) selbst ausgesetzt habe. So berichtete Steinmetz von einem Termin im Badeparadies. Wie üblich, sei er mit nackten Füßen dort herumstolziert, um die Sportveranstaltung journalistisch zu begleiten. Nur dieses Mal habe dem 57-Jährigen die Barfüßigkeit jede Menge Spott eingebracht. Denn er hatte vergessen, dass Tochter Julika am Tag zuvor mit ihrem neuen Nagellack an seinen Zehen herumexperimentiert hatte. Kann ja mal passieren! Die Zuhörer in der Empfangshalle mussten am Freitag häufiger herzlich lachen.

Fast 700 000 Kilometer für die RHEINPFALZ zurückgelegt DIE RHEINPFALZ habe ihm die Chance zur Selbstverwirklichung gegeben, und die Arbeit habe ihm zu Selbstbewusstsein und Anerkennung verholfen. „Mein Beruf als Bildjournalist war mehr als nur meine Arbeit: Er wurde zu meiner Berufung“, sagte Steinmetz dankbar, obgleich es natürlich auch Schattenseiten gab. „In die hat mich aber niemand gezwungen, ich habe den Schritt selbst gewählt.“ In den rund 30 Jahren bei der RHEINPFALZ habe er etwa 700 000 Kilometer mit dem Wagen zurückgelegt – das entspricht der Entfernung von der Erde zum Mond und fast wieder zurück. In seiner Karriere gab es denn aber auch Momente, in denen er nicht selbst hinter dem Steuer saß. So wurde der 57-Jährige vor einigen Jahren vom ehemaligen rheinland-pfälzischen Verkehrsminister Hans-Artur Bauckhage in der Staatskarosse chauffiert. Für ein Foto natürlich und nach einiger Überzeugungsarbeit.

Viel habe er sich vom ehemaligen Merkur-Fotografen Herbert „Herbie“ Bayer abschauen können. Dessen Art, mit lockerem Mundwerk und flotten Sprüchen Menschen einzufangen und sie dadurch nicht so griesgrämig auf den Bildern dreinschauen zu lassen, habe er sich in all den Jahren auch angeeignet. „Es kommt ned uff die Greeß an, sunsch könnt jo e Kuh e Has fange“, sei eine seiner Lieblingsantworten gewesen, wenn er auf Terminen gefragt wurde, warum er ein kleineres Objektiv als sein Fotokollege benutze. Aus gesundheitlichen Gründen trat er 2018 kürzer. Ob er seitdem getrennt oder immer noch verheiratet mit der Zeitung ist? Diese Frage lässt sich für den 57-jährigen nicht so einfach beantworten. „Zumindest bin ich immer noch ein bisschen verliebt in sie.“ Nach gut zwei Stunden beendete Steinmetz die Lesung mit dem Zitat des Sportreportes Werner Hansch: „Und das muss für heute reichen!“ Ob es ihm nach der Buchvorstellung sowie einer Bilderausstellung im Jahre 2017 wirklich reicht oder ihm in Zukunft noch etwas einfällt, was er der Öffentlichkeit präsentieren wird, lässt der 57 Jahre alte Fotograf offen. „Schau mer mal.“



Autorenlesung
Fr 03.01.2020 um 19 Uhr
Bahnhof Zweibrücken



Jo Steinmetz:
Verheiratet mit der Zeitung