30.10.2019
Pfälzischer Merkur

Vortrag im Bahnhof
Vorfahrt für die Bahn

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Zweibrücken. Verkehrsexperte Heiner Monheim referiert auf Einladung der Zweibrücker Schienenfreunde über die Zukunft der Schiene im ländlichen Raum. Von Fritz Schäfer

(sf) „Seien sie mutig und fordern sie die Verkehrswende. Dann wird sich was bewegen“, rief Professor Heiner Monheim den rund 30 Zuhörern seines Vortrages im Zweibrücker Hauptbahnhof zu. Der Verein zur Förderung des Schienenverkehrs hatte den Verkehrsexperten der Universität Trier eingeladen, um über das Thema „Die Zukunft der Schiene im ländlichen Raum“ zu referieren.

Zu dem Mut gehöre auch, für die S-Bahn-Verlängerung zwischen Homburg und Zweibrücken weitere Haltepunkte zu fordern. Auch wenn die Verlängerung nach den Worten des Vorsitzenden des Vereins, Bernhard Marschall, „auf einem guten Weg ist. So deutet Marschall Äußerungen von Landespolitikern.

„Die S-Bahn ist in der Detailplanung“, schildert Dieter Franck von den Schienenfreunden den Sachstand. Deshalb soll der Verein das nächste Projekt, eine durchgehende Verbindung von Saarbrücken über Zweibrücken, Pirmasens-Nord und Landau nach Karlsruhe angehen. „Damit können wir ein Signal setzen für einen Regionalexpress.“ Während Franck für die umsteigfreie Verbindung warb, meint Monheim: „Wir müssen wieder umsteigen lernen.“ Beim Stichwort Schaffung von Haltepunkten erwähnt Rosemarie Pendt den Streit im Stadtrat um den Bahnhaltepunkt Rosengarten. Im Mai hat der Rat bei sieben Gegenstimmen den Vorplanungen zugestimmt. Und Bernd Endres merkt zur Einschätzung Marschalls und Francks über die S-Bahn an: Wir müssen da weiter Druck machen, dass die S-Bahn kommt.“ „Deutschland war einmal ein Schienenland“, hatte Monheim zu Beginn seines Vortrags festgestellt. Doch seit den 1950ern und 1960ern sei das Schienennetz „drastisch geschrumpft“. Die Hälfte der Schienen sei abgebaut worden und Bahnhöfe seien geschlossen worden. „Aus Deutschland wurde ein Autoland.“ Es sei immer mehr Geld in den Autoverkehr gesteckt worden. Dazu zählt Monheim neben den Straßen auch die Ausgaben für die Stellplätze für Autos. „Die Städte wurden autogerecht gestaltet.“

„Und jetzt wird die Klimakrise auch immer offensichtlicher“, sagt der Verkehrswissenschaftler und Geograph. Nicht zuletzt die Fridays for Future-Demonstranten zeigten „klare Kante“ für Klimaschutz. „Wir wissen, dass wir umsteuern müssen. Die Verkehrswende ist zwingend erforderlich.“ Die Elektroautos seien „ein Placebo“. Damit würde weder das Platz- noch das Stauproblem gelöst. „Wir brauchen weniger, kleinere und leichtere Autos“, fordert Monheim. Für die Autoindustrie bedeute dies einen Strukturwandel. Insgesamt bedürfe es einer neuen „Mobilitätskultur“.

Und dazu zählt Monheim eine Rückkehr zu mehr Schienenverkehr. Dabei müsse das System hierarchisch aufgebaut werden mit ICEs, Interregios, Nahverkehr oder S-Bahn. Das ganze müsse aufeinander abgestimmt sein. Dabei müssten Mittelzentren wie Zweibrücken, Pirmasens oder Homburg mit einander verbunden sein. Durch einen öffentlichen Nahverkehr könnte man die Menschen zum Umsteigen bewegen. Mit dem Hinweis, dass die Hälfte der Autofahrten unter fünf Kilometer betrügen und ein Drittel sogar unter drei Kilometer verdeutlichte der Verkehrsexperte das Potential. Dabei müssten auch intelligente Bussysteme eingebunden werden.