23.10.2019
Die Rheinpfalz

Mehr Geld für den Nahverkehr

Dank des Klimaschutzpakets der Bundesregierung werden für zunächst vier Jahre die Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr erhöht. Dadurch ergibt sich neuer Spielraum für eine Verbesserung des Zugangebots. In dieser Woche fahren erstmals neue Alstom-Triebwagen auf der Regionalbahn-Linie Kaiserslautern–Saarbrücken.
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Seit der Bahnreform von 1993/1994 bekommen die Länder vom Bund die sogenannten Regionalisierungsmittel, die in erster Linie für die Bestellung des regionalen Zugverkehrs gedacht sind. In Rheinland-Pfalz gibt das Land laut Nahverkehrsgesetz 75 Prozent dieser Regionalisierungsmittel an die beiden Zweckverbände mit Sitz in Kaiserslautern und Koblenz weiter, die die Zugleistungen bestellen.

2019 erhielt Rheinland-Pfalz vom Bund Regionalisierungsmittel in Höhe von 441,9 Millionen Euro, das sind gut 5 Prozent der bundesweiten Gesamtsumme von rund 8,6 Milliarden Euro. Dieser Betrag wächst laut einem Gesetz aus dem Jahr 2016 bis 2031 zum Inflationsausgleich jährlich um 1,8 Prozent.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte am 20. September in einem Interview mit der RHEINPFALZ, dass im Zusammenhang mit dem Klimaschutzpaket der Bundesregierung die Regionalisierungsmittel erhöht werden. Dies ermögliche eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs. Inzwischen ist klar, dass damit nicht nur der im Regionalisierungsgesetz vorgesehene Inflationsausgleich gemeint war, sondern die Mittel tatsächlich darüber hinaus angehoben werden.

Das Bundesfinanzministerium teilte der RHEINPFALZ dazu auf Anfrage mit: „Die Bundesregierung hat beschlossen, die Regionalisierungsmittel für Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr aufzustocken, um insgesamt 1,2 Milliarden Euro bis zum Jahr 2023: 2020 um 150 Millionen Euro, 2021 um 300 Millionen Euro, 2022 um 300 Millionen Euro und 2023 um 450 Millionen Euro.“ Weitere Nachfragen zu dem Thema wollte das Ministerium allerdings nicht beantworten, obwohl wesentliche Frage ungeklärt sind.

Gut 5 Prozent für Rheinland-Pfalz Wird das zusätzliche Geld nach dem für die Regionalisierungsmittel seit 2016 gültigen „Kieler Schlüssel“ auf die Bundesländer verteilt, bekommt Rheinland-Pfalz 2020 rund 7,8 Millionen Euro mehr, 2021 und 2022 je rund 15,7 Millionen Euro und 2023 rund 23,5 Millionen Euro. Das sind im Vergleich zu den beispielsweise 449,7 Millionen Euro und 474,3 Millionen Euro, die für 2020 beziehungsweise 2023 bisher vorgesehen sind, zwar keine riesigen Beträge, die Zusatzmittel eröffnen aber doch gewisse finanzielle Spielräume für bisher noch nicht vorgesehene Angebotsverbesserungen.

Finanzbedarf für Verbesserungen Allerdings ist absehbar, dass der Finanzbedarf im südlichen Rheinland-Pfalz mittelfristig durch zwei Sonderfaktoren wächst. Der Betrieb auf den Linien des West- und Südpfalznetzes wird künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit teurer als bisher. Für den derzeit noch bis Ende 2023 laufenden Verkehrsvertrag wurde aufgrund der damaligen Wettbewerbssituation nicht zuletzt auch dank des Einsatzes von kostengünstigen Gebrauchtfahrzeugen ein aus Sicht des Nahverkehrsbestellers sehr günstiger Preis erzielt. Mehrkosten sind künftig sowohl durch den Einsatz neuer Akkuhybridtriebwagen in West- und Südpfalz zu erwarten als auch durch die bereits beschlossenen Verbesserungen im grenzüberschreitenden Verkehr nach Frankreich.

Für die Taktzüge von Neustadt über Weißenburg und von Wörth über Lauterburg nach Straßburg werden Fahrzeuge gebraucht, die mit der Leit- und Sicherungstechnik für beide Länder ausgerüstet sind. Hergestellt werden diese speziellen Fahrzeuge im Alstom-Werk im elsässischen Reichshoffen. Die Bestellung von 30 solcher Alstom-Triebwagen für den grenzüberschreitenden Verkehr ist bereits in die Wege geleitet.

Neue Alstom-Triebwagen eines etwas anderen Typs werden bereits ab 15. Dezember 2019 planmäßig von der Deutschen Bahn (DB) auf der Regionalbahn-Linie von Kaiserslautern nach Saarbrücken (und weiter nach Merzig) eingesetzt. Die Fahrzeuge vom Typ Coradia Continental (DB-Baureihe 1440) sind im Vorgriff auf den neuen Fahrplan probeweise in dieser Woche erstmals auf der Linie Kaiserslautern–Merzig unterwegs. Sie ersetzten dort künftig die bisher eingesetzten Triebwagen der Baureihe 425. Für das Elektro-Netz Saar hat die DB 25 dieser Coradia-Triebwagen bestellt, die mit einer Höchstgeschwindigkeit von Tempo 160 schneller sind als die bisher eingesetzten Fahrzeuge (Tempo 140).

Bildunterschrift: Dreimal pro Tag kommt in dieser Woche ein neuer Coradia-Triebwagen (Baureihe 1440) als Regionalbahn von Merzig über Saarbrücken nach Kaiserslautern. Zurück ins Saarland fahren die Züge planmäßig ab Kaiserslautern um 11.03 Uhr, 16.03 Uhr und 21.03 Uhr.

Kommentar: Größere Schritte sind dringend geboten

Von Eckhard Buddruss

Höhere Regionalisierungsmittel sind ganz im Sinne des Klimaschutzes. Die Aufstockung müsste aber stärker und vor allem von Dauer sein.

Unter den Maßnahmen des Klimaschutzpakets der Bundesregierung hat das Thema Regionalisierungsmittel bisher wenig Aufmerksamkeit gefunden – zu Unrecht, denn wenn das Angebot im regionalen Bahnverkehr so stark verbessert werden soll wie das aus Klimaschutzgründen dringend geboten ist, brauchen die dafür zuständigen Bundesländer mehr Mittel, die nach Lage der Dinge nur vom Bund kommen können.

Es ist immerhin sehr zu begrüßen, dass es schon ab 2020 Bewegung in die richtige Richtung gibt. Allerdings gilt auch hier wieder, dass die Schritte viel zu zaghaft ausfallen. Wenn das Zugangebot deutlich verbessert werden soll, müssen die Mittel viel stärker steigen und vor allem muss sichergestellt werden, dass diese Aufstockung auch von Dauer ist. Dies könnte ein dankbares Thema besonders für die Grünen sein, die das Klimapaket der Bundesregierung – durchaus zu Recht – unzureichend finden. Die Grünen können es sich aber bei aller berechtigten Kritik wohl kaum erlauben, das Klimapaket, das ja diverse durchaus sinnvolle Maßnahmen enthält, im Bundesrat aufzuhalten. Sie müssen stattdessen versuchen, an relevanten Stellen wenigstens punktuelle Verbesserungen durchzusetzen. Das Thema Regionalisierungsmittel könnte dafür besonders gut geeignet sein, weil an einer weitergehenden Erhöhung nicht nur die Bundesländer interessiert sein müssten, in denen die Grünen mitregieren, sondern auch alle anderen.

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