18.08.2019
Die Rheinpfalz

Im Direktzug nach München
Der Sepp vom Hallplatz: Den Mond gibt’s immer noch

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„Am gleiche Daa wie die Ami uff de Mond wollde, wollde mir ins Allgäu. Ned mit de Raked, mid de Bahn wollde ma vun Zweebrigge aus fahre. Un des war iwwerhaupd ke Problem geween!“ Vor fünfzig Jahren konnte man von hier aus noch ohne umzusteigen mit der Bahn nach München fahren, direkt!

Die Koffer gaben wir am Tag vor der Reise auf: „Glei wannde in de Bahnhof rin komm bischd, links!“, dort war die Expressgutabteilung. Es roch nach Leim, denn ein „Bahner“ im grauen Kittel „babbde“ eine große Nummer korrekt auf den Anhänger mit der Adresse.

So präzise, wie die amerikanischen Astronauten Stunden später den Mond erreichten, so zuverlässig erwarteten uns dann im Füssener Bahnhof die Koffer. Die „Alte Welt“ funktionierte so: Um daheim zu melden, dass wir das Ziel wohlbehalten erreicht hatten, steuerten wir eine Telefonzelle an. Dort war ein Hinweis zu lesen: „Gespräche nur innerhalb Bayerns“. Also hieß es: anstellen in der Schlange am Telegramm-Schalter der Post …

Daheim gab’s noch den Landkreis Zweibrücken mit Landrat Richard Kling an der Spitze. Folglich mussten „die vum Land“ öfter mal in die Stadt, um aufs Landratsamt in der Landauer Straße zu gehen. Bei der damaligen Werbegemeinschaft um Jakob Roth und beim Einzelhandel um Wortführer Max-Ludwig Franck ließen die Mainzer Pläne für eine große Verwaltungsreform Alarmglocken läuten! „Dann gehnse aa zum Inkaafe no Bermesens“, fürchteten Roth und Franck. Zu Recht, wie sich hinterher herausstellte.

Bald kam die Reform: 1972 gab es die neue Verbandsgemeinde und Mörsbach, Wattweiler, Rimschweiler und Oberauerbach wurden Stadtteile von Zweibrücken. Aber nicht so richtig: Der Stadtbus fuhr nur in zwei Vororte, die anderen fühlten sich abgehängt. Damals existierte noch das Armaturenwerk Pörringer & Schindler neben dem Waisenhaus an der Hofenfelsstraße – längst steht hier ein florierendes Edeka. „Ich sieh heid noch jedi Hall vun dem Werk, wann ich do vorbei fahr“, sagte jüngst RHEINPFALZ-Leser Patschicke aus Kirrberg. Vorbei.

Vor einem halben Jahrhundert stellte die Dorndorf-Fabrik „am Auerbacher Bahnhof“ Schuhe her. Mit großem Stolz sprachen die Auerbacher von „unsrer Fabrik“. Alle in der Stadt kannten die Ziegelei Engelhard nebenan. Das Plädoyer des Firmenchefs für „Backschdeen un Zichele“ war jedem vertraut. Als die Amis auf dem Mond landeten, da war das neue Evangelische Krankenhaus noch gar nicht gebaut – und nun gibt es bereits Pläne, das weithin sichtbare Gebäude nach der für viele unverständlichen Schließung schon wieder abzureißen!

Den Mond gibt es immer noch. In Zweibrücken aber ist in den vergangenen 50 Jahren vieles verschwunden. |egr


D-Zug aus Saarbrücken kurz vor der Einfahrt in Einöd. Es handelt sich wahrscheinlich nicht um dem Zug nach München, sondern um den Direktzug nach Basel.

Foto © Michael Strauß