14.08.2019
Die Rheinpfalz

Projektname „Bummelzug“

Noch sind die Verträge nicht unterschrieben, dennoch ist klar: Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) wird ab September im Bahnhof einen Kiosk betreiben. Anfangs sollen dort bis zu vier Mitarbeiter und einige Aushilfen beschäftigt werden. Das Konzept geht aber noch einen Schritt weiter.
Von Sven Holler

Inmitten einer Halle stehen mehrere Menschen. Einige sitzen an Holztischen, andere durchqueren den Raum, in dessen Mitte sich ein Kubus mit montierten Fernsehbildschirmen und aufgehängten Plakaten befindet. Auf der rechten Seite des Raumes steht eine Person hinter einem Verkaufstresen. Die Wände sind rot, rechts und links von der Durchreiche sind Glasplatten befestigt, auf denen unter anderem das Wort „Bummelzug“ steht. Die Szene stammt aus einer 3-D-Simulation von Rolf Vogelsang, Architekt der Gesellschaft für Wohnen und Bauen (Gewobau). Sie zeigt, wie die Zweibrücker Bahnhofshalle demnächst aussehen wird. „Die Planung steht, die Umsetzung müssen wir noch etwas anschieben“, sagt Vogelsang. Rund 30 000 Euro wird die städtische Tochter (vorerst) in die Bahnhofshalle investieren.

Im kommenden Monat, ein Termin steht noch nicht fest, soll der DRK-Kreisverband Südwestpfalz im Bahnhof einen Kiosk eröffnen. Zwar sei der Mietvertrag noch nicht unterschrieben, beide Parteien seien sich aber einig, betont Gewobau-Geschäftsführer Jörg Eschmann. Das DRK bestätigt auf RHEINPFALZ-Anfrage die Pläne, ist aber mit Blick auf den Eröffnungstermin zurückhaltender. „Wir werden noch in diesem Jahr starten, ob das schon im September sein wird, kann ich noch nicht sagen“, so Mario Sauder, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Südwestpfalz.

Ziel: Den Kiosk als Integrationsbetrieb führen Das DRK betreibt seit Mai den Kiosk im Contwiger Freibad. „Ein Feldversuch, bei dem wir bereits viele Dinge gelernt haben“, betont Sauder. Im Zweibrücker Bahnhof wolle man diese Erfahrungen einbringen und das Angebot weiter ausbauen. Das Projekt firmiert unter dem Namen „Bummelzug“. Ob es bei dem Namen bleibt, sei noch nicht entschieden. Im Bahnhof wird das DRK Backwaren herstellen und verkaufen. Außerdem werden kleinere Snacks und Süßigkeiten angeboten. Weiteres Standbein soll die Auslieferung von Backwaren sein. „Wir sind in Gesprächen mit anderen Einrichtungen“, so Sauder. Denkbar sei auch, das eigene Pflegeheim mit Selbstgebackenem zu versorgen.

Drei bis vier Mitarbeiter sollen den Betrieb anfangs übernehmen. Vor einem Monat habe das DRK einen Mitarbeiter eingestellt, der mehrere Jahre Erfahrung als Bäcker gesammelt hat, so Sauder. Ansonsten wolle man zunächst auf DRK-Mitarbeiter zurückgreifen, die bereits im Kreisverband beschäftigt sind, und wenn nötig noch Aushilfen einstellen. Der DRK-Geschäftsführer bestätigt RHEINPFALZ-Informationen, wonach der Kiosk auf lange Sicht als Integrationsbetrieb geführt werden könnte. Das heißt: Menschen mit Beeinträchtigung könnten dort arbeiten. „Dazu müssen wir noch Daten sammeln, was die Kundenfrequenz und andere Dinge angeht. Es müssen Anträge gestellt werden und vieles mehr“, so Sauder.

Gewobau hofft auf weniger Vandalismus Die Gewobau ist glücklich darüber, dass der Bahnhofshalle wieder Leben eingehaucht wird. „Es musste da etwas passieren. Das ist ein zentraler Ort. Durch den Kiosk wird die Bahnhofshalle wieder repräsentativer“, so Eschmann. Weiterer Vorteil: Der künftige Mieter kümmere sich auch um die Reinigung des Kiosk-Bereichs und der Toiletten. „Wir hatten zuletzt häufiger den Fall, dass Leute in den Toiletten die Handtuchhalter abgetreten haben.“ Diese zu ersetzen, kostete Eschmann zufolge jeweils 200 Euro. „Ich hoffe, das wird jetzt weniger. Der neue Mieter kann die Toiletten abends abschließen.“

Einwurf: Kleines Brötchen gut durchgebacken

von Sven Holler

Der wiederbelebte Kiosk im Bahnhof ist nicht die große Lösung, aber es ist eine gute. Ein Gesamtkonzept war zum gegenwärtigen Zeitpunkt von der städtischen Tochter Gewobau auch noch nicht zu erwarten. Geschäftsführer Jörg Eschmann sprach nach einer Begehung des Gebäudes von „bösen Überraschungen“. Taubenkot unterm Dach, Wasser im Keller – um nur einige zu nennen. Der Laib Brot, eine Generalsanierung, würde viel Zeit und Geld kosten. Die DRK-Lösung ist eher ein kleines, aber gut durchgebackenes Brötchen: Sie belebt die Bahnhofshalle, schafft Arbeitsplätze und bietet eine Lösung gegen den Vandalismus in den Bahnhofstoiletten. Klingt nach einem guten Geschäft für alle. Auf lange Sicht müssen Eschmann und seine Mitarbeiter dennoch entscheiden: Backen wir das große Brot, belassen wir es bei kleinen Brötchen oder können die kleinen Brötchen ins große Ganze integriert werden.

Leserbrief: Bahnhofspläne: „Reisebüro und Radlerpension“ (27.08.2019)
Zum Artikel „Projektname Bummelzug“ vom 14. August und den DRK-Plänen für den Bahnhof schreibt diese Leserin.

Also, wenn das keine gute Nachricht ist! Unser Bahnhof erhält neues Leben. Ich frohlocke. Dass da nicht schon viel früher einer die Idee hatte! Endlich wieder Leben in dieser heiligen Halle! Aber bitte nicht im Bummelzug-Tempo. Das Ganze muss „Gleis eins“ heißen, denn dort befindet sich ja auch der künftige Kiosk. Der Erfolg ist diesem Projekt gewiss.Von Brot backen ist die Rede – noch besser! Da ich selbst ein paar Jahre in diesem Gebäude gewohnt habe (linker Eingang, erstes Obergeschoss), weiß ich, dass man im Keller sehr viel Platz hätte, um eine Backstube einzurichten. (...) Da fehlt nur noch die Filiale eines Reisebüros, das einem hilft, die richtige Fahrkarte zu lösen. Die Taxizentrale könnte auch anderswo einen Platz finden. Dadurch wird dieser historische Ort enorm aufgewertet. Weiter so!

Für die oberen Etagen könnte ich mir eine preiswerte Pension – eine Bed&Bike-Radlerpension etwa – vorstellen. Wir haben tolle Radtouren in der Nähe aufzuweisen: Bliesgau, Pfälzerwald, Sickingerhöhe. Ich weiß, dass es schwer ist, gerade für Fahrradgruppen geeignete Unterkünfte zu finden. Auch dieses Projekt würde ich gerne einem Inklusionsteam geben.

Lieber Herr Sauder, ich wünsche mir, dass Ihr Projekt Bahnhof wahr wird. Aber bitte Gleis eins! Alle, die einen Bezug zu unserem Bahnhof haben, werden Sie und Ihre Mitstreiter in ihr Nachtgebet einschließen. Im Namen all derer, die nicht mehr unter uns, aber nicht vergessen sind, und für die dieser Bahnhof alles bedeutete: Arbeit, Leben, Tor zur Welt!