18.05.2019
Die Rheinpfalz

Im Takt per Bahn nach Straßburg

Das Zugangebot zwischen der Pfalz und dem Elsass wird ab Ende 2024 massiv verbessert. Außerdem fiel gestern die Entscheidung, dass Akku-Hybrid-Triebwagen – und damit keine Wasserstoffzüge – in weiten Teilen der Pfalz die heutigen Dieselfahrzeuge ablösen sollen.
Von Eckhard Buddruss

Bad Dürkheim. Bei der Entscheidung für die Akku-Hybridtriebwagen, die Strom sowohl aus einer Oberleitung als auch aus einer Batterie ziehen können, stützt sich der für den regionalen Schienenverkehr in der Pfalz zuständigen Zweckverband auf die eindeutige Empfehlung in einem Gutachten von Arnd Stephan, Inhaber des Lehrstuhls für Elektrische Bahnen, an der Technischen Universität Dresden. Der Professor aus Dresden stellte die Ergebnisse seines Gutachtens über den künftigen Betrieb in dem Pfälzer Bahnnetz gestern selbst bei der Versammlung des Zweckverbands in der Bad Dürkheimer Kreisverwaltung vor. Er konnte auch alle Nachfragen überzeugend beantworten, so dass die Entscheidung der Versammlung ohne Gegenstimmen bei zwei Enthaltungen fiel, obwohl es einigen Teilnehmern erkennbar schwer fiel, sich damit in diesem Netz von der konkurrierenden Brennstoffzellentechnik zu verabschieden.

Elektrifizierung bei Pirmasens Betroffen von dem Beschluss sind die Regionalbahn-Linien von Kaiserslautern nach Kusel, Lauterecken und Pirmasens, von Pirmasens nach Landau und Saarbrücken, von Winden nach Bad Bergzabern sowie die Regionalbahn- und Regional-Express-Linien von Karlsruhe nach Neustadt (und teilweise weiter nach Kaiserslautern). Das Konzept für den Betrieb mit den Akku-Hybrid-Fahrzeugen sieht vier Ladestationen in Kusel, Lauterecken, Landau und Winden vor, außerdem die Elektrifizierung eines kurzen Stücks auf der Strecke vom Bahnhof Pirmasens Nord bis zum Fehrbacher Tunnel in Pirmasens. Der Germersheimer Landrat Fritz Brechtel (CDU) als Vorsteher des Zweckverbands betonte, dass man sich für die Akku-Hybrid-Triebwagen wegen der deutlichen Kostenvorteile gegenüber der konkurrierenden Wasserstofftechnologie entschieden habe. Zudem sei diese Lösung aufwärtskompatibel mit der in der Region gewünschten Leitungselektrifizierung der Bahnstrecke von Neustadt über Landau nach Wörth. Der Clou des gestern vorgestellten Gutachtens war die Erkenntnis, dass eine Leitungselektrifizierung der Strecke Neustadt–Wörth die Wirtschaftlichkeit des Konzepts mit Akku-Hybrid-Triebwagen so stark verbessern würde, dass es sogar günstiger als eine Weiterführung des Dieselbetriebs wäre. Ansonsten wäre ein Festhalten am Dieselbetrieb wohl immer noch die billigste Lösung. Der Kostenunterschied zwischen Diesel- und Akku-Hybrid soll noch einmal in einem Gutachten ermittelt werden, bevor die definitive Entscheidung getroffen wird. Brechtel stellte klar, dass der Zweckverband wegen Umwelt- und Klimaschutzaspekten bereit ist, einen gewissen finanziellen Mehraufwand in Kauf zu nehmen. Dieser solle jedoch so gering wie möglich gehalten werden.

Grünes Licht für Elsass-Züge Keinerlei Diskussionen, sondern ausschließlich Lob und Beifall gab es bei der Versammlung für den Beschlussvorschlag, grünes Licht für einen Beitrag des Zweckverbands zur Finanzierung neuer Fahrzeuge zu geben, die grenzüberschreitend in Deutschland und Frankreich eingesetzt werden können. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) kündigten gestern an, dass die dafür erforderlichen Mittel aus dem Landeshaushalt bereitgestellt werden. Es sind noch weitere Beschlüsse auf deutscher und französischer Seite erforderlich, bis die Fahrzeuge von der französischen Region Grand Est (die in etwa mit einem deutschen Bundesland vergleichbar ist) bestellt werden können.

Wie mehrfach berichtet, sollen ab Ende 2024 Züge im Stundentakt auf den beiden Linien von Neustadt über Landau und Weißenburg nach Straßburg und von Straßburg über Lauterburg nach Wörth fahren. Brechtel hofft, dass es trotz der schon jetzt hohen Belastung der Strecke Wörth–Karlsruhe gelingt, zumindest einen Teil der Züge aus Straßburg über Wörth hinaus weiter bis nach Karlsruhe zu fahren und einmal am Tag auch einen direkten Zug von Mannheim oder Ludwigshafen über Speyer und Germersheim nach Straßburg und zurück anzubieten

Leitartikel: Die Diesel-Dämmerung

Von Eckhard Buddruss

Die deutsche Autoindustrie hat mit ihren Betrugsmanövern den Diesel in Verruf gebracht. Auch im Bahnverkehr soll er abgelöst werden. Zwar wirkt die Brennstoffzelle besonders innovativ. Doch meist sind andere Lösungen besser.

Gestern sind für die Zukunft des Bahnverkehrs in der Pfalz zwei wichtige Weichen gestellt worden. In einem Fall sind die Details technisch und juristisch hochkomplex, aber der politische Konsens ist breit. Ab Ende 2024 soll es Verbesserungen im deutsch-französischen Bahnverkehr in einem Ausmaß geben, das spektakulär ist. Zu verdanken ist das zum einen der jahrelangen Arbeit des Neustadter Bahnexperten Werner Schreiner, die nun Früchte trägt. Schreiner kann aber nur so erfolgreich agieren, weil er auf den Rückhalt von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zählen kann und auch die FDP-Spitze des Mainzer Wirtschaftsministeriums das Projekt unterstützt. Es ist ein Glücksfall, dass dort sowohl der Minister Volker Wissing als auch der für Verkehr zuständige Staatssekretär Andy Becht aus der Südpfalz kommen und für die Bedeutung der deutsch-französischen Kooperation besonders sensibilisiert sind.

Erheblich schwieriger als die Zustimmung zum Beschluss über die Verbesserungen im deutsch-französischen Bahnverkehr war gestern die Entscheidung für die Fahrzeuge, die auf einem großen Teil des Pfälzer Bahnnetzes künftig die heute eingesetzten Dieseltriebwagen ablösen sollen. Der Prototyp des Wasserstoffzugs I-Lint von Alstom hat bei seiner Präsentation am 29. Januar in Ludwigshafen viel Anklang gefunden. Ein Triebwagen, der statt dem gewohnten Dieselruß samt der problematischen Stickoxide nur Wasserdampf ausstößt, wirkt hoch innovativ und sympathisch. Dennoch ist die gestern getroffene Entscheidung gegen die Wasserstofftechnologie im Pfälzer Bahnverkehr richtig. Beim Einsatz innovativer Techniken im öffentlichen Nahverkehr besteht derzeit eine große Gefahr. Wenn die Kosten dadurch so steigen, dass das Angebot reduziert werden muss oder nicht so verbessert werden kann wie es eigentlich umweltpolitisch nötig wäre, würde dem Umwelt- und Klimaschutz ein Bärendienst erwiesen. Es muss deshalb darauf geachtet werden, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Das ist mit den Akku-Hybrid-Triebwagen besser möglich als mit Brennstoffzellenfahrzeugen.

Außerdem haben die Akku-Hybrid-Triebwagen noch einen weiteren großen Vorteil. Sie erlauben gegebenenfalls einen schrittweisen Übergang zur Leitungselektrifizierung, die zwar nicht neu, aber in vielen Fällen immer noch die beste Lösung ist. Zu diesen Fällen gehört zweifellos die Strecke von Neustadt über Landau nach Wörth. Zwar ist diese Leitungselektrifizierung immer noch viel zu weit weg, um darauf zu warten und in der Zwischenzeit die Hände in den Schoß zu legen. Aber sie ist nicht zuletzt auch dank des gemeinsamen Engagements der Südpfälzer Bundestagsabgeordneten von CDU, SPD, Grünen und FDP doch in den Bereich des in absehbarer Zeit Möglichen gerückt. Im Unterschied zu Brennstoffzellenfahrzeugen erlauben Akku-Hybrid-Triebwagen hier eine aufwärtskompatible Lösung, bei der die Migration zum Zielzustand in Etappen erfolgen kann. Sehr bewährt hat sich gestern, dass in der Versammlung des Zweckverbands die Gutachter von der Technischen Universität Dresden selbst die Ergebnisse ihres Gutachtens vorgetragen haben und alle Nachfragen kompetent und überzeugend beantworten konnten. Das hat sicher maßgeblich dazu beigetragen, dass der Beschluss für die Akku-Hybrid-Fahrzeuge, der manchen Zweckverbandsversammlungsmitgliedern wegen der damit verbundenen Absage an den Hoffnungsträger Wasserstoff nicht leicht fiel, letztlich doch ohne Gegenstimmen erfolgte.


In West- und Südpfalz sollen Akku-Hybridtriebwagen fahren


Institut für Bahnfahrzeuge und Bahntechnik