23.04.2019
Die Rheinpfalz

Nein zum Riesen-Möbelhaus

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Wie geht’s weiter mit: Innenstadt, Bahnhof, früherem Evangelischen Krankenhaus, Weißer Kaserne, Truppacherhöhe, Gewerbeflächen, Neubaugebieten? OB Marold Wosnitza will die Stadtratswahl abwarten und sich dann in diese Themen reinknien. Auch zu Pollern in der Fußgängerzone hat er eine Meinung.
Von Sigrid Sebald

Kurz vor Weihnachten war die Amtseinführung, vier Monate später ist Wosnitza um sieben Kilogramm Körpergewicht und Hunderte von Erfahrungen reicher. Wie läuft’s, Herr Oberbürgermeister? „Es läuft gut“, sagte ein aufgeräumter Stadtchef im Redaktionsgespräch. Nur er selbst komme nicht mehr so viel zum Laufen, daher die Gewichtszunahme. Indes: Im Wahlkampf habe er abgenommen, von daher sei das als Ausgleich zu sehen. Und Ausgleich ist ein gutes Stichwort. Der neue Stadtchef polarisiert nicht, hat ein Ohr für alle und alles und versucht, so sachlich wie möglich Stadtpolitik zu betreiben, wie er sagt. Ist er dabei zu zögerlich, müsste er drängende Zweibrücker Fragen nicht vehementer angehen?

Hier verwies Wosnitza auf die Stadtratswahl Ende Mai. Und darauf, dass es wenig Sinn ergebe, mit dem aktuellen Rat Dinge auf den Weg zu bringen, die das neue Gremium dann womöglich gar nicht mittrage. „Ich habe mich deshalb bislang auf Projekte konzentriert, die in den vergangenen eineinhalb Jahren oder noch länger liegengeblieben sind“, sagte der OB. Als Beispiele nannte er den Bahnhaltepunkt Rosengarten und Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden. „Und gerade hat mich die Nachricht der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier erreicht, dass die Stadtwerke zum 1. Januar 2020 das Freibad übernehmen können“, verkündete er am Donnerstagnachmittag.

Gewobau-Projekte vorantreiben Was steht dann nach der Stadtratswahl an? Hier nannte Wosnitza als Erstes die Innenstadt-Entwicklung. „Wir bereiten eine Bürgerbeteiligung vor mit externer Begleitung. Wir haben Fördermittel vom Land, und wir werden das alte Innenstadt-Leitbild von 2004 aktualisieren.“ Ein Aspekt dabei sei das Einzelhandelskonzept. Das Vorantreiben der Gewobau-Projekte stehe an: Seniorenwohnungen im früheren Finanzamt, früheres City Outlet, „und ganz wichtig ist die Frage, was aus dem Bahnhof wird“. Dass die Gewobau das Gebäude gekauft hat, sei eine richtige Entscheidung gewesen. Jetzt aber sei man mit Kosten konfrontiert, „die vorher so nicht absehbar waren“ und aus dem laufenden Etat nicht zu stemmen seien. Was das frühere Evangelische Krankenhaus angeht, sei man mit dem Käufer schnell in Verhandlungen gekommen. Die Entscheidung zur Nachfolgenutzung falle nächstes Jahr. „Was dorthin kommt, sollte das Klinikgebäude abgerissen werden, wissen wir noch nicht.“ Hier werde ein Wettbewerb um die besten Ideen ausgeschrieben.

Mit Familie Hummel, der die Weiße Kaserne gehört, führe die Stadtspitze „intensive Gespräche“, so der OB. Wie am 25. Januar berichtet, gibt es Pläne, in der weitgehend leerstehenden Kaserne ein Medizinisches Versorgungszentrum beziehungsweise ein Ärztehaus einzurichten. Laut Wosnitza fällt in den nächsten Wochen eine Entscheidung. „Die Verwaltung hat alles getan, um den Weg zu ebnen, jetzt liegt es an den Investoren.“

Bauplätze und Gewerbeflächen Auch das Thema Neubaugebiete werde in den nächsten Jahren in den Fokus rücken. Die CDU fordert ein großflächiges Gebiet mit 50 bis 60 Plätzen (wir berichteten). „Das ist aber innerstädtisch nicht möglich“, so Wosnitza. Man müsse schauen, wo noch Lücken sind und zum Beispiel halbseitig bebaute Straßen aufstocken. Noch weitere Flächen gelte es zu generieren: Gewerbeflächen. „Die gehen uns langsam aus“, sagte der OB – auf dem Flughafen seien auch nicht mehr viele übrig. „Wir müssen Gewerbeflächen ausweisen und vorhalten. Wir können es uns nicht leisten, zu möglichen Investoren zu sagen, hier könnte in drei, vier Jahren mal dein Betrieb stehen.“ Das müsse schneller gehen, sonst seien die Interessenten weg. Die Stadt sei deshalb schon am Ausloten, wo es noch in Frage kommende Flächen gibt.

„Ich brauche kein Möbelhaus“ Zur Truppacherhöhe meinte Wosnitza, dass sich die Einstellung der Stadt zum geplanten Riesen-Möbelhaus verändert habe. „Es gibt nur noch wenige, die es begrüßen, und ich persönlich brauche es auch nicht.“ Ohne Möbelhaus seien wohl auch der ins Auge gefasste Rasthof und das Fast-Food-Restaurant hinfällig. Für die Truppacherhöhe müsse man sich Gedanken über Alternativen machen.In den vergangenen Wochen standen Bürgermeister Christian Gauf und der hauptamtliche Beigeordnete Henno Pirmann unter Beschuss, Ersterer wegen des Schulentwicklungsplans und der Schule 4.0, Zweiterer wegen der Fällungen auf dem Parkbrauerei-Gelände (wir berichteten). Hielt der OB sich hier zu sehr zurück? Hätte er ihnen nicht mehr Rückendeckung geben müssen? Nein, sagte Wosnitza. Er greife nur ein, wenn er darum gebeten werde. Ansonsten vertraue er den Dezernenten und rede ihnen nicht in ihre Arbeitsbereiche rein. Die Zusammenarbeit funktioniere sehr gut. „Wir sind nicht immer einer Meinung“, aber Abstimmungen im dreiköpfigen Stadtvorstand seien bisher nicht nötig gewesen. „Wir konnten uns immer einigen.“

Zur Frage, wer Nachfolger von Henno Pirmann werden könnte, sagte Wosnitza nichts. „Da warten wir die Ergebnisse der Stadtratswahl ab.“ Es könne sein, dass neun Gruppen in den Rat kommen, „da wird man sehen, wie man Koalitionen bilden und wen man ins Rennen schicken kann“. Den dreiköpfigen hauptamtlichen Stadtvorstand wolle er auf jeden Fall behalten. „Es läuft gut, und es gibt einfach Dezernate, die in Vollzeit betreut werden müssen, etwa das Bauamt.“

Geplättet von der Themenfülle Die Termindichte eines Oberbürgermeisters habe ihn nicht überrascht, so Wosnitza nach vier Monaten Amtszeit. „Damit hatte ich gerechnet, und das war vorher auch nicht viel anders.“ Geplättet hätten ihn die Fülle der Themen („vom verstopften Westpfalzhallen-Klo bis zur Flughafen-Entwicklung ist da alles dabei“) und die Geschwindigkeit, mit der oft Entscheidungen gefällt werden müssen. „Völlig unterschätzt hatte ich, dass ich jetzt nicht mehr privat unterwegs bin.“ Bei Eishockeyspielen oder in der Kneipe – er sei nun nicht mehr der Marold, sondern der Oberbürgermeister Wosnitza. „Musste ich erst lernen und habe ich inzwischen gelernt.“Und was ist nun mit den versenkbaren Pollern zum Schutz der Fußgängerzone vor zu viel Verkehr? Wosnitza fände sie gut. „Aber wir brauchen belastbare Zahlen.“ Vor der Entscheidung im Stadtrat werde noch mal genau ausgerechnet, was teuerer wäre: die versenkbaren Poller (eventuell kombiniert mit einfachen Pollern oder Blumenkübeln) oder günstige Klapp-Poller, die dann aber einen höheren Personalaufwand nötig machten, „was auch Geld kosten würde“, wie Wosnitza zu bedenken gibt.