28.11.2018
Die Rheinpfalz

Südpfälzer Bahn-Elektrifizierung rückt näher

Überraschend vorangekommenes Projekt Neustadt–Landau–Wörth hat aber noch einen weiten Weg vor sich
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Das Vorhaben, die Bahnstrecke von Neustadt über Landau nach Wörth zu elektrifizieren, ist nach langem Stillstand kürzlich überraschend einen wichtigen Schritt vorangekommen. Allerdings deutet einiges darauf hin, dass es sich bei der plötzlichen Bewegung eher um ein politisches Signal handelt als um einen echten Durchbruch, der das Elektrifizierungsprojekt nun zum Selbstläufer macht.

„Bahnstrecke Neustadt–Landau-Wörth kann elektrifiziert werden“, hatte der Südpfälzer Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart (CDU) eine Pressemitteilung vom 9. November überschrieben. Anlass dafür war die sogenannte Bereinigungssitzung am 8. November, in der der Bundeshaushalt im Haushaltsausschuss des Bundestages abschließend beraten wird, bevor der fertige Haushaltsentwurf dem Plenum zur zweiten und dritten Lesung vorgelegt wird.Der harte Kern der Nachricht zu dem Südpfälzer Elektrifizierungsprojekt war, wie berichtet, ein Satz, der im Bundeshaushaltstitel für das geplante Regionalstrecken-Elektrifizierungsprogramm eingefügt worden ist. Dieser Satz lautet: „Aus dem Titel können Planungsleistungen u. a. bei folgenden Projekten finanziert werden: Dresden–Görlitz, Cottbus-Görlitz, Neustadt–Landau–Wörth.“

Zur Einordnung dieses Vorgangs lohnt ein Blick auf die beiden Strecken in Sachsen und Brandenburg, die hier in einem Atemzug mit der Südpfälzer Strecke genannt werden. Beide Projekte haben gemeinsam, dass sie zu einem Paket von Strecken gehörten, bei denen untersucht wurde, ob sie im Bundesverkehrswegeplan vom „Potenziellen Bedarf“ in die höchste Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ hochgestuft werden. Diese Hochstufung erfolgte, wie berichtet, bei einer ganzen Reihe von Vorhaben, zu denen auch die „Studernheimer Kurve“ gehörte, die eine direkte Fahrt vom Kombiterminal auf dem BASF-Gelände auf die Strecke nach Worms ohne den heute nötigen Fahrtrichtungswechsel in Ludwigshafen-Oggersheim ermöglichen würde.

Zu den beiden Strecken Dresden–Görlitz und Cottbus–Görlitz hieß es dagegen am 6. November seitens des Bundesverkehrsministeriums: „Die folgenden Projekte erfüllen nach dem aktuellen Stand der Untersuchungen derzeit nicht die Kriterien für die Aufnahme in den vordringlichen Bedarf. Es ist zu prüfen, ob eine Umsetzung im Kontext des neuen Elektrifizierungsprogramms des Bundes möglich wird.“ In der Präsentation zur Pressekonferenz von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) heißt es bei beiden Projekten: „Da die Elektrifizierung (Cottbus-Görlitz beziehungsweise Dresden-Görtitz) eine Netzlücke schließt, ist eine Aufnahme in das Elektrifizierungsprogramm des Bundes möglich.“ In der sächsischen Presse war dies Anlass für Schlagzeilen wie „Bahnstrecke Dresden–Görlitz kommt unter Strom“. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, die Aufnahme der beiden Strecken ins Elektrifizierungsprogramm sei „ein großer Erfolg“. In Sachsen und Brandenburg sind angesichts der Landtagswahlen im nächsten Jahr positive Nachrichten derzeit sicherlich besonders willkommen.

Die Ankündigung von Planungsmitteln ist eine relativ kostengünstige Möglichkeit, für positive Nachrichten zu sorgen. Die reale Tragweite solcher Ankündigungen hängt allerdings sehr von der Höhe der Haushaltsmittel ab, die dafür zur Verfügung stehen.

Hier sind die Zahlen recht ernüchternd, die der Südpfälzer Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner (Die Grünen) publik gemacht hat. Lindner, der dem Haushaltsausschuss des Bundestages angehört, verweist darauf, dass in den Jahren 2019 bis 2022 für den betreffenden Haushaltstitel alles in allem 75 Millionen Euro eingeplant sind. Die Grünen im Bundestag fordern, für das Bahn-Elektrifizierungsprogramm nicht nur 75 Millionen Euro, sondern 300 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

Wie berichtet, sind für das Jahr 2019 lediglich 5 Millionen Euro im Bundeshaushalt eingestellt. In der mittelfristigen Finanzplanung ist vorgesehen, dass die Beträge in den kommenden Jahren steigen und zwar auf 10 Millionen Euro für 2020 sowie 25 beziehungsweise 35 Millionen Euro für 2021 und 2022.

Diese Beträge sind zwar nicht mehr so absurd niedrig wie die 5 Millionen Euro für 2019, aber auch eine Summe von 75 Millionen Euro wird bei Weitem nicht ausreichen, um den Bedarf auch nur der wichtigsten Kandidaten für das Elektrifizierungsprogramm zu decken, zumal um den Betrag nicht nur die drei nun genannten Strecken konkurrieren, sondern es auch vor allem in Bayern und Baden-Württemberg weitere heiße Anwärter gibt. Allerdings ist wegen des Planungsvorlaufs sowieso mit einer längeren Realisierungszeit zu rechnen. Beispielsweise wird bei der „Mitte-Deutschland-Verbindung“ von Weimar über Gera nach Gößnitz (Sachsen), für die sich die Elektrifizierungspläne schon in einem weiter fortgeschrittenen Stadium befinden, derzeit mit einer Aufnahme des elektrischen Betriebs erst Ende der 20er-Jahre gerechnet. Erreicht hatte der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) wesentliche Fortschritte für das Projekt dadurch, dass er dem damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dabei half, die umstrittene Pkw-Maut durch den Bundesrat zu bringen.

Kommentar: Wichtiger Teilerfolg

Von Eckhard Buddruss

Das gemeinsame Engagement von Pfälzer Abgeordneten bei der Bahn-Elektrifizierung hat sich bewährt. Das Ziel ist aber noch weit entfernt.

Mit ihrem gemeinsamen Engagement für die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Neustadt über Landau nach Wörth haben die Südpfälzer Bundestagsabgeordneten von CDU, SPD, FDP und Grünen einen wichtigen Erfolg erzielt. Es ist anerkennenswert, dass das Projekt bei der Beratung des Bundeshaushalts ähnlich vorrangig berücksichtigt wurde wie zwei Projekte in Sachsen und Brandenburg, die wohl im Vorfeld der dortigen Landtagswahlen einen dicken politischen Bonus hatten.

Dennoch sollte sich niemand Illusionen darüber machen, welch weiter Weg noch zurückzulegen ist, bis zwischen Neustadt und Wörth eine elektrische Oberleitung hängt. Entscheidend für weitere Fortschritte wird sein, welche Haushaltsmittel künftig für die Elektrifizierung von Regionalstrecken zur Verfügung stehen. Diesen Etattitel im Bundeshaushalt aufzustocken, muss nun ein vorrangiges Ziel sein. In Rheinland-Pfalz ist Pragmatismus nun vor allem dabei gefragt, die verbesserte langfristige Elektrifizierungsperspektive in Einklang mit der Neuausschreibung des Betriebs im Südpfalz- und Westpfalznetz zu bringen.

Keine gute Idee wäre es, die Ausschreibung zu verschieben. Dafür ist die (Leitungs-)Elektrifizierung zwischen Neustadt und Wörth immer noch viel zu weit weg. Es muss vielmehr darum gehen, beim derzeit wahrscheinlichen Einsatz von Akku-Hybridfahrzeugen mit zunächst punktuellen Teilelektrifizierungen eine aufwärtskompatible Lösung zu finden. Auch beim Problem des eingleisigen Engpasses zwischen Winden und Wörth sind Zwischenlösungen möglich und sinnvoll, solange für die wünschenswerte große Lösung (den durchgehenden zweigleisigen Ausbau) keine baldige Finanzierungsperspektive in Sicht ist.

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