10.10.2018
Die Rheinpfalz

Deutschland-Takt soll kommen

Bundesverkehrsminister Scheuer stellt Entwurf des Bahnfahrplans für 2030 vor
Von Thomas Wüpper, Berlin und Eckhard Buddruss

Der Bahnverkehr in Deutschland soll bis 2030 deutlich attraktiver werden. Ziel ist dabei ein Deutschland-Takt nach Schweizer Vorbild. Einen Gutachterentwurf für einen Bahnfahrplan im Jahr 2030 stellte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gestern in Berlin vor.

„Der Deutschland-Takt macht das Bahnfahren pünktlicher, schneller und die Anschlüsse direkter und verlässlicher“, sagte Scheuer. Das bedeute für die Kunden weniger Aufenthalt an Bahnhöfen und kürzere Fahrzeiten.In Deutschland haben mehrere Bundesländer seit 1994 auf regionaler Ebene integrale Taktfahrpläne aufgebaut. Vorreiter war dabei Rheinland-Pfalz. Doch eine bundesweite Einführung fehlt, obwohl Experten schon lange dazu raten. 2015 kam schließlich auch eine Studie für das Verkehrsministerium zum Ergebnis, der Deutschland-Takt sei möglich. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung legt fest, dass Regierung, Länder und die Bahnbranche die Umsetzung gemeinsam vorantreiben sollen.

Dazu hat Scheuer das „Zukunftsbündnis Schiene“ ausgerufen, zu dessen Start sich gestern zahlreiche Verantwortliche in Berlin versammelten. Es geht zunächst um ein neues Fahrplankonzept für das Jahr 2030, das künftig Basis für die Investitionen ins Schienennetz sein soll. Um pünktlichen Taktverkehr, optimales Umsteigen und möglichst wenige Verspätungen zu erreichen, soll gezielt und schnell dort ausgebaut und modernisiert werden, wo die größten Engpässe existieren.

Für Scheuer ist die Umsetzung des Deutschland-Takts „das größte Projekt im Eisenbahnbereich seit der Bahnreform 1994“. Der Minister listete gestern verschiedene Ziele und Maßnahmen auf: Verdoppelung der Anzahl der Bahnfahrgäste bis 2030, verlässlichere Anschlüsse, schnellere Verbindungen, mehr Güter auf die Schiene. Dazu sollen bis 2025 viele Milliarden in den Netzausbau fließen, die Digitalisierung vorangetrieben werden und der Anteil der elektrifizierten Strecken in Deutschland von 60 auf 70 Prozent gesteigert werden.

Das Zukunftsbündnis nehme nun „volle Fahrt auf“, betonte Scheuer. Den Experten wurde gestern der erste Entwurf des Zielfahrplans 2030 präsentiert, der von einem Gremium unter Leitung der Zürcher Beratungsfirma SMA stammt, die Anfang der 90er-Jahre auch den Rheinland-Pfalz-Takt konzipiert hat. Zu den gestern genannten Beispielen für die Verkürzung von Fahrzeiten durch den geplanten Deutschland-Takt gehört unter anderem die Strecke von Bremen nach Landau. Hier soll sich die Fahrzeit um rund 10 Prozent von fünf Stunden und 37 Minuten auf fünf Stunden und zwei Minuten verkürzen. Bei anderen Beispielen ist die Reisezeitverkürzung noch deutlich größer. Um die kürzeren Fahrzeiten zu erreichen, sind allerdings umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur erforderlich. Dazu gehört unter anderem eine kombinierte Aus- und Neubaustrecke zwischen Würzburg und Nürnberg, die die Fahrzeit zwischen den beiden Bahnknoten von heute 56 Minuten auf 40 Minuten verkürzt.

Kommentar: Nur ein Auftakt

Von Eckhard Buddruss

Mit dem Plan für einen Deutschland-Takt liegt ein plausibles Programm für die Entwicklung des Bahnverkehrs vor. Nun muss massiv investiert werden. In der Schweiz wurde 1987 das Programm „Bahn 2000“ für einen landesweiten integralen Taktverkehr beschlossen, das bis Ende 2004 umgesetzt wurde. Rund 30 Jahre später gibt es nun ein Konzept für einen deutschlandweiten Taktfahrplan, an dem das Zürcher Unternehmen SMA maßgeblich mitgewirkt hat.

Die deutsche Verkehrspolitik hat inzwischen erkannt, wie werbewirksam der Begriff „Deutschland-Takt“ ist. Damit aus einem schönen Etikett auch Realität wird, müssen sich aber vor allem zwei Dinge grundlegend ändern. Zum einen muss der Ausbau des Schienennetzes auf der Grundlage eines durchdachten Fahrplankonzepts erfolgen und es müssen dafür deutlich mehr Mittel bereit gestellt werden.

Zum anderen muss es ein verlässliches Angebot im Fernverkehr geben. Die beste Lösung dafür wäre, dass der Bund den Fernverkehr so bestellt wie die Länder den Regionalverkehr. Dazu hat der Bund aber bisher keinerlei Bereitschaft erkennen lassen. Die zweitbeste Lösung wäre, dass die Deutsche Bahn den Deutschland-Takt in eigener Regie umsetzt. Das wird aber nur möglich sein, wenn die Trassenpreise (die Schienen-Maut) deutlich sinken.


deutschland-takt.de