13.04.2018
Die Rheinpfalz

Zweiter Frühling für erste Bahn nach Zweibrücken

Wirtschaftswandern: Die 1857 eröffnete Schienenstrecke von Homburg befindet sich noch im Dornröschenschlaf – Sie wird aber bald für die S-Bahn reaktiviert

Von Eckhard Buddruss

Wandern auf den Spuren der regionalen Wirtschaft. Dazu laden wir mit unserer RHEINPFALZ-Serie „Wirtschaftswandern“ ein. Die heutige Tour führt entlang des amputierten Gleisdreiecks Ingweiler in der Saarpfalz. Einer der Schenkel dieses Dreiecks wird in den kommenden Jahren für die Verlängerung der S-Bahn Rhein-Neckar nach Zweibrücken reaktiviert.

Unsere Wanderung beginnt am Bahnhof Bierbach, der zweiten Station auf der Strecke von Zweibrücken nach Saarbrücken. Bierbach war der westliche Eckpunkt eines Gleisdreiecks, von dem derzeit nur der südliche Schenkel noch in Betrieb ist. Der östliche Eckpunkt dieses Dreiecks befindet sich in Einöd, der nördliche in Schwarzenacker. Von den früher umfangreichen Gleisanlagen des Bahnhofs Bierbach ist nur noch ein Bahnsteiggleis in Betrieb. Hier halten im Stundentakt die Regionalbahn-Züge der Linie Pirmasens–Saarbrücken.Vor dem Bahnhof wenden wir uns in Richtung Osten und biegen nach rechts in die Hauptstraße ein. Nach einem kurzen Stück entlang der Hauptstraße biegen wir rechts in die Hirtenstraße ein und folgen dem Wegweiser zum Radweg. Nach Überqueren der Bahnstrecke stoßen wir auf den Glan-Blies-Radweg. Diesem Weg folgen wir nun in Richtung Homburg. Kurz vor dem Ort Ingweiler biegt der Radweg nach links ab. Ingweiler hat selbst keine Bahnstation, liegt aber inmitten des früheren Gleisdreiecks, das nach dem Ort benannt ist.

Wenn der ein kurzes Stück auf der Landstraße verlaufende Radweg die Bahnstrecke unterquert, ist deutlich neben dem noch in Betrieb befindlichen Gleis auch der Rest des stillgelegten Gleises von Schwarzenacker nach Bierbach zu erkennen. Es entstand als Teil der ersten Verbindung von Homburg nach St. Ingbert, die 1867 eröffnet wurde und vor allem dazu diente, einen Eisenbahnanschluss für die staatliche Kohlegrube in St. Ingbert zu schaffen.

Die heutige Hauptbahnstrecke von Homburg nach St. Ingbert über Kirkel ging erst viel später in Betrieb, nämlich 1904, fast gleichzeitig mit der nicht zuletzt aus strategischen Gründen gebauten Glantalbahn. In den 1860er-Jahren gelang es dagegen den Gemeinden der Kantone Zweibrücken und Blieskastel, die (so der Pfälzer Eisenbahnhistoriker Heinz Sturm) die Regierung „immer wieder mit Eingaben bombardierten“, eine Trassenführung von Homburg nach St. Ingbert auf dem längeren Weg durch das Blies- und Würzbachtal durchzusetzen. Befahren wurde das Gleis von Schwarzenacker nach Bierbach zuletzt als Teil der Verbindung von Homburg nach Reinheim im Bliestal, auf der 1991 der Personenverkehr eingestellt wurde.

Der südliche Schenkel des Gleisdreiecks Ingweiler entstand als Teil der 1879 eröffneten Bliestalbahn von Zweibrücken nach Saargemünd (das damals zum Reichsland Elsaß-Lothringen gehörte). Erst später ergab sich vor allem wegen der Grenzziehung zwischen Pfalz und Saargebiet nach dem Ersten Weltkrieg die Situation, dass die Bliestalbahn-Züge eher von Homburg als von Zweibrücken kamen, während die Züge aus Zweibrücken in aller Regel – so wie auch heute noch – weiter nach Saarbrücken fuhren. Auf der Trasse der Bliestalbahn verläuft heute ab Blieskastel in Richtung Süden der Glan-Blies-Radweg.

Kurz hinter der Unterführung unter der Bahnstrecke biegt der Radweg nach rechts ab. Wir folgen dem Glan-Blies-Radweg nun gut eine Viertelstunde, bis der Radweg bei Schwarzenacker nach rechts abschwenkt. Wir biegen stattdessen nach links ab und folgen dem Wegweiser zum Römermuseum Schwarzenacker. Der Weg verläuft 50 Meter geradeaus, und biegt dann rechts auf eine Brücke ab. Auf der Brücke überqueren wir zuerst die Blies, dann die Autobahn A 8 und schließlich das stillgelegte Gleis der Bahnstrecke von Homburg nach Schwarzenacker. Dieses Gleis gehört zum Streckenabschnitt, der zur Anbindung von Zweibrücken ans Rhein-Neckar-S-Bahn-Netz reaktiviert werden soll. Auf dem Weg zum künftigen Linienendpunkt Zweibrücken hält die S-Bahn in Beeden, Schwarzenacker und Einöd.

In Schwarzenacker liegt der Haltepunkt ganz in der Nähe des Römermuseums. In dem Museum befindet sich auch eine Infostelle des Biosphärenreservats Bliesgau. Dieses Biosphärenreservat gehört zu den „Fahrtziel-Natur“-Gebieten, die sich besonders einer umweltschonenden Mobilität verschrieben haben und dürfte zu den Hauptnutznießern der S-Bahn-Verlängerung nach Zweibrücken gehören.

Die Strecke von Homburg nach Zweibrücken wurde schon am 7. Mai 1857 eröffnet. Das Gleis, das an anderer Stelle überwuchert ist, ist in Schwarzenacker gut zu sehen, weil es vor einigen Jahren für Draisinenfahrten freigeschnitten wurde, um für die Verlängerung der S-Bahn nach Zweibrücken zu werben.

Wir biegen nach rechts in die Straße nach Einöd ein, der wir nun, am Römermuseum vorbei, bis zum Ortsanfang von Einöd folgen. Kurz hinter dem Ortseingang biegen wir nach rechts in eine kleine, für den Autoverkehr gesperrte Straße ein, die auf einer Brücke über einen Einschnitt führt, in dem die Bahnlinie verläuft. Die 1989 für den Personenverkehr stillgelegte Trasse ist überwuchert, in Richtung Zweibrücken ist zwischen den Pflanzen ein Kilometerschild mit der Aufschrift 6,4 zu erkennen. Wir folgen dem Weg bergab und biegen an einer Sitzbank nach links in einen grasbewachsenen Feldweg ein. Dem parallel zur früheren (und künftigen) Bahntrasse führenden Weg, der zum Schluss ein eher inoffizieller Pfad wird, folgen wir, bis wir am Kirchenpfad auf den alten Bahnsteig von Einöd treffen, an dem seit 1986 keine Züge mehr halten. Auf der Straße „Kirchenpfad“ laufen wir entlang der Bahntrasse und biegen dann nach rechts in eine kleine Unterführung ein, die die Bahnstrecke unterquert und künftig als Zugang zum neuen Bahnhof Einöd dienen soll. Am für den S-Bahn-Betrieb reaktivierten Bahnhof kann dann am selben Bahnsteig zwischen der S-Bahn und den Regionalbahn-Zügen der Linie von Zweibrücken nach Saarbrücken umgestiegen werden.

Auf der Südseite der Bahnlinie laufen wir auf der Trasse eines früheren Gleises vorbei an der Ladestraße des früheren Zollbahnhofs Einöd. Dabei kommen wir vorbei an drei Tafeln, die einen guten Überblick über die wechselvolle Geschichte des Bahnhofs Einöd geben. Ziel der Wanderung ist der 2009 in Betrieb genommene Haltepunkt Einöd, mit dem der heutige Stadtteil von Homburg vor gut acht Jahren erstmals seit 23 Jahren wieder einen Anschluss an den Zugverkehr bekam.

Die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gezogene Grenze zwischen der Pfalz und dem Saarland ist der Grund dafür, warum die Pläne für eine Reaktivierung der Bahnstrecke von Homburg nach Zweibrücken jahrzehntelang entweder so gut wie gar nicht oder nur äußerst zäh vorangekommen sind. Interessiert an dieser Reaktivierung war und ist vor allem Zweibrücken und damit das Land Rheinland-Pfalz, der zu reaktivierende Streckenabschnitt liegt aber komplett auf saarländischem Territorium.

Im Saarland war das Interesse an der Streckenreaktivierung lange Zeit nahe null. Ein Kreis engagierter Bürger aus Zweibrücken und Umgebung leistete jahrelange wichtige Überzeugungsarbeit und schaffte es, die Akzeptant des Projekts immer mehr zu steigern. Die Wirkung dieser langjährigen Überzeugungsarbeit schlug sich 2010 in einer Repräsentativ-Umfrage der RHEINPFALZ in Zweibrücken nieder. Darin sprachen sich 92 Prozent der Befragten für die Wiederbelebung der Bahnstrecke von Homburg nach Zweibrücken aus. 70 Prozent waren dafür, dass Rheinland-Pfalz einen Teil der auf saarländischem Gebiet anfallenden Kosten übernimmt.

Mitte Dezember 2010 bot der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) dann – für viele überraschend – tatsächlich an, einen Teil der auf das Saarland entfallenden Kosten zu übernehmen. Eine wichtige Rolle spielte dabei wohl ein in diese Richtung zielender Antrag der FDP-Landtagsfraktion, die damals in der Opposition war und dann entscheidend dazu beitrug, dass sich die damaligen Landtagsfraktionen von SPD, CDU und FDP schließlich auf einen gemeinsamen Beschluss einigten. Mit dem einstimmigen Landtagsbeschluss vom 25. Februar 2011 war die S-Bahn nach Zweibrücken definitiv zu einem vorrangigen Ziel der rheinland-pfälzischen Landespolitik geworden. Dass es aber danach noch fast sechs Jahre bis zu einer politischen Einigung mit dem Saarland dauerte, lag vor allem am langjährigen Streit um die Regionalisierungsmittel, die die Länder seit 1996 vom Bund für den regionalen Schienenverkehr erhalten. Das Saarland wollte keine Verpflichtungen eingehen, solange nicht feststand, welche Mittel es künftig zur Verfügung hat. Bund und Länder einigten sich im September 2015 grundsätzlich auf eine Erhöhung und Neuverteilung der Regionalisierungsmittel. Im Juni 2016 gab es dann noch eine Art Nachschlag für die Länder, deren Anteil durch einen neuen Verteilungsschlüssel sinkt. Das betraf vor allem die neuen Bundesländer. Aus diesem 200-Millionen-Euro-Topf wurde aber auch 1 Million Euro pro Jahr für das Saarland abgezweigt. Diese Erhöhung der Mittel für das Saarland war dann für die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ein entscheidendes Argument, Anfang 2017 den rheinland-pfälzischen Vorschlägen für die gemeinsame Finanzierung der S-Bahn nach Zweibrücken zuzustimmen.

Wander-Infos Tourenprofil

Strecke: Vom Bahn-Haltepunkt Bierbach über Schwarzenacker zum Bahn-Haltepunkt Einöd.
Länge: etwa sieben Kilometer.
Markierung: Abschnittsweise Glan-Blies-Radweg.
Einkehrmöglichkeiten: Da die Wanderung relativ kurz ist, liegt es nahe, nicht unterwegs in Schwarzenacker oder Einöd einzukehren, sondern nach der Wanderung stilecht im oder am Bahnhof Zweibrücken. Empfehlenswert sind die Gaststätten „Tender“ im Bahnhofsgebäude und „Gleis 3“ in der Nähe des Bahnhofs Zweibrücken.
An- und Abreise mit der Bahn: Die Haltepunkte Bierbach und Einöd werden von den Zügen der Regionalbahn-Linie von Pirmasens über Zweibrücken nach Saarbrücken im Stundentakt bedient. ebu

Nils fragt: Was ist denn eine S-Bahn?

Viele von euch sind sicher schon einmal mit der S-Bahn gefahren und haben sich vielleicht gefragt, wofür das S steht. Das Wort S-Bahn stammt aus Berlin und das S steht dabei für schnell. Schnell ist die S-Bahn allerdings nur im Vergleich zu Bus und Straßenbahn. Im Vergleich zum ICE ist sie ziemlich langsam, vor allem, weil sie oft hält. Sie fährt normalerweise in regelmäßigen Abständen - auf den wichtigsten Strecken der Pfalz etwa alle 30 Minuten.

Nach und nach haben fast alle deutschen Gebiete, in denen besonders viele Menschen wohnen, eine S-Bahn bekommen, 2003 auch die Rhein-Neckar-Region. Viele Städte und Gemeinden wollen gerne, dass bei ihnen eine S-Bahn hält, weil sie damit besser zu erreichen sind. Deshalb gibt es jetzt auch immer mehr S-Bahn-Linien, die von den großen Städten weit hinaus aufs Land fahren – bis zu Zielen wie Osterburken, obwohl dort nicht so sehr viele Leute wohnen. Im Vergleich zu Osterburken ist die westpfälzische Stadt Zweibrücken, die in einigen Jahren auch mit der S-Bahn zu erreichen ist, sehr groß. ebu