13.04.2018
Die Rheinpfalz

Grün-Schwarz setzt auf elektrische Züge

Die baden-württembergische Landesregierung beschließt ein weitreichendes Drei-Stufen-Programm

Stuttgart. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen) stellt heute die Details eines Bahn-Elektrifizierungsprogramms vor, das das Landeskabinett in Stuttgart am Dienstag beschlossen hat.

Hintergrund des Konzeptes ist, dass sich die grün-schwarze Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Elektrifizierungsoffensive geeinigt hat. Aktuell sind laut den Daten Hermanns mit knapp 2500 von rund 4100 Streckenkilometern rund 60 Prozent des baden-württembergischen Schienennetzes elektrifiziert. Hermanns Programm sieht drei Ausbaustufen vor. Sind alle drei Ausbaustufen umgesetzt, wären „fast 3900 Kilometer und 95 Prozent des gesamten Schienennetzes in Baden-Württemberg elektrifiziert“, schreibt Hermann in der Kabinettsvorlage.In einem ersten Abschnitt sollen größtenteils bis zum Jahr 2023 sechs teilweise schon im Bau befindliche Elektrifizierungsprojekte mit zusammen 514 Kilometern umgesetzt werden. Dazu gehören unter anderem die Südbahn von Ulm über Friedrichshafen nach Lindau, die Strecke von Lindau über Memmingen nach Geltendorf bei München, die südbadische Breisgau-S-Bahn, die Hochrheinbahn von Basel nach Schaffhausen und die Schönbuchbahn (Böblingen–Dettenhausen). Dadurch wächst der Anteil der elektrifizierten Strecken um 12 Prozentpunkte. Weitere 5 Prozentpunkte bringt die zweite Tranche, die bis zum Jahr 2025 komplett elektrifiziert sein soll. Hierzu zählt unter anderem der Lückenschluss zwischen Öhringen und Schwäbisch Hall-Hessental. Die dritte Gruppe umfasst langfristige Projekte, mit denen weitere 687 Kilometer dazukommen. Ihre Realisierung sei allerdings erst nach 2030 möglich, heißt es in der Kabinettsvorlage.

Hermann setzt darauf, dass die Elektrifizierungen größtenteils vom Bund finanziert werden. Wie berichtet, haben Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass 70 Prozent des deutschen Schienennetzes bis 2025 elektrifiziert sein sollen. Dafür fehlen noch rund 3000 Streckenkilometer. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte am Rande des Spatenstichs für die Elektrifizierung der Strecken von Lindau nach Ulm und München am 23. März, sein Ministerium plane über die Projekte des Bundesverkehrswegeplans hinaus ein Programm für die Elektrifizierung von Regionalstrecken. „Das werden wir noch in diesem Jahr ins Kabinett einbringen“, kündigte Scheuer gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“ an. ebu

Kommentar: Unter Strom

Von Eckhard Buddruss

Nach Bayern macht nun auch Baden-Württemberg Dampf beim Thema Bahn-Elektrifizierung. Rheinland-Pfalz muss aufpassen, dass es nicht leer ausgeht.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD auf Bundesebene enthält beim Thema Bahn ambitionierte Ziele. Die konkretesten Aussagen gibt es zum Thema Elektrifizierung. In München und Stuttgart wurden die Zeichen der Zeit erkannt. Nach Bayern legt nun auch Baden-Württemberg ein landesweites Elektrifizierungsprogramm vor. Die Spatenstich-Veranstaltungen am 23. März für die Elektrifizierung der Strecken von Lindau nach Ulm und München haben den breiten Konsens bei diesem Thema verdeutlicht, der von den Grünen bis zur CSU reicht. Die besten Chancen haben nun Bundesländer, die schnell sinnvolle und politisch von breiten Mehrheiten getragene Projekte vorschlagen können. Wenn Rheinland-Pfalz mit der besonders gut geeigneten Strecke Neustadt–Wörth zum Zug kommen will, darf nicht gewartet werden, bis andere Bundesländer, die sich schneller einig werden, den Kuchen schon unter sich aufgeteilt haben.

Für die S-Bahn nach Zweibrücken wird das anstehende Sonderprogramm nicht gebraucht, weil sie aus einem anderen Topf finanziert wird, nämlich als Teil des Bundesprojekts S-Bahn Rhein-Neckar. Die anlaufende Elektrifizierungsoffensive zeigt aber, dass die Integration der Strecke von Homburg nach Zweibrücken ins S-Bahn-Netz voll im verkehrspolitischen Trend liegt.