06.03.2018
Die Rheinpfalz

„Zukunftsbranche“ Tourismuswirtschaft

Rheinland-pfälzische Industrie- und Handelskammern sehen auch Land und Kommunen in der Pflicht
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Mit einem jährlichen Bruttoumsatz von über 7 Milliarden Euro ist der Tourismus in Rheinland-Pfalz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) des Landes haben die Lage der Branche analysiert und Forderungen formuliert.

In dem IHK-Papier werden die Anzahl der jährlichen touristischen Übernachtungen in Rheinland-Pfalz auf 26 Millionen, die Anzahl der Tagestouristen auf 150 Millionen und der Bruttoumsatz auf 7,18 Milliarden Euro beziffert. Als zentrale Probleme der Branche wurden der Fachkräftemangel und zu viel bürokratischer Aufwand (etwa die Dokumentationspflicht im Kontext der Mindestlohngesetzgebung) identifiziert. Eine besonders kritische Phase sei gerade für die im Land häufigen inhabergeführten Kleinbetriebe die Unternehmensübergabe. Vor allem im ländlichen Raum sei es schwierig, Nachfolger zu finden. Die Kammern fordern vom Land daher ein spezifisches Förderprogramm zur Unternehmensnachfolge. Es müsse Ziel der Politik sein, die Tourismuswirtschaft als „Zukunftsbranche zu entwickeln“. Die Betriebe müssten nach Ansicht der Kammern ihre Attraktivität als Arbeitgeber stärken. Zur Fachkräftesicherung könnten auch ausländische Mitarbeiter beitragen. Essenziell sei dafür ein Angebot von niederschwelligen Sprachkursen.

Beim Thema Infrastruktur sehen die Kammern die öffentliche Hand in der Pflicht: „Nur wenn Kommunen und Landkreise in die Infrastruktur investieren, in hochwertige Rad- und Wanderwege etwa, werden die erforderlichen Privatinvestitionen in Übernachtungs- und gastronomische Angebote folgen können“, betonen die vier rheinland-pfälzischen IHK-Hauptgeschäftsführer. Die Industrie- und Handelskammern plädieren außerdem dafür, den Breitbandausbau voranzutreiben und den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) „touristisch zu denken“. Für den ländlichen Raum seien Mobilitätskonzepte zu entwickeln, die den Freizeitverkehr mit im Blick haben.

Kommentar: Standortfaktor Nahverkehr

Von Eckhard Buddruss

In der Pfalz spielt der Tourismus bei der Angebotsplanung im Nahverkehr eine zentrale Rolle. Die neue Pfalzcard macht das Thema nun noch wichtiger. Als der Rheinland-Pfalz-Takt eingeführt wurde, gehörte zu den wichtigen Erfolgsfaktoren die Abkehr von der früheren Bundesbahn-Praxis, am Wochenende auf vielen Strecken den Zugverkehr einzustellen und so das Potenzial touristischer Verkehre brach liegen zu lassen.

Stattdessen wurde unter dem für die Belange von Wein- und Tourismuswirtschaft besonders sensibilisierten Minister Rainer Brüderle (FDP) das gemacht, was die rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern nun auf die Formel „ÖPNV touristisch denken“ gebracht haben. Die Rheinland-Pfalz-Takt-Linien werden auch am Wochenende mindestens stündlich bedient. Hinzu kommen Ausflugszüge unter anderem auf reaktivierten Bahnstrecken. Eine wichtige Rolle spielen die nordpfälzische Zellertalbahn (Monsheim–Langmeil) und die südwestpfälzische Wieslauterbahn nach Bundenthal im Dahner Felsenland. Die beiden Strecken ermöglichen besonders reizvolle Wanderungen auch zu Zielen an anderen Bahnlinien wie dem Eiswoog bei Ramsen und Bad Bergzabern. Sie tragen erheblich dazu bei, dass die Pfalz über ein in dieser Form wohl einzigartiges Netz touristisch interessanter Bahnstrecken verfügt.

Gerade im Zusammenhang mit der bevorstehenden Einführung der Pfalzcard ist das gute touristische Nahverkehrsangebot in der Pfalz ein wichtiger Trumpf. Die kostenlose Nutzung des Nahverkehrs mit Gästekarte hat sich schon in anderen touristischen Regionen wie dem Schwarzwald und dem Bayerischen Wald als großer Vorteil erwiesen. Gerade die pfalztypische Kombination von Wein und Wandern lässt die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel statt des eigenen Autos als besonders ratsam erscheinen.


Pfalzcard