03.06.2017
Die Rheinpfalz

DB und SNCF setzen auf bessere Kooperation

Beide Bahnen wollen Tochter Alleo weiterführen – Angebot auf Linie durch die Pfalz soll erhalten bleiben
Von Eckhard Buddruss

Paris. Auf den Hochgeschwindigkeitsbahnlinien von Frankfurt und Stuttgart nach Paris wurde in den Monaten Januar bis April ein Rekordwert bei den Fahrgastzahlen erzielt. Ihre erfolgreiche Kooperation wollen die Deutsche Bahn (DB) die französische Staatsbahn SNCF auch nach 2020 fortsetzen. Außerdem will die DB künftig auch wieder Tickets für die Thalys-Züge von Köln über Brüssel nach Paris verkaufen.

Beim Thalys gibt es seit Jahren die für Bahnkunden schwer begreifliche Situation, dass man beim Mobilitätsdienstleister DB zwar Carsharing-Autos und Fahrräder buchen kann, aber beispielsweise am Bonner Hauptbahnhof kein Bahn-Ticket von Bonn nach Paris bekommt. Hier zeichnet sich nun voraussichtlich für kommendes Jahr eine für Bahnkunden vorteilhafte Lösung ab. In einem Gespräch mit der RHEINPFALZ in Paris waren DB-Fernverkehrschefin Birgit Bohle und ihre SNCF-Kollegin Rachel Picard zwar bestrebt, den noch laufenden Verhandlungen über den zukünftigen Vertrieb von Thalys-Tickets durch die DB nicht vorzugreifen. Die beiden Managerinnen ließen aber deutlich erkennen, dass sie auf eine Fortsetzung und weitere Verbesserung der Kooperation setzen. Bohle sagte, die DB würde gerne wieder Thalys-Tickets verkaufen und sie sei zuversichtlich, dass dies im Laufe des Jahres 2018 klappe. Picard betonte, dass sie einen Verkauf von Thalys-Tickets durch die DB sehr begrüßen würde.

Picard sagte, sie sei „sehr sehr zufrieden“ mit der Kooperation bei der gemeinsamen SNCF/DB-Tochter Alleo, die für den deutsch-französischen Hochgeschwindigkeitsverkehr über die 2007 in Betrieb genommene Ost-Schnellbahn (LGV Est) gegründet wurde. Die zuletzt 2015 verlängerten Verträge laufen noch bis 2020. Bohle sprach von einem „Paradebeispiel für Erfolg bei guter Zusammenarbeit“. Beide Fernverkehrschefinnen betonten ihr Interesse an der Fortsetzung der erfolgreichen Kooperation. Picard sagte, darüber gebe es auch innerhalb der SNCF einen sehr breiten Konsens.

In den zehn Jahren seit 2007 sind mit den Alleo-Zügen im internationalen Verkehr rund 16 Millionen Reisende gefahren. Nachdem es im vergangenen Jahr wegen der Terroranschläge in Paris im November 2015 zu einem Einbruch bei den Fahrgastzahlen gekommen war, gibt es in diesem Jahr wieder deutliche Zuwächse. In den Monaten Januar bis April stiegen die Fahrgastzahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 22 Prozent auf 599.000. Enthalten ist in diesem Wert neben den elf Zugpaaren von Paris nach Frankfurt und Stuttgart auch das TGV-Paar zwischen Frankfurt und Marseille.

Die gestiegenen Fahrgastzahlen erklären sich wohl auch durch das verbesserte Zugangebot, das mit Inbetriebnahme des zweiten Abschnitts der Ost-Schnellbahn zwischen Baudrecourt in Lothringen und Vendenheim bei Straßburg um je ein Zugpaar von Frankfurt und Stuttgart nach Paris aufgestockt wurde. Dabei hat allerdings der Nordast über Kaiserslautern und Saarbrücken ein Zugpaar an den nun schnelleren Südast über Straßburg verloren. Bohle stellte klar, dass bei künftigen Veränderungen des Angebots „bestimmt nicht weniger“ Züge über Kaiserslautern und Saarbrücken nach Paris fahren.

Während vor zehn Jahren anfangs auf dem Nordast ausschließlich ICE und auf dem Südast ausnahmslos TGV fuhren, werden nun beide Zugtypen auf beiden Strecken eingesetzt. Picard sagte, im internationalen Verkehr werde die SNCF an ihrer Marke TGV festhalten. Im innerfranzösischen Verkehr sollen heutige TGV nach und nach unter dem Label „inOui“ fahren.

Reise-Tipp: Günstig nach Paris

Anlässlich des Jubiläums bieten DB und SNCF bis zum 10. Juni je 10.000 Tickets für 29 Euro an, die für Reisen in der Zeit vom 19. Juni bis zum 30. September genutzt werden können. Sie gelten für einfache Fahrt von einem Haltebahnhof der Alleo-Züge (also beispielsweise Mannheim, Kaiserslautern, Karlsruhe und Saarbrücken) nach Paris oder zurück. Die Tickets sind nur im gebuchten Zug gültig und nicht für jeden Zug erhältlich. Am größten sind die Chancen zu Zeiten mit nicht allzu großem Verkehrsaufkommen. Gestern gab es beispielsweise für den 4. Juli und 5. Juli 29-Euro-Tickets für die drei Züge um 6.39 Uhr, 7.25 Uhr und 9.40 Uhr ab Mannheim nach Paris. In der Gegenrichtung gab es an beiden Tagen für sämtliche sechs Züge ab Paris noch 29-Euro-Tickets – mit einer Ausnahme: Für den Zug um 19.06 Uhr ab Paris Est war das günstigste Angebot ein Jubiläums-Sonderticket in der Erster-Klasse-Version für 39 Euro. ebu

Leitartikel: Superzüge sind ein Renner

Von Eckhard Buddruss

Der ICE/TGV-Verkehr zwischen Südwestdeutschland und Paris ist trotz einiger Probleme eine tolle Erfolgsgeschichte – und ein schönes Beispiel dafür, wie gut deutsch-französische Kooperation funktionieren kann.

Vor knapp zehn Jahren begann mit dem Fahrplanwechsel am 10. Juni der Hochgeschwindigkeitsverkehr zwischen Paris und Südwestdeutschland. Zehn Jahre später ist die Bilanz trotz aller Probleme, die es immer wieder vor allem wegen ICE-Ausfällen gegeben hat, frappierend positiv. Die von der Deutschen Bahn (DB) und der französischen Staatsbahn SNCF gegründete Tochter Alleo hat sich sehr bewährt. Mit dem Einsatz der neuen ICE-Baureihe 407 sind Fahrzeugausfälle im ICE-Verkehr nach Paris zum Glück auch deutlich seltener geworden.

Die Alleo-Züge erreichen bei der Kundenzufriedenheit Traumwerte. 92 Prozent der befragten Kunden sind zufrieden oder sehr zufrieden. Eine wesentliche Rolle dürften dabei die deutsch-französischen Teams in den Zügen spielen, die ein schönes Symbol für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der beiden Bahnunternehmen sind.

Grundsätzlich bewährt hat sich auch die Entscheidung, dass DB und SNCF Tickets nach einem System anbieten, das die Kunden aus ihren jeweiligen Ländern kennen, obwohl dies auch einige Nachteile hat. Ein Schwachpunkt ist allerdings, dass man als Bahncard-50-Besitzer bei einer Paris-Reise nur dann einen Vorteil hat, wenn man mit einem Flexpreis-Ticket reist.

Die pragmatische Kombination der jeweiligen Eigenheiten hat sich in der Praxis bewährt und ist sinnvoller als der mit viel Aufwand verbundene Aufbau einer eigenen Marke. Das könnte einen kuriosen Effekt haben. Ein TGV, der nach Deutschland fährt, wird auch künftig TGV heißen, während die SNCF im Binnenverkehr ihre TGV künftig entweder als „Ouigo“ (für eine Art Billigsegment) oder als „inOui“ deklarieren will. Letzteres sorgt für jede Menge Spott, zumal „inOui“ eine Steilvorlage für Wortspiele ist, weil sich bei minimal anderer Schreibweise das Wort inouï (unerhört) ergibt. Derzeit deutet einiges auf einen kolossalen Marketing-Flop hin, hinter dem Verschwörungstheoretiker vielleicht einen raffinierten Versuch vermuten könnten, der Öffentlichkeit auf originelle Weise zu demonstrieren, wie bekannt und beliebt die Marke TGV ist.

Erfreulich an der kleinen Feier in Paris zum Alleo-Jubiläum war nicht zuletzt, dass der Verkehr über die französische Ost-Schnellbahn (LGV Est) zu einem schönen Beispiel gelungener deutsch-französischer Kooperation geworden ist. Offensichtlich wollen DB und SNCF die Kooperation fortsetzen. Erfreulich ist auch, dass das gute Beispiel positive Effekte auch beim Thema Verkauf von Thalys-Tickets hat, den die DB vor einigen Jahren in einer Art Trotzreaktion eingestellt hatte. Dies hat zu einer aus Kundensicht absurden Situation geführt und die Marktposition des umweltschonenden Schienenverkehrs unnötig geschwächt.

Bei der Taufe eines ICE auf den Namen Paris wurde am Donnerstag im Pariser Ostbahnhof zu Recht auf die Schlüsselrolle verwiesen, die der Schienenverkehr bei der Eindämmung der verkehrsbedingten Umweltbelastungen spielen sollte. Allerdings gibt es dabei einige eklatante Widersprüche zwischen proklamierten Zielen und politischer Praxis. Ein immer gravierenderes Problem sind die hohen Infrastrukturgebühren, die die ökonomische Lebensfähigkeit des TGV-Verkehrs in Frankreich zunehmend gefährden. In Deutschland scheint es bei den Trassengebühren derzeit immerhin etwas Bewegung in die richtige Richtung zu geben.

Völlig absurd ist dagegen, dass ein Flugticket von Frankfurt nach Paris von der Mehrwertsteuer befreit ist, während derjenige, der mit dem relativ umweltschonenden ICE nach Paris fährt, auf sein Ticket 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen muss.

In Deutschland bleibt ein TGV ein TGV. Die neue SNCF-Marke „inOui“ ist in Frankreich eine Lachnummer.