24.03.2017
Die Rheinpfalz

Ein Zug zwischen zwei Ozeanen

Deutschland treibt ein gewaltiges Eisenbahnprojekt in Südamerika voran
Von Ph. Lichterbeck, Rio de Janeiro

In Südamerika wird ein gigantisches Projekt geplant, eine Eisenbahnverbindung von Atlantik- und Pazifikküste – und Deutschland mischt mit. Die Strecke soll von Santos in Brasilien, dem größten Containerhafen des Subkontinents, über die bolivianischen Anden hinweg bis zum Hafen Ilo in Peru führen. Sie wäre 3755 Kilometer lang. Ziel ist es, den Containerverkehr zwischen Atlantik und Pazifik zu beschleunigen. Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, war wegen des „Tren Bioceanico“, des Zwei-Ozeane-Zuges, diese Woche mit einer Delegation aus Wirtschaftsvertretern in der bolivianischen Hauptstadt La Paz, um Gespräche mit Präsident Evo Morales zu führen. Die Bundesregierung hofft darauf, der deutschen Industrie neue Märkte in Südamerika zu erschließen. Denn trotz schlecht laufender Projekte wie dem Berliner Flughafen BER genießt deutsche Ingenieurskunst und Planung in Südamerika immer noch einen hervorragenden Ruf.

Interesse zeigen Firmen wie der Technologiekonzern Siemens. Die Deutschen wollen dabei mit schweizerischen Unternehmen kooperieren, die Fachkenntnisse für den Zugtrassenbau im Hochgebirge mitbringen. Die Unternehmen aus Deutschland und der Schweiz wollen ein gemeinsames Paket anbieten, in dem der Bau der Trasse, die Lieferung der Züge sowie ihre Wartung enthalten sind.

Auf südamerikanischer Seite herrscht in Bolivien die größte Euphorie über das Vorhaben. Die Zugverbindung würde den Bolivianern den seit Jahrhunderten erträumten Zugang zur Pazifikküste bringen, der ihnen von Peru und Chile verwehrt wird und der immer wieder für nationalistische Aufwallungen in den drei Ländern sorgt. Unterstützt wird der „Bioceanico“ nun auch von der brasilianischen Regierung, die lange mit einer anderen, von China vorangetriebenen Route geliebäugelt hatte, die nicht durch Bolivien, sondern durchs Amazonasgebiet führen sollte.

Die deutsche Zug-Initiative ist auch vor dem Hintergrund des chinesischen Vormarschs in Südamerika zu sehen. Man will den Chinesen das Feld nicht kampflos überlassen. Es gibt aber weiterhin viele Hürden. So werden die Kosten des Projekts auf 13 Milliarden Euro geschätzt. Woher dieses Geld kommen soll, ist bisher unklar. Bolivien ist eines der ärmsten Länder der Welt, und Brasilien steckt in einer Rezession.