29.03.2017
Die Rheinpfalz

Mehr Fahrgäste im ICE-Verkehr nach Paris

Verbessertes Angebot kommt gut an – Abgeordnete fordern weiteren Ausbau auf dem Nordast durch die Pfalz
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Wohl dank eines verbesserten Angebots verzeichnet die Deutsche Bahn (DB) in den Hochgeschwindigkeitszügen zwischen Südwestdeutschland und Paris deutlich steigende Fahrgastzahlen. Abgeordnete aus Deutschland und Frankreich befürchten allerdings, dass der Nordast der deutsch-französischen Schnellbahnverbindung durch die Pfalz gegenüber dem Südast über Straßburg ins Hintertreffen gerät und fordern zusätzliche Ausbaumaßnahmen, um kürzere Fahrzeiten auf dem Nordast über Kaiserslautern zu erreichen. In den Monaten Januar und Februar registrierte die DB in den ICE und TGV zwischen Südwestdeutschland und Paris 18 Prozent mehr Fahrgäste als ein Jahr zuvor. Allerdings fuhren auch rund 20 Prozent mehr Züge, nämlich fünf statt vier von Stuttgart über Karlsruhe und sechs statt fünf von Frankfurt über Mannheim nach Paris. Dank der Inbetriebnahme des zweiten Abschnitts der französischen Ost-Schnellbahn (LGV Est) zwischen Baudrecourt und Vendenheim bei Straßburg sind die Züge von Stuttgart und Karlsruhe 30 Minuten schneller in Paris als zuvor.Von Mannheim führt die schnellste Verbindung nach Paris nun nicht mehr über Kaiserslautern und Saarbrücken, sondern über Karlsruhe und Straßburg. Um die Strecke durch die Pfalz konkurrenzfähiger zu machen, laufen zwischen Ludwigshafen und Saarbrücken nun schon seit fast 20 Jahren Ausbauarbeiten, die den Zugbetrieb derzeit erheblich beeinträchtigen. Im laufenden Fahrplanjahr 2017 und auch in kommenden Fahrplanjahr 2018 ist die Strecke zwischen Ludwigshafen und Homburg nachts komplett gesperrt. Nach Abschluss der laufenden Ausbauarbeiten wird sich der Fahrzeitunterschied zwischen dem Südast über Straßburg und dem Nordast durch die Pfalz zwar verringern, die Fahrt über den Südast dürfte aber weiterhin etwas schneller sein. Deshalb fordert eine Gruppe von deutschen und französischen Abgeordneten eine weitere Verkürzung der Fahrzeiten auf dem Nordast.

In einem Brief an die beiden Verkehrsminister Ségolène Royal (Frankreich) und Alexander Dobrindt (Deutschland), den unter anderem die Bundestagsabgeordneten Gustav Herzog (SPD) und Egon Jüttner (CDU) unterschrieben haben, plädieren die Unterzeichner für einen weiteren Ausbau des Nordastes. Herzog, der direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Kaiserslautern ist und dem Verkehrsausschuss des Bundestages angehört, betonte: „Mit dieser Initiative wollen wir wieder mehr Schwung in das auch für die Region Kaiserslautern überaus wichtige Projekt bringen. Wir fordern gemeinsam, dass die vertraglich vereinbarten Ziele zwischen den Regierungen Deutschlands und Frankreichs angepackt und umgesetzt werden. Dabei stützen wir uns auf geschlossene Verträge von La Rochelle vom 22. Mai 1992 und von Baudrecourt vom 20. April 2009.“

Kommentar: Über die Grenzen

Von Eckhard Buddruss

Engagement für das deutsch-französische Bahnangebot ist lobenswert. Aber wichtiger als illusionäre Ausbauprojekte wäre ein besserer Regionalverkehr.

Die Verbesserung des deutsch-französischen Bahnverkehrs ist seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Dass es nun seit fast zehn Jahren attraktive Hochgeschwindigkeitszüge von Mannheim, Kaiserslautern und Saarbrücken nach Paris gibt, ist ein Erfolg, der alles andere als selbstverständlich ist. Ohne das Engagement des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl hätte es wohl weder 1992 den deutsch-französischen Vertrag von La Rochelle gegeben, noch den Beginn des Ausbaus zwischen Ludwigshafen und Saarbrücken bei Schifferstadt kurz vor der Bundestagswahl 1998. Fast 20 Jahre nach dem Start dieser vergleichsweise bescheidenen Ausbauarbeiten sind diese immer noch nicht abgeschlossen, während in Frankreich der Neubau der über 400 Kilometer lange Ost-Schnellbahn (LGV Est) 2016 fertiggestellt wurde.

Frankreich hat das, was im Vertrag von La Rochelle vereinbart wurde, umgesetzt, Deutschland dagegen auch nach Abschluss der derzeit laufenden Bauarbeiten nur teilweise. Solange die Mittel für Investitionen ins deutsche Schienennetz nicht massiv aufgestockt werden, wird sich daran wohl auch nichts ändern, weil es in Deutschland noch sehr viel dringendere Projekte gibt, die seit Jahren oder Jahrzehnten in der Warteschleife sind.

Wenig Hoffnung besteht auch darauf, dass in Frankreich groß in einen Ausbau zwischen der Abzweigung Herny und der deutschen Grenze investiert wird. Wenn der SPD-Verkehrsexperte Gustav Herzog sich auf die „Verträge“ von La Rochelle und Baudrecourt beruft, ist das, gelinde gesagt, etwas irreführend. „La Rochelle“ war 1992 tatsächlich ein Vertrag zwischen der deutschen und französischen Regierung, „Baudrecourt“ 2009 dagegen nur eine Art Resolution bei einem Treffen deutscher und französischer Politiker in Metz, das von französischer Seite nicht sehr hochkarätig besetzt war. Ein Ausbau zwischen Herny und der Landesgrenze, von dem in Frankreich lediglich die Grenzstadt Forbach profitieren würde, ist für Frankreich irgendetwas zwischen extrem nachrangig und total unwichtig. Sehr viel aussichtsreicher und sinnvoller wäre das Engagement deutscher und französischer Politiker derzeit beim Thema grenzüberschreitender Regionalverkehr zwischen den beiden Nachbarländern. Hier ließen sich mit relativ geringem Aufwand erhebliche Verbesserungen erzielen.