29.03.2017
Die Rheinpfalz

Bahn wertet Mannheim auf

Zu DB Regio Mitte gehört nun auch Hessen – Neue Fahrzeuge für Linien nach Frankfurt kommen später
Von Eckhard Buddruss

Mannheim. Vom Mannheimer Victoria-Turm aus leitet Frank Klingenhöfer künftig mit DB Regio Mitte die größte Region der Nahverkehrssparte der Deutschen Bahn (DB). Bei der für die Metropolregion Rhein-Neckar wichtigsten Verbesserung zum kommenden Fahrplanwechsel zeichnen sich allerdings Probleme durch die verspätete Lieferung neuer Fahrzeuge ab.

Klingenhöfer kehrt, wie berichtet, an seine frühere Wirkungsstätte zurück, wo er bis 2003 die S-Bahn Rhein-Neckar aufgebaut hatte. Die nun von ihm geleitete Region Mitte ist aber deutlich größer als das frühere Verkehrsunternehmen Rhein-Neckar. Sie umfasst außer der Rhein-Neckar-Region auch das restliche Rheinland-Pfalz, das Saarland und ganz Hessen mit Ausnahme der Frankfurter S-Bahn. DB Regio Mitte beschäftigt 3700 Mitarbeiter, davon sind 910 dem größten Standort Mannheim/Ludwigshafen zugeordnet, 352 dem Standort Kaiserslautern, 357 dem Standort Saarbrücken und 232 dem Standort Karlsruhe. Im Auftrag der Nahverkehrsaufgabenträger in den vier Bundesländern erbringt DB Regio Mitte pro Jahr rund 55 Millionen Zugkilometer. Klingenhöfer war zuletzt in Leipzig für das DB-Regio-Geschäft in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verantwortlich. Das in Leipzig eingeführte System eines Start-Ups namens Clever Shuttle, an dem die DB mit 21 Prozent beteiligt ist, möchte Klingenhöfer möglichst bald, eventuell noch in diesem Jahr, auch in Mannheim einführen. Dabei handelt es sich um eine Art Taxi-Sharing. Über eine App können Fahrgäste eine Fahrt buchen, haben aber keinen Anspruch darauf, das Fahrzeug allein für sich zu haben und müssen gegebenenfalls auch Umwege in Kauf nehmen. Dafür soll der Preis nur etwa die Hälfte des normalen Taxi-Tarifs betragen. Wer Abo-Kunde des öffentlichen Nahverkehrs ist, soll vergünstigte Preise bekommen. Anders als bei dem umstrittenen Fahrdienst Uber sind die Fahrer bei Clever Shuttle angestellt. Inzwischen seien 16 Clever-Shuttle-Fahrzeuge (durchweg Elektroautos) im Leipziger Stadtgebiet im Einsatz.

Dieser Versuch, den DB-Kunden ein zusätzliches Angebot für die „letzte Meile“ zu machen, dürfte für Klingenhöfer allerdings eher ein Randthema sein. Von allergrößter Bedeutung für DB Regio Mitte ist die laufende Ausschreibung für das zweite Los der S-Bahn Rhein-Neckar, zu dem in der Pfalz die Linie von Mannheim über Ludwigshafen und Frankenthal nach Mainz gehört. Bereits zum Fahrplanwechsel im kommenden Dezember tritt der Verkehrsvertrag für das Netz Main-Neckar-Ried in Kraft, zu dem die Linien über die Riedbahn (von Mannheim über Biblis nach Frankfurt) und die Main-Neckar-Bahn (von Mannheim und Heidelberg über Darmstadt nach Frankfurt) gehören. Bei der Auslieferung der neuen Fahrzeuge durch den Hersteller Bombardier gibt es erhebliche Verzögerungen. In anderen Bundesländern (etwa Schleswig-Holstein und Bayern) wartet man schon lange auf die neuen Twindexx-Doppelstocktriebwagen.

Auch im Main-Neckar-Ried-Netz wird bestenfalls ein Teil der Fahrzeuge rechtzeitig zur Verfügung stehen. Klingenhöfer äußerte sich gestern aber zuversichtlich, dass zumindest für die Linie von Frankfurt über Darmstadt nach Mannheim und Heidelberg, wo die Triebwagen am dringendsten gebraucht werden, beim Fahrplanwechsel genug Fahrzeuge zur Verfügung stehen.

Kommentar:
Verdiente Vorschusslorbeeren

Von Eckhard Buddruss

In der Rhein-Neckar-Region ist die Freude über die Rückkehr von Frank Klingenhöfer groß. Auf ihn warten aber viel Arbeit und einiger Ärger.

Frank Klingenhöfer, der bereits am 2. März den ersten öffentlichen Auftritt in seiner neuen Funktion hatte, aber erst gestern offiziell als neuer Chef von DB Regio Mitte vorgestellt wurde, sagte dabei, er sei „überwältigt von den Vorschusslorbeeren“, die er seit seiner Rückkehr bekommen habe. Diese Vorschusslorbeeren sind die Folge des sehr guten Eindrucks, den Klingenhöfer hier in früheren Jahren hinterlassen hat.

Ähnlich wie der neue Bahnchef Richard Lutz kann Klingenhöfer bei seinen Mitarbeitern außerdem auf einen Sympathiebonus hoffen, weil er aus einer Eisenbahnerfamilie stammt. Der Vater war Fahrdienstleiter, der Großvater Rangierer und der Urgroßvater Dampflokführer im nordhessischen Bebra. Das Bahnbetriebswerk Bebra hatte zu Dampflokzeiten enorme Bedeutung für den Verkehr auf der wichtigen Nord-Süd-Strecke.

In Nordhessen hat DB Regio allerdings fast alle Aufträge an Konkurrenten verloren. Klingenhöfers wichtigste Aufgabe ist wohl derzeit, zu verhindern, dass dies auch bei der Ausschreibung von Los zwei der S-Bahn Rhein-Neckar passiert. Ärger zeichnet sich schon beim neuen Verkehrsvertrag Main-Neckar-Ried ab, der für die Metropolregion eigentlich bedeutende Verbesserungen bringen soll. Hier muss Klingenhöfer dafür sorgen, dass wenigstens die Linie von Heidelberg und Mannheim über Darmstadt nach Frankfurt auf neue Triebwagen umgestellt werden kann. Nur mit diesen Fahrzeugen ist es möglich, die Züge in Neu-Edingen/Friedrichsfeld zu kuppeln und so für Mannheim und Heidelberg stündlich umsteigefreie Verbindungen anzubieten. Bei den anderen Linien wäre es dagegen kein großes Problem, wenn das verbesserte Angebot übergangsweise mit lokbespannten Ersatzgarnituren gefahren wird.