15.12.2016
Die Rheinpfalz

Neue Chancen für S-Bahn nach Zweibrücken

Ein gutes Ergebnis bei der Ausschreibung des Saar-Regionalbahn-Netzes dürfte finanziellen Spielraum schaffen
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Rheinland-Pfalz hat in der jahrelangen Diskussion mit dem Saarland über die Verlängerung der S-Bahn Rhein-Neckar nach Zweibrücken möglicherweise bald ein neues Argument. Höchstwahrscheinlich wächst der finanzielle Spielraum für das Saarland, weil der Betrieb des Saar-Regionalbahn-Netzes nach einer Neuausschreibung ab Ende 2019 für das Land kostengünstiger werden dürfte.

Das Saarland hat länger als andere Bundesländer gezögert, Aufträge für den regionalen Schienenverkehr in Wettbewerbsverfahren zu vergeben. Das Saarland war zwar an Ausschreibungen beispielsweise für den Südwest-Express (Süwex) beteiligt, bei dem Rheinland-Pfalz die Federführung hatte; die Ausschreibung des Elektronetzes Saar-Regionalbahn (E-Netz Saar RB) ist aber die erste unter saarländischer Federführung.Das E-Netz Saar RB umfasst in zwei Losen ein jährliches Volumen von rund 5,5 Millionen Zugkilometern. Dazu gehören auch Züge im nördlichen Rheinland-Pfalz, insbesondere nach Trier sowie die Regionalbahn-Züge, die stündlich von Kaiserslautern nach Saarbrücken (und teilweise weiter nach Trier) fahren. Bisher werden alle Linien des Netzes von der Deutschen Bahn (DB) betrieben.

Wettbewerbsverfahren haben bisher nicht in allen Fällen zu Ergebnissen geführt, die für die Aufgabenträger erfreulich waren. Bei mit Dieselfahrzeugen betriebenen Linien mussten zum Teil Preise bezahlt werden, die über den Durchschnittswerten in landesweiten Verkehrsverträgen mit der DB lagen. Dies galt vor allem für Strecken mit ausgeprägten Verkehrsspitzen im Berufs- und Schülerverkehr, die hohen Bedarf an ansonsten schlecht ausgelasteten Fahrzeugen verursachen.

Dagegen hat die Erfahrung gezeigt, dass sich bei der erstmaligen Vergabe elektrisch betriebener Netze im Wettbewerb oft deutlich günstigere Preise erzielen lassen als zuvor. Veröffentlicht werden diese Preise normalerweise nicht. Eine Ausnahme von dieser Regel ist derzeit vor allem der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Herrmann (Die Grünen). Er macht sich ein besonderes Vergnügen daraus, durch die Veröffentlichung der im Wettbewerb erzielten Preise deutlich zu machen, wie ungünstig der langjährige große Verkehrsvertrag war, den die CDU-geführte Landesregierung ohne Wettbewerb mit der DB abgeschlossen hatte, um den damaligen DB-Chef Hartmut Mehdorn in der Frage des umstrittenen Projekts Stuttgart 21 bei der Stange zu halten. Die große Koalition im Saarland wird sich dagegen – vielleicht gerade im Fall eines eigentlich besonders erfreulichen Ergebnisses – möglicherweise nicht darum reißen, exakt publik zu machen, dass man jahrelang viel mehr an die DB bezahlt hat als bei einer früheren Vergabe im Wettbewerb wahrscheinlich möglich gewesen wäre. Die rheinland-pfälzische Landesregierung, die die Zahlen wegen der Beteiligung rheinland-pfälzischer Aufgabenträger an der Ausschreibung kennen wird, dürfte aber ein gutes Zusatzargument für die S-Bahn nach Zweibrücken bekommen. Am 20. Dezember treffen sich in Zweibrücken die beiden Verkehrsminister Anke Rehlinger (Saarland, SPD) und Volker Wissing (Rheinland-Pfalz, FDP).

Kommentar: Ausreden gehen aus

Von Eckhard Buddruss

Das Saarland hatte in der Diskussion um die S-Bahn nach Zweibrücken eine ganze Reihe von Ausreden. Inzwischen ist nicht mehr viel davon übrig.

Das Projekt, die S-Bahn Rhein-Neckar nach Zweibrücken zu verlängern, kommt seit Jahren nur sehr mühsam voran, weil vor allem Rheinland-Pfalz daran interessiert ist, die Strecke von Homburg nach Zweibrücken aber größtenteils auf saarländischem Territorium liegt. Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) brachte vor rund sechs Jahren Bewegung in die Angelegenheit, indem er anbot, dass Rheinland-Pfalz einen Teil der auf das Saarland entfallenden Kosten übernimmt. Auf Arbeitsebene ist das Projekt seitdem ein gutes Stück voran gekommen, eine positive Grundsatzentscheidung hat das Saarland bisher aber immer noch verweigert. Dafür gab es zeitweise durchaus plausible Begründungen.

Solange noch nicht klar war, wie viele Regionalisierungsmittel die Länder künftig für den Nahverkehr zur Verfügung haben, wäre es gewagt gewesen, Verpflichtungen für die Zukunft einzugehen. Inzwischen ist diese Frage geklärt. Die Mittel werden erhöht und in diesem Jahr hat das Saarland überraschenderweise aus einem Topf von 200 Millionen Euro, der eigentlich für die neuen Bundesländer gedacht ist, noch pro Jahr 1 Million Euro zusätzlich bekommen. Geklärt ist nun auch, dass die Regionalisierungsmittel künftig nicht durch eine überproportionale Erhöhung der Trassenpreise geschmälert werden. Damit ist eine weitere Begründung für fortgesetztes Zögern entfallen. Nun fällt bald noch ein weiterer Unsicherheitsfaktor weg. Ein günstigerer Preis für das Saar-Regionalbahn-Netz ab Ende 2019 dürfte größeren finanziellen Spielraum schaffen.

In diesem Kontext wird plausibel, dass sich der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) kürzlich frappierend zuversichtlich zu den Chancen für die S-Bahn nach Zweibrücken geäußert hat. Für Wissing und seinen Staatssekretär Andy Becht (FDP) hat das Projekt erkennbar hohe Priorität. Das ist umso wichtiger, als in dem von ihnen geleiteten Ministerium nicht allen die große landespolitische Bedeutung dieses Themas bewusst zu sein scheint. Wissing hat nun allen Grund, den hohen Erwartungen, die er geweckt hat, gerecht zu werden. Allerdings darf man auch nichts Unmögliches von ihm verlangen. Die in Zweibrücken kursierende Forderung, Rheinland-Pfalz solle eine Art exterritoriale Transitstrecke durchs Saarland nach Zweibrücken bauen, hat zwar einen gewissen Satirewert, wird in der Realität aber sicher nicht dazu beitragen, die S-Bahn voran zu bringen.