12.11.2016
Die Rheinpfalz

Bahn ändert Trassenpreissystem

Bei der Maut fürs Schienennetz drohen vor allem für Fernzüge Kostensteigerungen
Von Eckhard Buddruss

Berlin. Die Deutsche Bahn (DB) wird voraussichtlich – ein Jahr später als ursprünglich geplant – Ende 2017 ein neues Trassenpreissystem für das Befahren ihrer Strecken einführen. Dabei muss die DB die Vorgabe beachten, dass die Trassenpreise für den Regionalverkehr nicht stärker steigen dürfen als die Regionalisierungsmittel, die die Bundesländer vom Bund erhalten.

Für das Befahren des DB-Netzes muss jeder Zug einen nach einem komplizierten Verfahren ermittelten Trassenpreis bezahlen, gewissermaßen eine Art Schienenmaut. Politisch brisant daran war in den vergangenen Jahren vor allem, dass die DB ihre Trassenpreise stets stärker erhöhte als die Regionalisierungsmittel stiegen, die die Länder seit der Bahnreform von 1993/94 vom Bund für die Bestellung von Regionalzügen erhalten. Wenn sich diese Entwicklung fortgesetzt hätte, wäre absehbar gewesen, dass die Bundesländer das regionale Zugangebot hätten reduzieren müssen, weil ein immer größerer Teil ihres Budgets durch die Infrastrukturgebühren aufgefressen worden wäre. Als der Bund in diesem Jahr die Zustimmung der Länder zum Eisenbahnregulierungsgesetz brauchte, gelang es den Ländern durchzusetzen, dass die Trassengebühren für den Regionalverkehr in Zukunft nicht stärker steigen dürfen als die Regionalisierungsmittel. Für diese ist zwischen Bund und Ländern eine jährliche Erhöhung um 1,8 Prozent vereinbart. Da die Infrastruktursparte DB Netz ihre Erlöse aus den Trassenpreise unterm Strich aber jährlich um 2,4 Prozent steigern will, drohen nun umso stärkere Trassenpreiserhöhungen im Personenfern- und Güterverkehr. Beim Preissystem 2018 besteht der Trassenpreis aus einem Wert für die unmittelbaren Kosten der Zugfahrt und einem „Markttragfähigkeitszuschlag“, mit dem die hohen Fixkosten des Schienennetzes gedeckt werden sollen. Beim Regionalverkehr wird der Zuschlag für jedes Bundesland so gestaltet, dass das bisherige Preisniveau erhalten bleibt und es unter den Ländern keine Gewinner und Verlierer gibt. Für Rheinland-Pfalz beträgt der Preis 5,162 Euro pro Zugkilometer. Fünf Bundesländer haben einen niedrigeren Trassenpreis, zehn einen höheren.

Leitartikel: Schienen-Maut als Bremse

Von Eckhard Buddruss

Beim Klimaschutz ist gerade in Deutschland der Verkehr ein großes Problem. Um den CO2-Ausstoß einzudämmen, müsste die umweltschonende Schiene mehr Anteile übernehmen. Ein Hindernis ist das deutsche Trassenpreissystem.

Wenn es darum geht, den Klimaschutz zu propagieren, gehört Deutschland seit Jahrzehnten zu den Vorreitern. Der aktuelle Streit innerhalb der Bundesregierung um einen Klimaschutzplan hat aber erneut gezeigt, dass Deutschland bei konkreten Maßnahmen – vorsichtig ausgedrückt – noch Optimierungspotenzial hat. Das gilt ganz besonders für das größte Sorgenkind der Klimapolitik, den Verkehr. Während weite Teile der Industrie schon viel für den Klimaschutz getan haben, gibt es beim Verkehr noch nicht einmal eine klare Trendwende zum Sinken des CO2-Ausstoßes. Laut dem gestern beschlossenen Klimaschutzplan soll der Verkehr in Deutschland seine CO2-Emissionen nun bis 2030 um 40 Prozent reduzieren. Wie das geschehen soll, ist aber völlig unklar. Zu den wesentlichen Elementen einer Klimaschutzstrategie für den Verkehr müsste eine größere Rolle des relativ umweltschonenden Verkehrsträgers Schiene gehören. Hierfür sind Investitionen nötig, und zwar nicht in teure Prestigeprojekte mit zweifelhaftem Nutzwert wie „Stuttgart 21“, sondern gezielt in die Entschärfung von Kapazitätsengpässen. Außerhalb dieser gar nicht so zahlreichen Engpässe könnte das Schienennetz jetzt schon erheblichen Mehrverkehr aufnehmen. Ein Hindernis dafür ist das Trassenpreissystem der Deutschen Bahn (DB), das zusätzliche Verkehre mit überhöhten Kosten befrachtet.

Grund dafür ist, dass Deutschland bei den Bahn-Trassenpreisen auf das Vollkostenprinzip setzt, statt die Trassenpreise auf die unmittelbaren Kosten der Zugfahrt zu senken. Der Unterschied zwischen diesen beiden Werten ist enorm. DB Netz, die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn, beziffert die unmittelbaren Kosten der Zugfahrt im Personennahverkehr auf durchschnittlich 0,666 Euro pro Zugkilometer. Hinzu kommt aber ein Zuschlag, der künftig nach Bundesländern differenziert ist und beispielsweise für Rheinland-Pfalz 4,496 Euro beträgt. Über diesen Zuschlag werden die Fixkosten gedeckt, die bei der Schieneninfrastruktur den Löwenanteil der Kosten ausmachen. Für jeden zusätzlichen Zugkilometer werden nicht nur die effektiven Zusatzkosten berechnet, sondern unsinnigerweise auch noch einmal die eigentlich schon abgedeckten Fixkosten. Das führt in vielen Fällen dazu, dass zusätzliche Züge etwa am Abend für die Nahverkehrsbesteller zu teuer sind und sie deshalb gar nicht erst bestellt werden. Wer abends nicht aus der Großstadt zurück an seinen Wohnort kommt, fährt aber oft auch den Hinweg mit dem Auto. Die hohen Trassenpreise treiben Gütertransporte auf die Straße. Sie erschweren auch ganz erheblich die geplante Erweiterung des DB-Fernverkehrsangebots. Wenn die Trassenpreise für Fernzüge sogar noch massiv erhöht werden, ist das Ausbauprogramm für den Fernverkehr wohl nur noch Makulatur.

Eine Umstellung des Trassenpreissystems auf eine kostennähere Struktur, die Mehrverkehr auf der Schiene nicht mit unsinnigen Kosten belastet, ist dringend geboten. Teilweise könnte dies sogar ohne zusätzliches Geld durch eine Umbuchung bei den Finanzströmen zwischen Bund, Ländern und DB geschehen, wenn nämlich Mittel, die schon heute letztlich vom Bund an DB Netz fließen, nicht den Umweg über die Regionalisierungsmittel nehmen, sondern direkt für eine Senkung der Trassenpreise verwendet würden. Beim Güter- und Fernverkehr müsste aber der Bund einen höheren Anteil der Fixkosten des DB-Netzes übernehmen als bisher. Als Beitrag zur Entlastung der Straßen und zum Klimaschutz wäre dies zweifellos gerechtfertigt und umweltpolitisch gut angelegtes Geld.