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22.01.2016
Die Rheinpfalz

Ein Bahnhof wie eine Stadtvilla aus den 1870ern

Interview: Warum der Denkmalpfleger Martin Wenz das Bahnhofsgebäude in Falkenbusch gekauft hat – Räume für Tagungen, Lesungen, und Ausstellungen

Dellfeld. Martin Wenz, gebürtiger Pirmasenser und Gebietsreferent in der Bau- und Kunstdenkmalpflege beim Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg in Karlsruhe, ist seit einiger Zeit der neue Eigentümer des Bahnhofsgebäudes in Dellfeld-Falkenbusch (wir berichteten am 25. und 27. November). Wie er dazu kam, das ehemalige Empfangsgebäude zu kaufen, welche Bedeutung es für ihn hat und was er damit vorhat, hat er RHEINPFALZ-Mitarbeiterin Claudia Heller verraten.

Seit wann genau gehört der Bahnhof Ihnen? Offiziell bin ich seit der Schlüsselübergabe im Juli der Eigentümer. Den Kaufvertrag habe ich aber schon im Mai unterschrieben.

Wie kamen Sie auf die Idee, ein ehemaliges Bahnhofsgebäude zu kaufen? Ich habe mich schon immer für Eisenbahnen und die Architektur des 19. Jahrhunderts interessiert. Und ich wollte schon immer ein historisches Gebäude an dieser Eisenbahnstrecke besitzen. Der Bautyp, wie er in Dellfeld vorkommt, wurde damals speziell für diese Strecke entwickelt.

Wieso haben Sie sich für den Bahnhof in Falkenbusch entschieden? Das war eigentlich eine spontane Entscheidung im Januar vergangenen Jahres. Da habe ich erfahren, dass der Dellfelder Bahnhof verkauft werden soll. Ich konnte das zuerst gar nicht glauben. Ich war auch schon mal dran, das Stellwerk in Thaleischweiler zu kaufen, aber damals wollte die Deutsche Bahn dieses nicht hergeben. Und im Nachhinein muss ich sagen, ist mir der Dellfelder Bahnhof lieber. Und ich habe hier Freunde, die sich in meiner Abwesenheit um das Gebäude kümmern.

Was ist das Besondere am Dellfelder Gebäude? Das Dellfelder Empfangsgebäude ist seit seiner Eröffnung vor 140 Jahren in Betrieb, das heutige, inzwischen seltene Einheitsstellwerk der Deutschen Reichsbahn entstand 1938 und versieht seit damals seinen Dienst. Und dadurch, dass es ein Kreuzungsbahnhof ist, gehört er zu den wichtigsten an der Eisenbahnstrecke. Zudem ist das Gebäude noch sehr gut erhalten und gut erreichbar. So hat man mehr Möglichkeiten, die Immobilie zu nutzen, auch weil darin zwei recht passable Wohnungen sind. Das Dachgeschoss ist ja schon seit vielen Jahren vermietet.

Möchten Sie das Gebäude später einmal als Alterswohnsitz nutzen? Nein, ich habe nicht vor, dort selbst einzuziehen. Dass ich das ehemalige Empfangsgebäude gekauft habe, hat vielmehr ideelle Gründe. Außerdem: Andere kaufen sich vielleicht Segelboote oder Motorjachten, um ihrem Hobby zu frönen. Ich als Eisenbahninteressierter habe dann eben einen Bahnhof erworben.

Welche Pläne haben Sie für das Gebäude? Ich kann mir eine halböffentliche Nutzung ganz gut vorstellen. Zum Beispiel könnten dort kleinere Tagungen abgehalten werden, oder die Räume könnten für Lesungen und Kunstausstellungen genutzt werden. Ich habe ein Zimmer im Obergeschoss mit einigen Möbeln aus der Zeit der Eröffnung des Gebäudes eingerichtet und außerdem im historischen Farbton gestrichen, um den Dellfelder Bahnhof museal präsentieren zu können.

Wann kann dieser Museumsteil besucht werden? Feste Öffnungszeiten wird es nicht geben. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das Gebäude zu bestimmten Anlässen besichtigt werden kann. Zum Beispiel nach Absprache oder am Tag des offenen Denkmals.

Ist denn das Bahnhofsgebäude als Kulturdenkmal ausgewiesen? Nein, das ist es trotz seiner bemerkenswert authentischen Erhaltung nicht. Und ich glaube auch nicht, dass das in Zukunft einmal der Fall sein wird. Das Gebäude wurde dennoch denkmalgerecht instand gesetzt.

In den vergangenen Monaten haben Sie gemeinsam mit weiteren Privatleuten das Gebäude renoviert. Musste viel wieder instand gesetzt werden? Das Gebäude ist in all den Jahren unverändert geblieben. Das haben wir so beibehalten. Die Substanz des Altbaus ist sehr gut erhalten, und auch die Statik ist intakt. Wir konnten sogar die originalen Türen und Fenster erhalten. Als erstes haben wir den Keller entrümpelt und das Dach instand setzen lassen. Dann haben wir die Wohnung im Obergeschoss renoviert. Da war einiges zu tun, es sah darin fast wie in einem Rohbau aus. Die Etage war durch einen Wasserschaden unbenutzbar, und beim Beseitigen des Schadens wurde auch die Wohnungsabschlusstür aufgebrochen. Außerdem hatte man das Stockwerk vom Wasser- und Stromnetz getrennt. Im Erdgeschoss haben wir bis vor kurzem noch die stark abgenutzt wirkende Empfangshalle renoviert, ebenso das Treppenhaus.

Haben Sie viel selbst gemacht? Zum Großteil haben wir alles selbst renoviert, nicht aus Kostengründen, sondern weil man dann alles so herrichten kann, wie man es selbst will. So konnten wir auch ein Teil des historischen Anstrichs im ersten Obergeschoss erhalten. Das Stück Wandfassung aus dem frühen 20. Jahrhundert habe ich mit einem Rahmen versehen, sodass es wie ein Bild wirkt. Es ist verblüffend, was man alles selbst machen kann; vor allem, wenn man ein gewisses Geschick und die nötige Erfahrung mitbringt. Man hätte noch viel mehr modernisieren können, doch war es mir wichtig, den Bestand zu schonen.

Welche Bedeutung hat das Gebäude für Sie als Denkmalpfleger? Der Dellfelder Bahnhof ist ein Zeitdokument. Das Gebäude war damals eine Innovation, sein Grundriss ist vergleichbar mit dem von Villen aus den 1870er Jahren. Das Dellfelder Gebäude ist also quasi eine städtische Villa im Außenbereich. Es zeigt, wie teuer und vornehm Stationsvorsteher damals wohnten. Außerdem verfügt dieses Empfangsgebäude als normierter Typenbau über fast alle architektonischen Elemente aus dem „Baukasten“ der Pfälzischen Eisenbahnen zur damaligen Zeit.

Und für Sie als Privatmann? Ich möchte nicht, dass die Geschichte des Dellfelder Bahnhofs ganz in Vergessenheit gerät. Die Gemeinde war und ist noch immer sehr stark mit dem Gebäude verbunden. Mein Ziel ist es, den Dellfeldern ihren Bahnhof zu erhalten. Ich sehe den Kauf aber auch als eine Art „Leuchtturmprojekt“, um zu zeigen, dass man auch ohne hohe Investitionen ein historisches Gebäude unter Erhaltung des Bestands wiederbeleben kann.