In neuem Fenster öffnen

14.01.2015
Pfälzischer Merkur
Zum Artikel

Auf dem Weg zur Sozialen Stadt am Wasser

Letzter Fallschirmjäger-Kommandeur würdigt auch Einsatz der Wirtschaft für Soldaten
Von Lutz Fröhlich

Das Fallschirmjägerbataillon 263 verabschiedet sich nach 33 Jahren am 26. März mit einem Appell auf dem Schlossplatz von den Zweibrückern. Kommandeur Constantin Spallek dankte gestern auch „für die hervorragende Zusammenarbeit mit den Repräsentanten aus Stadt, Wirtschaft, Kirche und öffentlichen Dienststellen“. Klar: Auch beim Zweibrücker Neujahrsempfang gestern Abend kam Oberbürgermeister Kurt Pirmann in seiner Rede nicht um den „Abschied mit Tränen“ vom Flughafen herum. Doch mit der Verurteilung der „Entscheidungswillkür“ der EU-Kommission war das Thema dann auch fast schon abgehakt.

Pirmann blickte stattdessen nach vorn: „Wir haben die politische Kraft zur Erneuerung und müssen den Bürgern ein klares Zukunftskonzept für die Region aufzeigen.“ Willy Brandt habe gesagt, dass jede Zeit eigene Antworten braucht, erinnerte Pirmann (beide SPD): „Daran wollen wir uns als Stadtrat halten.“ Es habe auch den interkommunalen Flugplatz-Zweckverband „immer ausgezeichnet, dass er die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit hatte“.

Es gebe „noch viel zu tun, um unsere Stadt von morgen heute zu gestalten“. 2015 werde „wieder ein Jahr der Veränderungen“. Pirmann nannte mehrere konkrete Vorhaben. So wolle man noch dieses Jahr mit den ersten Arbeiten für die „Stadt am Wasser“ beginnen. „Beleuchtungselemente in der Schillerstraße werden Anfang einer Gesamtentwicklung sein, die Zweibrücken als Wohnstadt in besonderem Maße stärkt.“ Dort solle das Schwarzbach-Ufer begehbar werden, der Bleicherbach „bespiel- und erlebbar“ und der Biergarten an der Schließ mit einer „Strandbar“ weiter aufgewertet.

Nachdem beim bisherigen Zweibrücker Sanierungsprogramm (Fußgängerzone, Alexanderplatz) „rein städtebauliche Aspekte im Vordergrund standen“, gehe es bei der „Sozialen Stadt“ darum, „auch soziale, ökonomische und beschäftigungsrelevante Faktoren gleichwertig ins Blickfeld zu rücken“. Pirmann wiederholte sein Versprechen einer „starken Einbindung der Bürger“, um „mit dem Programm ‚Soziale Stadt' eine neue Seite der Stadtentwicklung im Buch der Zukunft aufzuschlagen“.

Das Aus für den Flughafen sei Auslöser dafür gewesen, „dass uns die Aufnahme in das Programm ,Soziale Stadt' gelungen ist“, erinnerte Pirmann. Er sei „zuversichtlich“, gemeinsam mit dem Flughafen-Käufer Triwo mehr Arbeitsplätze zu schaffen, als durch die Flughafen-Insolvenz verloren gingen. Auch sonst zeigte sich Pirmann überzeugt, dass Zweibrücken eine gute Zukunft hat: „Die drei verbleibenden Säulen werden die Region auch ohne den Flughafen weiter tragen.“ Die Wirtschaft voranbringen werde auch der erfolgte Ausbau flächendeckend schnellen Internets in Zweibrücken.

Pirmann setzt „große Hoffnung in die in den nächsten Tagen erscheinende Kosten-Nutzen-Analyse zum Thema S-Bahn-Anbindung nach Homburg. Die bisher zu uns gedrungenen Signale lassen Hoffnung auf einen positiven Bewertungsspiegel erkennen.“ Ein Wermutstropfen sei die Gefahr, dass aufgrund eingefrorener Bundeszuschüsse das Saarland nicht zustimmen könnte.

Fest steht bereits, dass eine Pirmann-Forderung aus dem Kommunalwahlkampf 1979 am 1. Februar Wirklichkeit wird: Bürger aus Zweibrücken-Land können ihre Autos nun auch in der Stadt zulassen. Geprüft werde derzeit eine gemeinsame Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit dem Landkreis Südwestpfalz. Die „Stadt-Umland-Strategie“ beziehe sich zwar zunächst nur auf die südwestpfälzischen Nachbarn. Angesichts der Zentralität Zweibrückens für Teile des Bliesgaus gelte es, diesen aber auch nicht außer Acht zu lassen. Unterzeichnet hat Pirmann gestern bereits den Antrag, an einem Bundesprogramm teilzunehmen, um mit Homburg oder einer anderen saarländischen Nachbarstadt Lösungen für demografische Herausforderungen zu suchen.

Klar sprach sich Pirmann gegen einen Verlust der Kreisfreiheit Zweibrückens aus – dies würde die „wahren Probleme“, nämlich die Finanznot der Kommunen, nicht lösen. Zum letzten Mal hat ein Fallschirmjäger-Bataillonskommandeur beim Zweibrücker Neujahrsempfang geredet. Denn das Bataillon existiert nur noch drei Monate, erinnerte Oberstleutnant Constantin Spallek. Man befinde sich im „Endspurt zur Umstrukturierung“.

„Soviel Wehmut auch in der Auflösung des Bataillons liegen mag, so soll man ja auch immer die positiven Dinge in allen Veränderungen sehen. Zweibrücken behält weiterhin den Status als Garnisonsstadt, sogar mit einem leicht erhöhten Anteil an potenziellen Neubürgern, und mein Verband ändert letztlich lediglich seine Hausnummer.“ Anders als zunächst erwartet, blieben „die Kameraden dahinter mit Masse dieselben wie vorher und werden als Bürger, Nachbarn, Vereinsmitglied oder Freund weiterhin am Leben dieser Stadt teilnehmen.“ Die bisherigen Kompanien werden ab 1. April in das neue Fallschirmjägerregiment 26 überführt. „Die Auflösung der Aufklärungskompanie konnte glücklicherweise abgewehrt werden.“ Die Umstrukturierung dauere bis Ende September, „dann endet auch meine Zeit hier“.

Beim Neujahrsempfang 2014 hatte Spallek an die Zweibrücker Wirtschaft appelliert, Soldaten, die aufgrund der Umstrukturierung damals ihren Dienst in der Niederauerbach-Kaserne nicht verlängern konnten, „im Rahmen der Bewerbung eine faire Chance einzuräumen, denn die haben sie sich mehr als verdient!“ Gestern zog Spallek Bilanz: „Die Reaktionen haben mich überwältigt und tief beeindruckt. Wir wurden von Angeboten schier überhäuft, und Vertreter aus Industrie, Wirtschaft, Handel sowie unterschiedlicher Bildungsträger bis hin zum öffentlichen Dienst haben Interesse an meinen Männern und Frauen bekundet und viele Berufsmöglichkeiten aufgezeigt. Neben dem offenbar sehr hohen Stellenwert und der damit verbundenen Akzeptanz unserer Soldaten hat mir diese Reaktion auch sehr deutlich gezeigt, dass das viel gepriesene Zusammenleben der Bundeswehr mit den Bürgern dieser Stadt keine bloße Floskel, sondern tatsächlich auch mit Leben gefüllt ist.“ Ihm sei „nicht ein einziger Fall bekannt, wo einer meiner Männer oder Frauen in das soziale Netz gefallen ist“. Auf Merkur-Nachfrage ergänzte Spallek, insgesamt seien knapp 200 Soldaten in der Region untergekommen.