20.12.2011   Mannheimer Morgen
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Nahverkehr: Zweite Stufe soll statt bis 2015 erst drei Jahre später abgeschlossen sein / Kommunen befürchten Finanzierungsprobleme

S-Bahn-Ausbau verzögert sich bis 2018

Von unserem Redaktionsmitglied Michaela Roßner

Rhein-Neckar. Nicht Ende 2015, sondern erst Ende 2018 sollen die fünf Strecken der S-Bahn Rhein-Neckar auf der Nord-Süd-Achse betriebsbereit sein: Das hat die Deutsche Bahn AG gestern dem Verwaltungsrat des Zweckverbandes Verkehrsverbund Rhein-Neckar (ZRN) bekannt gegeben. Der Verkehrsverbund möchte nun prüfen, ob die Bahn damit gegen bestehende Verträge verstößt. Die betroffenen Gemeinden kämpfen für eine Überarbeitung des Bauzeitenplans und befürchten durch die Verzögerung finanziellen Schaden.

Als "nicht akzeptabel" bezeichnet ZRN-Vorsitzender Christian Specht den nun vorgelegten Zeitplan. Man habe den Verantwortlichen der Bahn als "Hausaufgabe" bis Jahresanfang aufgegeben, Alternativen auszuarbeiten - etwa verschiedene Bauwerke parallel zu realisieren oder anders zusammenzufassen. "Wir bestehen auf Vertragserfüllung", betont der Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner. Und Werner Schreiner, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar (VRN), fordert einen neuen Zeitplan, "der möglichst nah an den ursprünglich verabredeten Termin heranreicht". Und Matthias Wilkes, Landrat des Kreises Bergstraße, will "politisch Druck aufbauen", um die Verschiebung zu verhindern.

Umbau von 118 Bahnsteigkanten

Der zweite Ausbauabschnitt umfasst fünf Strecken: Ludwigshafen-Mainz, Mannheim/Friedrichsfeld-Darmstadt, Mannheim-Biblis, Mannheim-Karlsruhe (über Graben-Neudorf) und Heidelberg-Bruchsal. Insgesamt sind das 90 Bahnsteige an 47 Stationen, die auf einer Länge von 210 Metern auf eine Höhe von 76 Zentimetern gebracht werden müssen - 118 Bahnsteigkanten auf der Nord-Süd-Achse.

Eine Notiz aus dem Stuttgarter Landtag von Ende Oktober hatte die Verantwortlichen der Region alarmiert. Demnach überarbeite man den Rahmenplan für die Umsetzung der zweiten Ausbaustufe und schließe nicht aus, dass es bei einigen Abschnitten "zu zum Teil erheblichen Verzögerungen kommen" könne, referierte Specht gestern bei einem Pressegespräch im Mannheimer Stadthaus. Daraufhin habe man Bahnvertreter eingeladen, sich vor dem ZRN-Verwaltungsrat zu erklären. Eckart Fricke, Konzernbevollmächtigter der Bahn in Baden-Württemberg, redet nicht lange um den heißen Brei herum: Die zweite Ausbaustufe sei eine "bauliche und logistische Herausforderung". Die "Diskussionsgrundlage", die man dem ZRN vorstellte, sehe vor, dass erst Ende 2018 alles fertig sein wird.

Mit dem geänderten Investitionsrahmenplanentwurf des Bundes, der Bahn-Infrastrukturmaßnahmen im Volumen von etwa 220 Millionen Euro auf Eis legt - darunter Verschwenkungen im Mannheimer Westen und Osten sowie den Ausbau des Knotenpunktes Mannheimer Hauptbahnhof - habe die Verzöger-ung nichts zu tun: "Da habe ich mich extra heute Morgen noch beim Bundesministerium in Berlin versichert", erklärt Werner Schreiner,der eigentlich im Frühjahr den Betrieb der neuen Linien europaweit ausschreiben wollte. "Die Planungsabläufe haben deutlich länger gedauert als kalkuliert", sieht Bahnsprecher Fricke eine Hauptursache für den S-Bahn-Aufschub. Zusätzliche Anforderungen hätten sich laut Schreiner auch durch geänderte europäische Richtlinien ergeben. Der neue Zeitplan könnte den ZRN in Bedrängnis bringen: Bis 2019 müssen alle Projekte abgeschlossen und abgerechnet sein, die nach dem Bundes-GVFG-Programm gefördert werden. Ein Folgeprogramm ist nicht in Sicht.

Gute Nachrichten gibt es hingegen zum Umbau des S-Bahn-Haltes Mannheim-Friedrichsfeld: Die Kommunen haben eine noch im Juni vertagte Finanzierungsvereinbarung betroffen. Der Rhein-Neckar-Kreis trägt mit gut 1,4 Millionen Euro fast die Hälfte des Kommunalanteils, Heidelberg (116 000 Euro) und Mannheim (knapp 1,3 Millionen Euro) schultern die andere Hälfte. Insgesamt kostet der Ausbau 8,4 Millionen Euro.