16.06.2021
Die Rheinpfalz

Ein weiteres Land setzt auf Akku-Hybrid

In Brandenburg werden auf neun Linien Batteriefahrzeuge Dieseltriebwagen ablösen – Start in der Pfalz 2025
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Im regionalen Bahnverkehr zeichnet sich Stück für Stück ein Auslaufen des Diesel-Zeitalters ab. Dabei bestätigt sich der Trend zu Akku-Hybrid-Triebwagen, die Strom sowohl aus der Oberleitung, als auch aus einer Batterie ziehen können. Sie sollen auch in der Pfalz heute eingesetzte Dieselfahrzeuge ablösen.

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) hat mitgeteilt, dass im Netz Ostbrandenburg, zu dem zehn Regionalbahn-Linien gehören, auf neun Linien ab Ende 2024 Akku-Hybrid-Triebwagen eingesetzt werden sollen, und zwar die Batterieversion des Mireo von Siemens. Vorgesehen sind hier 26 Fahrzeuge vom Typ Mireo Plus B. Lediglich auf der Linie RB 26 von Berlin Ostkreuz über Müncheberg (Mark) nach Kostrzyn (Küstrin) werden auch weiterhin noch relativ neue Dieseltriebwagen des polnischen Herstellers Pesa eingesetzt. Deren Bestand wird von derzeit elf durch fünf Neufahrzeuge auf 16 Stück aufgestockt. Betrieben werden die Linien weiterhin von der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB), die sich bei der Ausschreibung des Betriebs in der Zeit von Dezember 2024 bis Dezember 2036 durchgesetzt hat.

Der künftige Einsatz des Batterie-Mireo in Brandenburg ist der zweite Erfolg in diesem Marktsegment für Siemens. Zuvor hatte sich der Münchner Technologiekonzern mit diesem Fahrzeug schon bei der badischen Ortenau-S-Bahn rund um Offenburg durchgesetzt. Hier soll der Betrieb im Dezember 2023 aufgenommen werden. Bestellt sind 20 Triebwagen. Inzwischen zeichnet sich ab, dass zusätzlich auch die zur Reaktivierung vorgesehene „Hermann Hesse-Bahn“ im Schwarzwald von Calw nach Weil der Stadt mit Fahrzeugen aus dem Pool der Ortenau-S-Bahn betrieben werden könnte.

Neben Siemens gibt es zwei weitere Fahrzeughersteller, denen bereits Bestellungen von Akku-Hybrid-Fahrzeugen vorliegen. Zum einen Stadler für das große Regionalnetz in Schleswig-Holstein. Für dieses Netz wurden 55 Flirt Akku bestellt.

Alstom liegt eine Bestellung von elf Coradia-Batterietriebwagen für die sächsische Strecke von Leipzig nach Chemnitz vor. Sie sollen dort ab Ende 2023 fahren.

In der Pfalz soll der Einsatz von Akku-Hybridtriebwagen Ende 2025 auf den Strecken von Neustadt über Landau nach Karlsruhe und von Pirmasens nach Saarbrücken beginnen. Ende 2026 sollen dann die Linien von Landau nach Pirmasens, von Winden nach Bad Bergzabern sowie von Kaiserslautern nach Pirmasens, Kusel und Lauterecken folgen.

Als Diesel-Nachfolger konkurrieren die Akku-Hybrid-Triebwagen mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen, die oft auch als Wasserstoffzüge bezeichnet werden. Alstom hatte hier schon relativ früh einen Prototyp des I-Lint am Start, der im Januar 2019 auch in Ludwigshafen vorgeführt wurde. Bestellungen für diesen Fahrzeugtyp gibt es aus Niedersachsen, wo die Züge in Salzgitter produziert werden und aus Hessen. Pläne gibt es nun auch für einen Einsatz von Wasserstoffzügen auf den Strecken von Rottenbach nach Katzhütte in Thüringen und von Mühldorf nach Burghausen und Passau in Bayern.

Kommentar: Abschied vom Diesel

Von Eckhard Buddruss

Der Streit um den Diesel ist für manche Autofahrer eine Glaubensfrage. Im Bahnverkehr läuft es pragmatischer. Ein Nachfolger zeichnet sich ab.

Mit jeder Verschärfung der Klimaschutzziele wird die Luft für den Verbrennungsmotor dünner. Teile der Autobranche versuchen immer noch, die Illusion zu nähren, dass synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) den Verbrennungsmotor retten könnten. Bei der Lobbyarbeit für die E-Fuels profilieren sich weniger die Autohersteller selbst als Zulieferer unter Führung von Bosch. Marktführer VW stellt demgegenüber klar, dass die E-Fuels, für deren Herstellung gigantische Mengen von Ökostrom gebraucht würden, allenfalls für Nischen taugen, aber keine realistische Perspektive für den Massenmarkt eröffnen. VW setzt deshalb klar auf batterieelektrische Fahrzeuge, die zwar auch ihre ökologischen Schattenseiten haben, aber immerhin einen relativ guten Wirkungsgrad aufweisen.

Im Schienenverkehr gibt es eine ähnliche Entwicklung. In Deutschland läuft der Bahnverkehr bereits größtenteils elektrisch, auch wenn es bei der weiterhin konkurrenzlos effizienten Leitungselektrifizierung immer noch Nachholbedarf gibt. Nachfolger der Dieseltriebwagen im Regionalverkehr werden vor allem Akku-Hybrid-Fahrzeuge sein, die auf elektrifizierten Abschnitten – wie in der Pfalz etwa auf dem Weg nach Kusel zwischen Kaiserslautern und Landstuhl – die Oberleitung nutzen können. Für Wasserstoffzüge bleibt wegen zu hoher Kosten wohl nur eine Nische.

Mit dem Trend zu Akku-Hybrid-Fahrzeugen kann der Schienenverkehr seinen Umweltvorteil weiter ausbauen. Angebracht wäre deshalb, diese Entwicklung deutlich stärker zu fördern, als das Bundesverkehrsministerium es bisher beabsichtigt. Es gibt für die Förderung der Infrastruktur auf solchen Netzen zwar einen Haushaltstitel, aber ähnlich wie bei der Leitungselektrifizierung ist er viel zu gering dotiert.