09.07.2020
SWR

Comeback der Schiene auch in Rheinland-Pfalz

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Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Allianz pro Schiene wollen stillgelegte Eisenbahnstrecken wieder in Betrieb nehmen. Mehrere Streckenabschnitte aus insgesamt acht Strecken in Rheinland-Pfalz kommen dafür in Frage.

Auf einer Pressekonferenz wurde am Donnerstag die erweiterte Liste vorgestellt: In ihrer Neuauflage der Reaktivierungsvorschläge sind im Vergleich zum Vorjahr 55 weitere Projekte mit einer Gesamtlänge von 963 Kilometern in ganz Deutschland hinzugekommen. Bei einer Umsetzung all dieser Vorschläge könnten "291 Städte und Gemeinden mit mehr als drei Millionen Menschen wieder ans deutsche Schienennetz angebunden werden", so Jörgen Boße, Vorsitzender des VDV-Ausschusses für Eisenbahninfrastruktur und Geschäftsführer der Usedomer Bäderbahn am Donnerstag. Auch Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, betonte: "Mit der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken können wir den jahrzehntelangen Rückzug der Schiene aus der Fläche stoppen und umdrehen."

Die Verbände schlagen bundesweit 238 Strecken mit insgesamt 4.016 km Länge vor, davon über 300 km in Rheinland-Pfalz gelegen, zur Reaktivierung vor. Es handelt sich unter anderem um drei Abschnitte der Eifelquerbahn, die von Andernach im Landkreis Mayen-Koblenz bis nach Gerolstein in die Vulkaneifel reicht, und die Trierer Weststrecke, die ausgebaut werden soll. Im diesem Fall hatte die rheinland-pfälzische Landesregierung im Koalitionsvertrag 2016 bereits angekündigt, sich für eine rasche Reaktivierung einsetzen zu wollen - ebenso wie bei der Aartalbahn südlich von Diez und bei der Strecke zwischen Homburg (Saarland) und Zweibrücken.

Die Gründe, aus denen die Strecken wieder befahren werden sollen, sind vielfältig: So geht es etwa sowohl um die Entlastung bestehender Verkehrswege in Ballungsräumen, als auch darum, "unterversorgte" Regionen besser an den Nahverkehr oder aber an bevölkerungsreiche Gebiete anzuschließen. Das ist zum Beispiel bei rund 60 km Strecke zwischen Langenlonsheim (Landkreis Bad Kreuznach) und Büchenbeuren (Rhein-Hunsrück-Kreis) der Fall: Hier wird die Reaktivierung empfohlen, um eine bessere Anbindung Richtung Mainz zu erreichen.

Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen

Wichtig sei, "das ganze Land" im Blick zu behalten, betonten VDV und Allianz pro Schien am Donnerstag: Nicht nur Großstädte und Ballungsräume oder der Fernverkehr. "In Deutschland leben rund 70 Prozent der Menschen in Mittel- und Kleinstädten oder im ländlichen Raum. Für diese große Mehrheit der Bevölkerung benötigen wir effiziente und umweltfreundliche Angebote im Schienenverkehr. Es geht dabei um Klimaschutz, aber auch um die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen", so Boße vom VDV.

Auch Flege betonte die Relevanz der Vorschläge: "Die Bundesregierung will bis 2030 die Fahrgastzahlen auf der Schiene verdoppeln und den Marktanteil des Schienengüterverkehrs auf 25 Prozent erhöhen." Dies könne nur mit einem konsequenten Ausbau der Infrastruktur funktionieren. Die Wiedernutzung stillgelegter Eisenbahnstrecken sei "unverzichtbarer Teil einer Wachstumsstrategie, die Schluss macht mit dem jahrzehntelangen Schrumpfen des Schienennetzes."

Reaktivierung "riesige Chance"

Innerhalb eines Jahres ist seit dem ersten Vorstoß der Verbände bundesweit auf sechs Strecken der Personenverkehr wieder aufgenommen worden. Laut der Allianz pro Schiene wurden zwischen 1994 und 2020 Verbindungen mit insgesamt 933 Kilometer Länge für den Personenverkehr und 364 Kilometer für den Güterverkehr wieder in Betrieb genommen. Allerdings habe man in diesem Zeitraum mit über 3.600 Kilometern deutlich mehr Strecken im Personenverkehr abbestellt als reaktiviert. Beim Güterverkehr falle der Saldo ebenfalls klar negativ aus. Insgesamt hat das Schienennetz derzeit eine Streckenlänge von rund 38.500 km - im Bahnreform-Jahr 1994 waren es noch 44.600 km.

In Rheinland-Pfalz wurde im Rahmen der Umsetzung des Rheinland-Pfalz Takt 2015 beispielsweise von 2014 bis 2016 die Ausbaustrecke (ABS) Luxemburg-Trier-Koblenz-Mainz zwischen den Betriebsstellen Igel und Igel-West zweigleisig ausgebaut


Allianz pro Schiene