29.11.2019
Die Rheinpfalz

Schimmel, Wasser, alte Leitungen

Im vergangenen Sommer kaufte die Gesellschaft für Wohnen und Bauen (Gewobau) das Zweibrücker Bahnhofsgebäude. Dank eines Kiosks wurde die Empfangshalle wieder mit Leben gefüllt. Das Gebäude ist jedoch in so schlechtem Zustand, dass ein mittlerer siebenstelliger Betrag notwendig wäre, um den Bahnhof auf Vordermann zu bringen.
Von Sven Holler

Bei der Eröffnung des DRK-Kiosks Bummelzug in der Empfangshalle des Bahnhofs vor einigen Wochen sprach Oberbürgermeister Marold Wosnitza von einer „Oase, in die man hineingehen möchte“. Mit vergleichsweise geringen Mitteln, rund 30 000 Euro, hatte die städtische Tochter in den Wochen und Monaten zuvor die Empfangshalle auf Vordermann gebracht: Wände wurden gestrichen, ein roter Kubus sowie der Kiosk in die Halle integriert, Holzbänke aufgestellt und Info-Tafeln an den Wänden angebracht. Auch Jörg Eschmann, Geschäftsführer der Gewobau, ist glücklich darüber, dass der Empfangshalle wieder Leben eingehaucht werden konnte. Die Post bestätigte zuletzt Gespräche, im Bahnhof eine zusätzliche Filiale einzurichten, die möglicherweise ebenfalls vom DRK betrieben werden könnte.

In seiner Rede wies Eschmann erneut auf ein Problem hin: Das Bahnhofsgebäude ist in keinem guten Zustand. Er schätzt, dass mindestens sechs Millionen Euro in Hand genommen werden müssten, um das Gebäude zu sanieren. Geld, das die Gewobau derzeit nicht in die Hand nehmen kann, zumal kein umfassendes Konzept für den Bahnhof vorhanden ist. Mit geringen Mitteln wolle man nach und nach das Gebäude sanieren, sagt Eschmann.

Für etwa 369 000 Euro hatte die städtische Tochter im vergangenen Jahr den Bahnhof von der Deutschen Bahn gekauft – auch auf Druck der Stadt und der Öffentlichkeit. Im OB-Wahlkampf sprachen sich Parteien für einen Kauf aus, da das Gebäude das Stadtbild präge. Weiterhin gab es eine Petition für den Erhalt der Empfangshalle. Ob sich die Gewobau das 1872 errichtete Bauwerk vor dem Kauf intensiv angeschaut hat, lässt Eschmann offen. War der Kauf ein Fehler? Eschmann wirkt hin- und hergerissen. „Ich bin froh, dass wir die Empfangshalle für Bürger und Reisende erhalten konnten.“ Allerdings hat sich die Gewobau mit dem Kauf einen weiteren gewaltigen Klotz ans Bein gebunden. Bei einem Rundgang spricht er aus, was offensichtlich ist: „Es gibt nahezu in jedem Raum etwas zu tun.“ Ausnahmen: Zwei der acht Wohnungen sind bewohnt, der Nebenraum der Gaststätte Tender ist renoviert. Dort finden regelmäßig Yoga-Kurse statt. Ein Taxi-Unternehmen hat Räume gemietet. Und in Obergeschoss hat eine Firma Räume bezogen. Aus alten Unterlagen geht hervor, dass die Bahn zuletzt in den 80er Jahren rund 200 000 D-Mark in den Bahnhof gesteckt hat. Die Deutsche Bahn ließ eine Anfrage nach zuletzt durchgeführten Sanierungsarbeiten am Bahnhof bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Toiletten sollen saniert werden Im gesamten Gebäude müssten die Elektroleitungen neu verlegt werden. „Die Elektrik stammt noch aus den 60er Jahren, ist nicht mehr zeitgemäß“, so Eschmann. Im ehemaligen Gasthaus Tender wird das deutlich. Die Starkstromleitungen ragen aus dem Boden, der Schaltschrank scheint aus einer anderen Zeit zu stammen. „Wer das sieht, weiß, wie viel man investieren müsste. Vermutlich hat man wegen des Bestandsschutzes alles so gelassen wie es ist“, ergänzt Hauswart Karsten Schubert. Soll heißen: Wenn die Gewobau an einer Stelle mit der Sanierung beginnt, müsste sie die Leitungen überall erneuern. Und das kostet viel Geld.

Im Obergeschoss und unter dem Dach zeigt sich, dass nicht alles Gute von oben kommt. „Nach dem Kauf hat der Dachdecker viele Lücken abgedichtet“, so Schubert. Der jüngste Regen verdeutlicht: mit mäßigem Erfolg. An mehreren Stellen tropft das Wasser ins Gebäude, in die nicht sanierten, leerstehenden Wohnungen. Ein voller Eimer zeugt von der Menge des eintretenden Wassers, ebenso verschimmelte, aufgequollene Tapeten und Wände. Eschmann sagte am Mittwoch, das Dach sei mittlerweile repariert und winterfest. Anders sieht es im Keller aus. „Nachdem wir das Gebäude übernommen hatten, mussten wir hier das Wasser abpumpen. Ein Wasserrohr war verrottet. Das ist mittlerweile repariert“, so Schubert. Zum Glück steht die Heizungsanlage auf einem kleinen Podest und wurde nicht beschädigt. Bei starkem Regen drückt sich dennoch das Wasser durch den Boden im Keller, auf dem teils schon Pilze wachsen. „Dass Wasser hier eindringt, werden wir ohne großen Aufwand auch nicht verhindern können“, weiß Eschmann.

Reisende und Besucher bekommen von den baulichen Mängeln nur wenig mit. Vom üblen Geruch der Toiletten aber schon. „Die Toiletten werden zweimal täglich gereinigt, und dennoch riecht es nach Urin“, so Eschmann. Seine Mitarbeiter hätten die Ursache ausgemacht: Die Wände seien einst von der Bahn nicht versiegelt worden. Der Geruch hänge in den Wänden. Derzeit werde gemeinsam mit der Stadt geprüft, was eine Erneuerung der Wände kostet, um den Gestank zu beseitigen.

Kommentar: Ein Millionengrab

Die städtische Tochter Gewobau hat sich mit dem Kauf des Bahnhofs keinen Gefallen getan. Sie wird über Jahre die finanziellen Lasten tragen müssen.
Von Sven Holler Die Gewobau hat sich mit dem Kauf des Bahnhofs keinen Gefallen getan. Sie wird jahrelang Geld in die Hand nehmen müssen, das sie sinnvoller hätte einsetzen können. Wer als Privatperson ein Haus kauft, nimmt das Objekt der Begierde in der Regel genau unter die Lupe. Dass eines Tages trotzdem böse Überraschungen zutage gefördert werden, kann man nie ausschließen. Beim Bahnhofsgebäude sind die Schäden so offensichtlich, dass die Gesellschaft für Wohnen und Bauen hätte genauer hinschauen können und müssen. Stichwort: verrottete und defekte Wasserleitungen im Keller. Gewobau-Chef Jörg Eschmann lässt die Frage offen, ob sich vor dem Kauf überhaupt jemand das Gebäude genauer angeschaut hat.

Von Parteivertretern, der Öffentlichkeit und der Stadt unter Druck gesetzt, ist die Gewobau einmal mehr in die Bresche gesprungen. Nach der Fasanerie und dem alten Finanzamt hat sie sich einen weiteren schweren Klotz ans Bein gebunden. Dieser Klotz wird in den kommenden Jahren, vielleicht Jahrzehnten, Millionen verschlingen. Ob sechs Millionen überhaupt ausreichen, um das Gebäude auf Vordermann zu bringen, sei dahingestellt. Dieses Geld hätte die Gewobau sinnvoller einsetzen können, beispielsweise um Mietwohnungen zu sanieren. Das ist das Kerngeschäft der Gewobau, darauf sollte sie sich konzentrieren und sich nicht wieder zu einem unüberlegten Kauf verführen lassen.