18.11.2019
Die Rheinpfalz

Grenzland-Historie auf Schienen

1848 rollte zwischen Homburg und Kaiserslautern der erste Zug auf dem Gebiet des heutigen Saarlandes. Jetzt hat der Fahrdienstleiter Florian Bender aus Blieskastel das Buch „Eisenbahnen im Saarpfalz-Kreis“ geschrieben. Mit rund 140 Fotos, viele davon bislang unveröffentlicht, zeichnet der Eisenbahn-Liebhaber die Geschichte von Ludwigsbahn, Bliestalbahn, Glantalbahn und Hornbachbahn nach.
Von Gerhard Müller

Blieskastel. Schon als Kind hatte sich Florian Bender für die Welt der Eisenbahnen begeistert. Seit 2013 ist der gelernte Tischler hauptberuflich als Fahrdienstleiter bei der Deutschen Bahn auf mehreren Stellwerken im Einsatz – anfangs in Zweibrücken, Biebermühle und Dellfeld, heute in Mettlach und Dillingen im Saarland. In jahrelanger Arbeit hat er sich ein privates Archiv mit Dokumenten und Fotos zur saarpfälzischen Eisenbahngeschichte aufgebaut. Das Buch, das er nun veröffentlicht hat, widmet er seinem Mitstreiter Rainer Schedler: Ohne dessen Idee und Foto-Schätze wäre das Werk nicht möglich gewesen. Kurz bevor sich das Duo an die Arbeit fürs Buch machen konnte, verstarb Rainer Schedler.

Bayerisch-preußischer Bahnzwist Rückblick: 1836 forderten die St. Ingberter Eisenwerks-Familie Krämer und die Neunkircher Gebrüder Stumm öffentlich die Verlängerung der seinerzeit geplanten Eisenbahnlinie Ludwigshafen - Bexbach weiter bis nach Saarbrücken. Damit wollte man die Kohle aus den Gruben im weitgehend preußisch verwalteten Saargebiet per Bahn effizient zu den Schifffahrtsrouten am Rhein transportieren. Doch gegen die Ausweitung der Trasse sperrte sich die seinerzeit bayerische Verwaltung der Pfalz, durch die ja der Großteil der damals neuen Ludwigsbahn-Schienenstrecke bis Homburg und Bexbach führte.

In seinem Buch „Eisenbahnen im Saarpfalz-Kreis“ schreibt Florian Bender, dass ihn die aktuelle Debatte um die Wiederbelebung der Bahntrasse von Homburg nach Zweibrücken stark an den alten bayerisch-preußischen Zwist von 1836 erinnere. Ausdrücklich lobt der Autor in dieser Angelegenheit den heutigen Einsatz des Zweibrücker Vereins zur Förderung des Schienenverkehrs. Wer sich für die seit 1989 brach liegende Gleisverbindung zwischen Homburg und Zweibrücken interessiert, findet in Benders Werk zahlreiche Farbfotos, die diese Trasse noch im Betrieb zeigen. Da rollen Züge in die Haltepunkte Beeden, Schwarzenacker und Einöd ein, da kann man einem Nahverkehrszug bei einer seiner letzten Fahrten im April 1988 auf freier Strecke bei Schwarzenacker zuschauen.

Als Reinheim einen Bahnhof hatte Seit Walter Weber im Jahr 2000 ein ausführliches Werk über die Bliestalbahn veröffentlicht hat, erfährt dieses stillgelegte Gleis zwischen Zweibrücken, Blieskastel und Saargemünd in Florian Benders Druck-Erzeugnis nun erstmals wieder eine breitere Würdigung. Bewusst setzt der 1988 geborene Bahn-Enthusiast aus Blieskastel in seinem Buch vor allem auf Fotos: Diese lassen den versunken Alltag an den Bahnhöfen Blickweiler, Bliesdalheim, Reinheim und am damals noch florierenden Kalkbergwerk Gersheim wieder auferstehen. Heute liegen auf dieser Route keine Bahngleise mehr: Seit dem Jahr 2000 verläuft dort der bei Radfahrern und Inline-Skatern sehr beliebte Bliestal-Freizeitweg.

Bei der Suche nach einer Auto-Trasse, die demnächst den Lkw-Werksverkehr von Michelin, Bosch und Schaeffler möglichst rasch auf die Autobahn 6 befördern soll, ist in jüngster Zeit der stillgelegte Schienenstrang von Homburg über Erbach und Waldmohr bis nach Kusel wieder in den Blick geraten. Die Idee, bei Erbach ein Stück dieser alten Glantal-Trasse zum Autobahn-Zubringer umzubauen, scheint bei Planern aber auf wenig Gegenliebe zu stoßen. Florian Bender beschreibt in seinem Eisenbahn-Buch, dass über diese Glantalbahn im Ersten Weltkrieg Mitte August 1914 jeden Tag 60 Militärzüge aus der Posener Gegend gerollt sind. Am 15. Juli 1996 wurde die Glantalbahn endgültig dicht gemacht; seither ist etwa das Waldmohrer Bahnhofsgebäude in einen Dornröschenschlaf verfallen.

Weitere Kapitel des Werks beschäftigen sich in Texten und Bildern mit den Strecken Homburg - Hassel - St. Ingbert, mit der Hornbachbahn zwischen Zweibrücken und Brenschelbach sowie mit der immer noch rege genutzten Gleisverbindung Homburg - St. Ingbert - Saarbrücken.

Florian Bender, der sich in seiner Freizeit auch als Zugführer und Schaffner bei privaten Sonderfahrten betätigt, beschreibt in seinem Buch alle Strecken und das dort eingesetzte Zugmaterial auf dem Gebiet des heutigen Saarpfalz-Kreises – von den Anfängen mit der Ludwigsbahn unter bayerischer, preußischer, französischer und deutscher Regie bis in die heutigen Tage. Fotos der früheren Zollbahnhöfe und des Bahn-Betriebswerks Homburg runden die sentimentale Bilderreise durch die regionale Eisenbahngeschichte ab.

Info
Florian Bender: Eisenbahnen im Saarpfalz-Kreis. 128 Seiten mit etwa 140 Abbildungen. Preis: 19,99 Euro. Sutton-Verlag Erfurt, ISBN 978-3-96303-046-8.
Am Donnerstag, 21. November, 18 Uhr, stellt der Autor Florian Bender in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Blieskastel sein Buch im Foyer der Bliesgau-Festhalle Blieskastel vor. Der Eintritt ist frei.