01.07.2019
Die Rheinpfalz

Baubeginn 2023?

Die S-Bahn nach Zweibrücken kommt, das ist beschlossen. Läuft alles glatt, kann wohl 2023 mit dem Bau begonnen werden. Wann der erste Zug von Homburg in die Rosenstadt fährt, darauf wollen sich Zweckverband Schienenpersonennahverkehr und Verkehrsverbund Rhein-Neckar noch nicht festlegen. Die Bundestagsabgeordnete Anita Schäfer ist da weniger zurückhaltend.
von Sven Holler und Eckhard Buddruss

„Ich wette 50 Liter Pils darauf – geliefert mit der S-Bahn –, dass ich noch während meiner Amtszeit mit der S-Bahn von Zweibrücken nach Homburg fahren werde.“ Für diesen Satz erhielt Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) bei seiner Neujahrsansprache viel Beifall. Wosnitza ist noch bis 2026 im Amt. Ob es mit der Bier-Lieferung auf der 1989 für den Personenverkehr stillgelegten Strecke tatsächlich klappt, darauf wollen sich weder der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) noch der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr (ZSPNV) Rheinland-Pfalz Süd festlegen. Die Bundestagsabgeordnete Anita Schäfer (CDU) erwartet, dass die S-Bahnstrecke im Frühjahr 2025 in Betrieb gehen kann. Diesen Zeitplan hätten ihr der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) bestätigt, heißt es in einer Mitteilung der Abgeordneten.

Weil die Dauer des Genehmigungsverfahrens nur schwer abzuschätzen sei, sind der ZSPNV und der VRN mit Prognosen über die erste S-Bahn-Fahrt von Homburg nach Zweibrücken vorsichtig.

Baubeginn Mitte 2023 möglich Etwas konkreter werden VRN und ZSPNV mit Blick auf einen möglichen Baubeginn. Derzeit werde die Entwurfsplanung von einem Ingenieurbüro aus München erstellt. Mit einem Ergebnis sei bis Anfang 2020 zu rechnen, sagte VRN-Sprecher Axel Thiemann. Wenn der in einer Nutzen-Kosten-Untersuchung ermittelte volkswirtschaftliche Nutzen trotz eventuell gestiegener Kosten gegeben ist, wird voraussichtlich im Herbst 2020 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. „Ganz vereinfacht heißt das: Jetzt werden alle Planungsunterlagen vorbereitet und zusammengetragen, dann geht’s an die Genehmigung“, sagte Thiemann. Zuständig für die Genehmigung sei das Eisenbahnbundesamt (EBA). „Bei einem optimalen Projektverlauf kann mit dem Ausbau der Strecke Mitte 2023 begonnen werden“, so der VRN-Sprecher.

Michael Heilmann, Verbandsdirektor des ZSPNV, hält die Einschätzung seines VRN-Kollegen für realistisch, sofern im weiteren Verfahren alles glatt läuft. Die Dauer des Verfahrens hängt Heilmann und Thiemann zufolge auch von der Anzahl der Einwendungen ab. Theoretisch könnten alle, die von dem Vorhaben betroffen sind, zum Beispiel Eigentümer von Grundstücken entlang der künftigen S-Bahn-Strecke, Einwände erheben und sogar gegen das Vorhaben klagen.

Bei der Versammlung des Zweckverbands Verkehrsverbund Rhein-Neckar (ZRN) am vergangenen Donnerstag in Mannheim herrschte in Sachen S-Bahn nach Zweibrücken Zuversicht. In der Präsentation des Sachstands beim Ausbau der diversen S-Bahn-Linien hatte der Abschnitt Homburg–Zweibrücken die Ampelfarbe Grün.

Genaue Kosten noch unklar Wie hoch die Kosten für den Bau der rund elf Kilometer langen S-Bahn-Strecke sind, können sowohl Heilmann als auch Thiemann nicht genau sagen. Die letzte Kostenschätzung stammt aus dem Jahr 2017. Damals ging man von rund 31 Millionen Euro aus. „Erst nach Vorlage der Entwurfsplanung, also voraussichtlich im kommenden Jahr, liegt eine verlässlichere Kostenrechnung vor“, so Thiemann. Das Projekt wird über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) des Bundes gefördert. 60 Prozent der zuwendungsfähigen Baukosten werden Heilmann zufolge vom Bund gestemmt, ein Viertel der Kosten tragen die Länder Rheinland-Pfalz und das Saarland, 15 Prozent entfallen in Rheinland-Pfalz auf die kommunale Seite, die außerdem die Planungskosten tragen muss.

Etappen des Projekts Seit Ende 2006 fährt die Ende 2003 gestartete S-Bahn Rhein-Neckar bis nach Homburg. Seitdem wird verstärkt die Verlängerung nach Zweibrücken diskutiert. Am meisten interessiert daran ist die Stadt Zweibrücken, ein Großteil der rund elf Kilometer langen Strecke liegt aber auf saarländischem Gebiet, darunter die 7,5 Kilometer zwischen Homburg und Einöd, die stillgelegt sind. In Einöd trifft das stillgelegte Gleis aus Homburg auf die Strecke Saarbrücken–Zweibrücken.

Bewegung kam in die Angelegenheit erst, als Mitte Dezember 2010 der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) anbot, einen Teil der auf das saarländische Territorium entfallenden Kosten zu übernehmen. Mit einem einstimmigen Landtagsbeschluss vom 25. Februar 2011 wurde die S-Bahn nach Zweibrücken dann zu einem vorrangigen Ziel der rheinland-pfälzischen Landespolitik.

Eine große Hürde wurde überwunden, als 2016 entschieden wurde, in welcher Höhe den Ländern künftig Mittel für den regionalen Schienenverkehr zur Verfügung stehen. Aus einem 200-Millionen-Euro-Zusatztopf, der Nachteile eines neuen Verteilungsschlüssels vor allem für die neuen Bundesländer ausgleichen soll, erhält das Saarland Jahr jährlich eine Million Euro zusätzlich. Diese Zusatzmittel erleichterten der saarländischen Regierung die Zustimmung zu dem S-Bahn-Projekt. Kurz vor Weihnachten 2016 einigten sich die Verkehrsminister aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland, Volker Wissing (FDP) und Anke Rehlinger (SPD), die S-Bahn-Planungen weiter voranzutreiben. Rund einen Monat später beschloss das Mainzer Kabinett, dem Saarland anzubieten, dass Rheinland-Pfalz sowohl bei den Investitionen als auch bei den Betriebskosten für 20 Jahre die Hälfte der auf den saarländischen Streckenanteil entfallenden Beträge übernimmt. Im Februar 2017 nahm das Saarland das „faire Angebot“ – so bezeichnete die damalige Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) die rheinland-pfälzische Offerte – an.