01.06.2019
Die Rheinpfalz

Leitartikel: Der ignorierte Silberjubilar

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Von Eckhard Buddruss

25 Jahre Rheinland-Pfalz-Takt sind eigentlich ein Grund zum Feiern. Dass dies ausblieb, könnte mit Plänen des Mainzer Wirtschaftsministeriums zu tun haben, beim Bahnverkehr Landräte und Oberbürgermeister zu entmachten.

Vor 25 Jahre startete mit dem Fahrplanwechsel Ende Mai der Rheinland-Pfalz-Takt. Gleichzeitig wurde zwischen Grünstadt und Eisenberg erstmals in Deutschland eine stillgelegte Bahnstrecke für den Personenverkehr reaktiviert. Ein Vierteljahrhundert später ist Rheinland-Pfalz im Rückblick sowohl beim landesweiten integralen Taktfahrplan als auch bei der Streckenreaktivierung Pionier und Trendsetter gewesen. Andere Bundesländer von Baden-Württemberg über Nordrhein-Westfalen bis Bayern sind dem Beispiel gefolgt. Bei keinem anderen Thema steht Rheinland-Pfalz im Bundesländervergleich so gut da.

25 Jahre Rheinland-Pfalz-Takt wären also ein Grund zum Feiern. Vor fünf Jahren gab es beim 20-Jahre -Jubiläum eines der für Rheinland-Pfalz (bisher) typischen Dampfzug-Spektakel, die stets ein großer Publikumserfolg sind. In diesem Jahr gab es – überhaupt nichts.

Erstaunlich ist vor allem, dass die FDP-Spitze des Mainzer Wirtschaftsministerium sich die Gelegenheit entgehen ließ, an die bleibenden Verdienste von Rainer Brüderle zu erinnern, der wohl immer noch der bekannteste rheinland-pfälzische FDP-Politiker ist, auch wenn seine Karriere in der Bundespolitik – vorsichtig ausgedrückt – nicht mehr so glänzend verlief wie in seiner Zeit als Superminister in Mainz, in der er sich bundesweit einen Namen als innovativer und erfolgreicher Bahnpolitiker machte. Ein Grund für die ausgebliebene Jubiläumsfeier könnte sein, dass ein Erinnern an die Zeit vor 25 Jahren im Mainzer Wirtschaftsministerium derzeit als nicht opportun gilt. Es gäbe dann nämlich allen Anlass, auch an die wichtige Rolle der beiden Landräte Winfried Werner (Donnersbergkreis, SPD) und Georg Kalbfuß (Kreis Bad Dürkheim, SPD) zu erinnern. Insbesondere der Kreis Bad Dürkheim hatte beim Start des Rheinland-Pfalz-Takts zentrale Bedeutung und gerade sein Landrat Kalbfuß war eine Schlüsselfigur. Kalbfuß wurde 1996 dann folgerichtig der erste Vorsteher des Zweckverbands Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd in Kaiserslautern, der für den regionalen Zugverkehr zuständig ist. In den beiden Zweckverbänden mit Sitz in Kaiserslautern und Koblenz haben vor allem Landkreise und kreisfreie Städte das Sagen, das Land hat wie sie nur eine Stimme in der Versammlung.

Nun gibt es nach RHEINPFALZ-Informationen im Mainzer Wirtschaftsministerium Pläne, die Landräte und Oberbürgermeister bei diesem Thema de facto zu entmachten. Die Pläne sehen vor, die beiden Zweckverbände in Kaiserslautern und Koblenz zusammenzulegen und dem Mainzer Ministerium im fusionierten Zweckverband fast die Hälfte der Stimmen zu verschaffen. Diese Pläne sind weder durch den Koalitionsvertrag der Ampelkoalition gedeckt, noch in der Sache sinnvoll. Abstimmungsprobleme zwischen den beiden Zweckverbänden, die Argumente für eine Fusion sein könnten, gibt es in der Praxis so gut wie gar nicht. Derartige Ideen stammen aus einer Zeit Anfang 2003, als es im Mainzer Wirtschaftsministerium Pläne gab, das Zugangebot in der Pfalz radikal zu reduzieren. Die Existenz des Zweckverbands in Kaiserslautern erwies sich damals als großes Hindernis für die Umsetzung solcher Pläne. Seitdem ist die Forderung, die Schienenverkehr-Zweckverbände aufzulösen, immer mal wieder in FDP-Wahlprogrammen aufgetaucht – bisher allerdings aus guten Gründen ohne Chance auf Realisierung.

Was sich Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) von einer solchen Initiative versprechen könnte, ist völlig unklar. Sein Vorgänger Hans Artur Bauckhage (FDP) ließ derartige Pläne Anfang 2003 schnell fallen, als sich abzeichnete, welchen Ärger ihm dies eintragen würde. Die Bedeutung des regionalen Bahnverkehrs ist seitdem sicher nicht geringer geworden.