26.05.2018
Die Rheinpfalz

S 6 verbindet Pfalz und Mainz

Ab 10. Juni wird Regionalbahn-Linie Teil der S-Bahn Rhein-Neckar – 2019 kommt täglicher Halbstundentakt
Von Eckhard Buddruss

Worms. Am 10. Juni beginnt auf der Linie von Mannheim über Ludwigshafen, Frankenthal und Worms nach Mainz der S-Bahn-Betrieb. Der Fahrplan bleibt zunächst weitgehend unverändert. Mit dem Jahresfahrplanwechsel am 9. Dezember wird ein täglicher Halbstundentakt auf der kompletten Linie von Mannheim nach Mainz eingeführt.

Das neue Zugangebot wurde gestern in Worms von Andy Becht (FDP), Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, dem Wormser Oberbürgermeister Michael Kissel (SPD) und Fritz Brechtel (CDU), Vorsteher des für den regionalen Bahnverkehr in der Pfalz zuständigen Zweckverbands, vorgestellt.Becht verwies dabei auf die Bedeutung der Stadt-Umland-Beziehungen, für die gerade die S-Bahn eine große Rolle spiele. Rheinland-Pfalz habe den Anspruch, das Leben in ländlichen Räumen gleichwertig zu gestalten. Kissel sagte, es sei die Aufgabe der Politik, durch einen attraktiven Schienenverkehr Städte und Umwelt zu entlasten. Brechtel betonte, angesichts verstopfter Straßen müsse die Bahn eine größere Rolle spielen. Die absehbaren Staus auf den Straßen durch Bauarbeiten bei Wörth und in Ludwigshafen seien ein zusätzlicher Grund, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern.

Auf der künftigen S-Bahn-Linie werden Triebwagen eingesetzt, die in den vergangenen Monaten renoviert und auf den Standard der Fahrzeuge gebracht wurden, die auf den Rhein-Neckar-S-Bahn-Linien S 1 bis S 4 fahren. Wichtigste Verbesserung ist dabei ein Einstiegsbereich, der ein stufenfreies Betreten von den 76 Zentimeter hohen S-Bahnsteigen erlaubt. Bei einigen wenigen Zügen auf der Strecke nach Mainz werden auch künftig Fahrzeuge mit Einstiegsstufe eingesetzt, weil die Züge auch an Stationen südlich von Mannheim halten, die noch nicht auf S-Bahn-Standard gebracht worden sind.

An den Fahrpreisen ändert sich durch den S-Bahn-Betrieb nichts. Die Gesamtnetztickets des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar (VRN) wie das Job-Ticket oder die Karte ab 60 gelten weiterhin auf der Strecke nach Mainz nur bis nach Guntersblum.

Auf der Linie zwischen Mannheim und Mainz wurden die Verbesserungen, die die S-Bahn bringt, in den vergangenen Jahren nach und nach stufenweise eingeführt. Nachdem nun fast nur noch Triebwagen fahren, die zu den S-Bahnsteigen passen, wird ab 10. Juni auch die Marke S-Bahn verwendet. In Baden-Württemberg war man bei den Strecken von Heidelberg nach Eppingen und Aglasterhausen nicht ganz so anspruchsvoll und hat den Begriff S-Bahn schon seit Ende 2009 verwendet, obwohl dort immer noch Fahrzeuge eingesetzte werden, die nicht optimal zu den S-Bahnsteigen passen.

Die größte Verbesserung, die erst nach dem Etikettenwechsel zur S 6 kommt, ist der tägliche Halbstundentakt auf der kompletten Strecke ab Dezember. Bisher gibt es den täglichen Halbstundentakt nur zwischen Mannheim und Worms.

Frankenthal hat dann täglich im Halbstundentakt S-Bahn-Züge nach Mainz. Allerdings ist einer der beiden Züge für die Fahrt in die Landeshauptstadt kaum von Interesse, weil er in Worms von einem Regional-Express (RE) überholt wird. Frankenthal hat stündlich einen schnellen RE, der auf dem Weg nach Mainz nur in Worms hält. Auch Ludwigshafen hat stündlich einen RE nach Mainz, der allerdings abwechselnd in Ludwigshafen Mitte und am Hauptbahnhof hält.

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2021 sollen auf der S 6 von Mannheim nach Mainz neue Mireo-Triebwagen eingesetzt werden, deren Einsatz auf den neuen rechtsrheinischen Strecken der S-Bahn Rhein-Neckar bereits ein Jahr vorher beginnt. Dabei handelt es sich neben der S 5 nach Eppingen mit dem Abzweig nach Aglasterhausen um die S 6 nach Bensheim, die S 8 nach Karlsruhe über Hockenheim und Graben-Neudorf sowie die S 9 nach Groß Rohrheim über Biblis.

Leitartikel: Die Zugkraft der S-Bahn

Von Eckhard Buddruss

Auf der Strecke von Mannheim über Ludwigshafen und Frankenthal nach Mainz ist die Aufnahme des S-Bahn-Betriebs eine wichtige Etappe in einem langen Prozess. Die zugkräftige Marke S-Bahn macht das Angebot attraktiver.

Vor fast genau 60 Jahren, am 1. Juni 1958, wurde auf der Bahnstrecke zwischen Worms und Koblenz der elektrische Betrieb aufgenommen. Das war eine wichtige Etappe auf dem 1959 erfolgten Lückenschluss zwischen Süddeutschland und dem Ruhrgebiet. Fast genau 60 Jahre später beginnt nun auf der Strecke von Mannheim über Worms nach Mainz das S-Bahn-Zeitalter. Anders als vor 60 Jahren bedeutet das für den Bahnbetrieb allerdings keinen Einschnitt. Es ändert sich nämlich zunächst einmal so gut wie gar nichts. Das liegt daran, dass auf dieser Strecke schon seit Jahren ein gleitender Übergang zur S-Bahn im Gange ist. Zuerst wurden nach und nach die lokbespannten Garnituren durch Triebwagen der Baureihe 425 ersetzt, die den Fahrzeugen der S-Bahn Rhein-Neckar ähneln. Dann wurden in jahrelanger Arbeit, die gerade in Frankenthal alles andere als komplikationslos verlief, die Bahnsteige an der Strecke auf S-Bahn-Niveau gebracht. Schließlich wurden rund 15 Triebwagen der Baureihe 425 für den Einsatz auf der Linie Mannheim–Mainz nach S-Bahn-Standard modernisiert. Damit sind nun die Voraussetzungen für einen Etikettenwechsel von Regionalbahn auf S-Bahn gegeben.

Die Erfahrungen seit 2003 haben gezeigt, dass der Begriff S-Bahn unabhängig von den konkreten Verbesserungen, die damit verbunden sind, eine spezifische Zugkraft hat. Auf der Strecke von Mannheim nach Kaiserslautern hat der Rheinland-Pfalz-Takt schon 1994 einen täglichen Halbstundentakt und erhebliche Fahrgastzuwächse gebracht. Als hier Ende 2003 die S-Bahn eingeführt wurde, brachte sie beim Fahrplan keine großen Verbesserungen mehr. Dennoch gab es weitere deutliche Fahrgastzuwächse, weil viele Autofahrer offenbar erst durch den Begriff S-Bahn dazu veranlasst wurden, auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen.

Die S-Bahn Rhein-Neckar ist eine Erfolgsgeschichte, auch wenn die anfangs sehr gute Pünktlichkeit in den vergangenen Jahren oft stark unter den Bauarbeiten auf der Pfälzer Ost-West-Hauptstrecke gelitten hat. In der Pfalz wurde nach dem Start mit den Linien von Mannheim nach Kaiserslautern und Speyer im Dezember 2003 dass Netz schon drei Jahre später durch die Verlängerung der Speyerer Linie nach Germersheim und der Kaiserslauterer Linie nach Homburg erweitert. Ende 2011 folgte der Abschnitt von Germersheim über Graben-Neudorf nach Bruchsal.

In diesem Jahr steht nun außer dem Etikettenwechsel zur S 6 auf der Linie von Mannheim über Ludwigshafen und Frankenthal nach Mainz die Integration der BASF ins S-Bahn-System an.

Beschlossen ist auch die Verlängerung der heute in Homburg endenden S-Bahn-Linie nach Zweibrücken. Der noch vor gut einem Jahr für eine Inbetriebnahme in Aussicht stehende Termin Ende 2021 ist aber nicht mehr zu halten; der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) hat zuletzt Ende 2024 genannt.

Ende 2023 eröffnet das Auslaufen des Stadtbahn-Verkehrsvertrags für die Strecke von Karlsruhe nach Germersheim neue Möglichkeiten dafür, dass die bisher in Germersheim endende S-Bahn-Linie über das derzeitige Ausmaß hinaus einen größeren Teil des Verkehrs zwischen Germersheim und Karlsruhe übernehmen könnte. Ein mögliches Modell dafür ist der aktuelle Betrieb auf dem Abschnitt zwischen Kaiserslautern und Homburg. Hier ergänzen sich für einen Teil der Halte die S-Bahn nach Homburg und die Regionalbahn von Saarbrücken nach Kaiserslautern zu einem etwa halbstündlichen Angebot.