14.05.2018
Die Rheinpfalz

„De Eenarmisch aus Ixem“ lochte die Fahrkarte

Der Sepp vom Hallplatz: Vom Zweibrücker Bahhof direkt nach München – Zollunterführung und täglich Suppe in der „Volkskich“

„Do is jo domols schunn de Mallmann faschd vezweifeld, wie weenich se sich in de Saarbrigger Zentrale fa uns indressierd hann!“ Dabei ging es nur um eine Lapalie, die der damalige Zweibrücker Bahnhofsvorsteher Mallmann auf seiner Wunschliste hatte: Seit Wochen schon war die Bahnhofsuhr, wie übrigens aktuell wieder, eine „Standuhr“. Sie wurde aber nicht repariert, so sehr der engagierte „Bahner“ auch drängte. In jener Zeit hatte der Bahnhof noch genügend Kundschaft, die immer mal wieder in Bahnhofsnähe auf die Uhr blickte: „Langt’s noch?“ Dabei gab es damals – man glaubt es heute kaum – noch Züge, mit denen man direkt von Zweibrücken nach München fahren konnte!

Damals hatten schon moderne Zeiten begonnen: An der „Sperr“ war schon kein strenger „Lechelschesknipser“ mehr, und man konnte sogar durchs Hauptgebäude raus, welches nun zum Verkauf steht: Zuvor musste man ja – Ordnung muss sein! – neben dem Gebäude an den Fahrradständern mit Wellblechdach das Gelände verlassen.

Die Bahn, sie hatte auch Gesichter: Über lange Jahre „de Hüther Willi“, der sich geduldig für die Belange der Mitarbeiter einsetzte. Georg Wack und Erich Pein waren uns so vertraut wie der Fahrkartenschalter, die schmalen Pappdeckel und den Geldteller. „Leje ses do druff!“, lautete die knappe Anweisung. In den Nachkriegsjahren war „de Een-armisch aus Ixem“, der die Fahrkarten lochte, stadtbekannt, auch wenn man seinen Namen niemals wusste.

Im Gebäude gab’s noch einen „Wartesaal dritter Klasse“. Im Seitenteil des Gebäudes suchte man vor jeder Reise die Bahnfracht auf, „fa de Koffer uffzegewwe“, der zuverlässig wie von Geisterhand getragen am Urlaubsort ankam. Auch wenn der Bahner zuvor in einem dicken Buch nachschauen musste, ob es dieses Villeneuve-Loubet Plage in Frankreich wirklich gab. Gab es nicht. Im dicken Buch jedenfalls nicht. Deshalb wurden die Koffer nach Nizza verschickt ...

Eine Besonderheit hatte unser Bahnhof während „der Franzosezeit“ und der Abtrennung des Saarlandes: eine Unterführung, bei deren Passage man durch eine Zollkontrolle musste. Was natürlich keinen daran hinderte, „riwwer un riwwer“, eifrig zu schmuggeln. Bedarf gab es auf beiden Seiten.

Immer mal wieder gab es später Überlegungen, diese längst zugeschüttete Unterführung erneut zu nutzen: Als Abkürzung nach Bubenhausen. Es blieb bei den Plänen, denn der „Munzinger-Buggel“ mit der neuen Straßenführung (das Halten vor dem Bubenhauser Übergang fiel weg!) und die Anbindung der Unterstadt durch die Poststraße (mit Unterführung) beendeten diese Überlegungen. Zudem hängte die Bahn Zweibrücken mehr und mehr vom Schienenetz ab, der Fahrplan wurde stark „ausgedünnt“.

Man darf nur hoffen, dass die Wieder-Anbindung nach Homburg, trotz der ständigen Bremsversuche doch noch geschafft wird. Dies würde gewiss auch den Homburger Bahnhof als Knotenpunkt stärken.

Der Bahnhof diente nicht nur dem Reisen und Pendeln. In der Erinnerung ist auch die „Volkskich glei nohm Kriech“ hängengeblieben: Auf dem Bahnsteig vor dem Gebäude war eine lange Tafel aufgebaut, an der die Hungrigen versorgt wurden. „Beschdimmd hads widder Supp gebb!“, hieß es, wie in der Volksküche im Waisenhaus zu jener Zeit ebenfalls. Vielleicht sind es auch diese Erlebnisse, die dazu geführt haben, dass uns der Bahnhof, dieses imposante Gebäude, heute so viel bedeutet. Nun soll es verkauft werden.