24.02.2018
Die Rheinpfalz

Besondere Belastungen für Pfälzer Bahnen

Höheres Verkehrsaufkommen durch Wörther Brückenbaustelle lässt Infrastrukturmängel deutlich werden
Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Mit verstärkten Kapazitäten im Schienenverkehr sollen die Probleme eingedämmt werden, die durch Bauarbeiten an der Straßenbrücke über den Rhein bei Wörth drohen. Dabei dürften allerdings auch wieder die Infrastrukturmängel auf der Bahnstrecke von Neustadt nach Karlsruhe deutlich werden – ein neuer Anlass für Diskussion über Ausbau und Elektrifizierung dieser Strecke.

Rund 2500 zusätzliche Sitzplätze pro Werktag sollen, wie berichtet, in den Zügen der Karlsruher AVG und der Deutschen Bahn (DB) zwischen Wörth und Karlsruhe bereitgestellt werden. Allerdings ändert sich durch die verstärkten Züge nichts an den Infrastrukturmängeln der Strecke zwischen Neustadt und Wörth. Gravierend ist vor allem der eingleisige Engpass zwischen den beiden Knotenbahnhöfen Winden und Wörth, der oft dafür sorgt, dass sich Verspätungen auf Züge der Gegenrichtung übertragen. Dies führt nicht zuletzt dazu, dass in Karlsruhe immer wieder Anschlüsse an den Fernverkehr verpasst werden. Neue Dringlichkeit gewinnt dadurch das Thema Ausbau und Elektrifizierung, für die es durch die Vereinbarung von Union und SPD für eine große Koalition neue Perspektiven gibt. Wie berichtet, enthält der Koalitionsvertrag das Ziel, 70 Prozent des deutschen Schienennetzes bis 2025 zu elektrifizieren und dabei insbesondere regionale Bahnstrecken durch eine neue Förderinitiative zu berücksichtigen. Bisher ist allerdings nichts darüber bekannt, wie die Einzelheiten dieser neuen Förderinitiative aussehen werden und welche Mittel dafür zur Verfügung stehen.

Welche Strecken von dem Programm profitieren werden, ist von den künftigen Koalitionspartnern in spe bisher nicht konkretisiert worden. Vieles deutet allerdings darauf hin, dass der Löwenanteil der Mittel nach Bayern fließen wird, weil Bayern als einziges Bundesland bereits über ein durchdachtes Elektrifizierungskonzept verfügt und die CSU, falls es zu der großen Koalition kommt, wieder den Bundesverkehrsminister stellen wird. Anhaltspunkte zur Frage, welche Strecken ansonsten Chancen haben, in ein künftiges Elektrifizierungsprogramm aufgenommen zu werden, bietet derzeit am ehesten eine Liste, die die „Allianz pro Schiene“ in dieser Woche in Berlin vorgestellt hat. Die „Allianz pro Schiene“ ist ein Bündnis, das vor allem von Gewerkschaften, Umweltorganisationen sowie Verkehrs- und Verbraucherverbänden getragen wird. Das Spektrum der Mitglieder reicht vom Autoclub Europa (ACE) bis zum Verband Deutscher Eisenbahn-Ingenieure (VDEI). Als Förderer gehören der Organisation diverse Unternehmen aus der Eisenbahnbranche an.

Die „Allianz pro Schiene“ legte in dieser Woche Bundestagsabgeordneten „Empfehlungen für ein Beschleunigungsprogramm Elektromobilität Schiene 2025“ vor. In der dafür aufgestellten Liste finden sich mehrere Strecken in Rheinland-Pfalz, darunter auch die 44 Kilometer lange Linie von Neustadt nach Wörth. Der Abschnitt von Wörth nach Karlsruhe ist bereits elektrifiziert. Auf der Liste steht auch die zwölf Kilometer lange Strecke von Wörth nach Berg, deren Elektrifizierung allerdings wohl nur dann sinnvoll wäre, wenn auch der anschließende Abschnitt in Frankreich von Lauterburg nach Straßburg elektrifiziert würde, worauf derzeit nichts hindeutet.

Verzeichnet ist auf der Liste auch die nordpfälzische Alsenzbahn, über die unter anderem der Regional-Express von Kaiserslautern über Rockenhausen nach Koblenz fährt. Die Entfernung zwischen Bingen und Hochspeyer beträgt 69 Kilometer, die Abkürzung von Enkenbach über Eselsfürth nach Kaiserslautern ist 13 Kilometer lang. Auf der Liste der „Allianz pro Schiene“ sind außerdem im nördlichen Rheinland-Pfalz die Strecken von Trier über Gerolstein nach Köln und von Koblenz über Limburg nach Gießen zu finden. Die Elektrifizierungslücken zwischen Ehrang und Kalscheuren im ersten und zwischen Niederlahnstein und Wetzlar im zweiten Fall sind 163 beziehungsweise 99 Kilometer lang. In der Liste ist auch die 11 Kilometer lange Strecke von Homburg nach Zweibrücken verzeichnet, für die schon die Planungsarbeiten laufen. Ihre Elektrifizierung wird aber über das Bundesprojekt S-Bahn Rhein-Neckar finanziert und ist deshalb nicht von einem eventuellen Sonderprogramm abhängig.

Leitartikel: Stresstest für die Südpfalz

Von Eckhard Buddruss
Die Bahnlinien zwischen der Südpfalz und Karlsruhe werden ab August besonders gefordert. Die Schwächen der teilweise eingleisigen Strecke von Neustadt werden dann wohl noch stärker als sonst zu Tage treten.

Der Bahnverkehr zwischen der Südpfalz und Karlsruhe ist seit Jahren ein oft ärgerträchtiges Thema. Die Aufnahme des Stadtbahnbetriebs nach Germersheim hat Ende 2010 deutliche Verbesserungen gebracht. Die Freude an der Stadtbahn wird allerdings etwas getrübt durch Probleme bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Hauptgründe dafür sind die Großbaustelle in Karlsruhe und Personalmangel bei der Karlsruher AVG. Auf der Strecke von Neustadt über Landau nach Karlsruhe haben besonders die störanfälligen „Desiro“-Dieseltriebwagen immer wieder für Ärger gesorgt.

Beide Bahnstrecken sind ab August verstärkt gefordert, wenn der Straßenverkehr durch die Sanierungsarbeiten an der Wörther Rheinbrücke behindert wird. In dieser Woche wurden in Wörth Einzelheiten eines Konzepts vorgestellt, mit dem zusätzliche Kapazitäten im Bahnverkehr nach Karlsruhe geschaffen werden. Dafür hat die Landesregierung in Mainz zusätzliche Mittel bereitgestellt. Dies ist nötig, weil Mehrkapazitäten gerade in der Hauptverkehrszeit kostenintensiv sind. In solchen Fällen ist ein bundesweit tätiges Unternehmen wie die Deutsche Bahn (DB) immer noch am besten in der Lage, Reserven zu mobilisieren. Sie kann eher als die AVG nicht nur Züge verstärken, sondern auch Zusatzleistungen fahren, die über die Verstärkung von Zügen hinaus gehen.

Trotz aller Schwächen und aktuellen Probleme der Stadtbahn war die vor gut zehn Jahren getroffene Systementscheidung für die Stadtbahn nach Germersheim richtig, auch wenn manche Hoffnungen auf Wunderwirkungen eines Stadtbahnanschlusses übertrieben waren. Gelegentlich im Kreis Germersheim erhobene Forderungen, dass statt der Stadtbahn nun lieber eine Rhein-Neckar-S-Bahn zwischen Germersheim und Karlsruhe fahren soll, sind weltfremd. Auch die Idee, dass zusätzlich zur Stadtbahn auch noch eine Rhein-Neckar-S-Bahn-Linie zwischen Germersheim und Karlsruhe eingerichtet werden sollte, ist angesichts knapper Budgets bei den Bestellerorganisationen unter den aktuellen Rahmenbedingungen völlig unrealistisch.

Die Strecke zwischen Germersheim und Wörth wird auch in absehbarer Zukunft primär von der Karlsruher Stadtbahn bedient werden, bei deren Fahrplan es allerdings noch Luft nach oben gibt. In erheblich größerem Stil als bisher zusätzlich einzelne S-Bahn-Züge aus Richtung Ludwigshafen über den Endpunkt Germersheim hinaus nach Wörth zu verlängern, wird allenfalls dann möglich sein, wenn die Trassenpreise für die Nutzung des Schienennetzes deutlich sinken und dadurch Mehrbestellungen erleichtert werden. Während die Formulierungen zum Thema Trassenpreise im Koalitionsvertrag von Union und SPD eher vage sind, ist das Thema Elektrifizierung dort viel konkreter angesprochen. Ein Bahnbranchenverband, die „Allianz pro Schiene“, hat in dieser Woche Bundestagsabgeordneten eine Liste mit Strecken vorgelegt, deren Elektrifizierung angebracht wäre, wenn das von der großen Koalition in spe für 2025 formulierte Ziel erreicht werden soll. Dazu gehört unter anderem auch die Strecke von Neustadt über Landau nach Wörth. Eine Entscheidung ist damit zwar noch lange nicht gefallen. Bestätigt wird damit aber von einer bundesweit tätigen Fachorganisation, dass die Aufnahme der Strecke in das anstehende Elektrifizierungsprogramm kein lokalpatriotisches Pfälzer Wunschdenken ist, sondern es dafür sehr gute Gründe gibt. Das ist Wasser auf die Mühlen all derer, die dieses Projekt – gerade in der Südpfalz – schon seit längerer Zeit befürworten.

Die Entscheidung für die Stadtbahn nach Germersheim war richtig, auch wenn der Betrieb oft nicht glatt läuft.