01.12.2017
Die Rheinpfalz

Grünes Licht für Fortsetzung der S-Bahn-Erfolgsstory

Verkehrsvertrag für den Betrieb neuer Rhein-Neckar-Linien ab Ende 2020 gestern unterzeichnet – Gleitender Übergang bei Pfälzer Strecke
Von Eckhard Buddruss

Mannheim. Ab Ende 2020 soll in der Metropolregion Rhein-Neckar auf mehreren Linien mit fabrikneuen Fahrzeugen der S-Bahn-Verkehr eröffnet werden. Zu dem Linienbündel, für dessen Betrieb gestern in Mannheim die Verkehrsverträge unterzeichnet wurden, gehört auch die Linie von Mannheim über Frankenthal nach Mainz.

Vom „nächsten Schritt in der Erfolgsstory S-Bahn“ sprach gestern Fritz Brechtel (CDU), Landrat des Kreises Germersheim, der den Vertrag als neuer Verbandsdirektor des für den regionalen Schienenverkehr in der Pfalz zuständigen Zweckverbands unterschrieb. Brechtel betonte, mit der S-Bahn werde eine attraktive Alternative zum Auto nicht nur für Pendler, sondern auch für den Freizeitverkehr geschaffen. Die Dringlichkeit solcher Alternativen verdeutlichten nicht zuletzt die Probleme, die im Zusammenhang mit dem Hochstraßenabriss in Ludwigshafen erwartet werden. Die Federführung bei der europaweiten Ausschreibung, die der Vergabe des Auftrags an die Deutsche Bahn (DB) vorausging, hatte das Land Baden-Württemberg, auf dessen Gebiet der größte Teil der neuen Zugleistungen liegt. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen) sagte, Baden-Württemberg wolle die Fahrgastzahlen im regionalen Schienenverkehr bis 2030 verdoppeln. Dies sei nötig, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Auch der Erste Bürgermeister der Stadt Mannheim, Christian Specht (CDU), betonte die umweltpolitische Bedeutung des S-Bahn-Projekts, das ein Umsteigen auf ein modernes, ökologisches Verkehrsmittel erlaube. Wertvoll an der S-Bahn sei nicht zuletzt, dass sie weit in die Region hinausfahre und so Stadt und Land verbinde. Drittes beteiligtes Bundesland ist Hessen, für dessen Kreis Bergstraße der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) Aufgabenträger ist.

Die neuen für Tempo 160 zugelassenen Mireo-Triebwagen, von denen 57 Stück für den Einsatz in der Rhein-Neckar-Region bestellt wurden, werden auf den Linien S 5 bis S 9 eingesetzt. Als S 5 wird die Linie von Heidelberg über Sinsheim nach Eppingen mit der Abzweigung von Meckesheim nach Aglasterhausen bezeichnet. Einzelne Züge werden auch nach Bad Rappenau fahren, das hauptsächlich von der Heilbronner Stadtbahn bedient wird.

Auf der S 5 wird das Etikett S-Bahn bereits seit Ende 2009 verwendet, obwohl die dort eingesetzten Fahrzeuge noch nicht optimal zu den S-Bahnsteigen passen. Mit dem Einsatz der Mireo-Triebwagen wird dort auch das Fahrplanangebot verbessert. Dann soll es auf dem Abschnitt von Heidelberg nach Sinsheim täglich einen Halbstundentakt geben. Deutliche Fahrplanverbesserungen bringt die Aufnahme des S-Bahn-Betriebs Ende 2020 auch für die Strecke von Mannheim über Hockenheim nach Karlsruhe. Dann sollen auf dem Abschnitt zwischen Mannheim und Graben-Neudorf die Züge täglich bis 22 Uhr im Halbstundentakt fahren. Auf der Linie von Mannheim nach Biblis ist ein Stundentakt mit Taktverdichtungen in der Hauptverkehrszeit vorgesehen. Soweit dies auf der von Fernreisezügen stark befahrenen Riedbahn möglich ist, sollen die Züge über Biblis hinaus noch eine Station weiter bis nach Groß Rohrheim fahren. Ein S-Bahn-Verkehr auf der östlichen Riedbahn zwischen Mannheim Hauptbahnhof und Mannheim-Waldhof über Käfertal wird wohl erst möglich, wenn die derzeit abschnittsweise eingleisige Strecke wieder durchgehend zweigleisig ist.

Bei der Strecke von Mannheim nach Bensheim ergibt sich durch die stündliche S-Bahn und den stündlichen Zug von Mannheim und Heidelberg über Darmstadt nach Frankfurt ein halbstündliches Angebot.

Auf der Linie von Mannheim über Ludwigshafen und Frankenthal nach Mainz werden die Mireo-Triebwagen erst ab Ende 2021 eingesetzt. Zuvor gibt es aber bereits einen gleitenden Übergang zum S-Bahn-Betrieb mit vorhandenen Fahrzeugen der Baureihe 425, die durch eine umfassende Renovierung auf den Stand der Triebwagen gebracht werden, die derzeit bereits auf den S-Bahn-Linien von Mannheim nach Germersheim und Homburg fahren. Das im vergangenen Jahr angekündigte Vorhaben, diese Umstellung bereits zum kommenden Fahrplanwechsel am 10. Dezember umzusetzen, lässt sich allerdings nicht realisieren, weil noch nicht genügend renovierte Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Dies wird voraussichtlich erst im kommenden Frühjahr der Fall sein. Nach und nach werden immer mehr renovierte Fahrzeuge, die optimal zu den S-Bahnsteigen passen, den Betrieb auf der heutigen Regionalbahn-Linie 44 übernehmen. Ein Datum für den Etikettenwechsel von der RB 44 zur S 6 steht derzeit noch nicht fest. Möglicherweise erfolgt er zum kleinen Fahrplanwechsel im Juni.

Da auf dem Pfälzer Abschnitt zwischen Mannheim und Worms schon täglich im Halbstundentakt gefahren wird, wird der Etikettenwechsel zunächst auch keinen besseren Fahrplan bringen. Zu den mittelfristig angestrebten Verbesserungen gehört ein täglicher Halbstundentakt auch auf dem Abschnitt zwischen Worms und Mainz sowie die Verlängerung einzelner Züge über Mainz hinaus nach Wiesbaden.

Kommentar: S-Bahn statt Diesel-Mief

Von Eckhard Buddruss

Ein attraktiverer Nahverkehr ist angesichts der Probleme mit der Luftqualität in deutschen Städten wichtiger denn je.

„Jamaika gibt’s nicht mehr, aber Grün-Schwarz lebt noch“, sagte gestern der Mannheimer Erste Bürgermeister Christian Specht (CDU) und beglückwünschte den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen) zur Unterzeichnung des Verkehrsvertrags für die künftigen Linien der S-Bahn Rhein-Neckar just zwei Tage nach dem Diesel-Gipfel. Tatsächlich kommt der Durchbruch bei der Erweiterung des S-Bahn-Netzes in der Metropolregion in einem Moment, in dem er besonders dringend ist. Der motorisierte Individualverkehr, abgekürzt MIV (und von eher autoskeptischen Verkehrsplanern gerne so ausgesprochen wie das Wort Mief), muss reduziert oder zumindest eingedämmt werden, wenn die Luftqualität in den Städten verbessert werden soll. Dass dies vor allem durch einen attraktiveren öffentlichen Nahverkehr erreicht werden kann, ist inzwischen breiter politischer Konsens, der allerdings leider oft noch nicht mit der dafür nötigen Finanzierung unterlegt ist.

Neue Fahrzeuge sind ein wichtiges Element eines attraktiveren Angebots. Allerdings ist es manchmal besser, wenn man einen neuen Fahrzeugtyp nicht als Erster bekommt. Wahrscheinlich kann die Rhein-Neckar-Region froh sein, dass der Mireo zuerst am Oberrhein eingesetzt wird, bevor er in die Metropolregion kommt und dann hoffentlich die üblichen Kinderkrankheiten überwunden sind. Und auch die Fahrgäste der Linie von Mannheim über Frankenthal nach Mainz haben wohl keinen Grund zur Klage darüber, dass der S-Bahn-Betrieb erst einmal für eine Übergangsphase mit renovierten Gebrauchtfahrzeugen beginnt.