29.08.2017
Die Rheinpfalz

DB Regio sieht sich als Innovationstreiber

Die Regionalverkehrssparte der Deutschen Bahn hat in der Pfalz eine deutlich stärkere Marktposition als bundesweit
Von Eckhard Buddruss

Frankfurt. Trotz der Infrastrukturengpässe wird der Nahverkehr auf der Schiene vor allem in den Ballungsgebieten weiter wachsen – nicht zuletzt, um die verkehrsbedingten Umweltprobleme zu bewältigen. Das meint DB-Regio-Chef Jörg Sandvoß. DB Regio ist die Nahverkehrssparte der Deutschen Bahn.

Als Beispiel dafür, wie versucht werden müsse, trotz unzureichender Infrastruktur mehr Fahrgäste zu befördern, nannte Sandvoß in einem Gespräch mit der RHEINPFALZ die künftige Umgestaltung der Münchner S-Bahn-Triebwagen. Sie soll eine bessere Nutzung des Raums in den Fahrzeugen und ein schnelleres Ein- und Aussteigen ermöglichen. Die Münchner S-Bahn hat das Problem, dass sie auf der Stammstrecke in der Münchner Innenstadt trotz kurzer Zugfolge und maximal möglicher Zuglänge in der Hauptverkehrszeit an Kapazitätsgrenzen stößt.Bei der S-Bahn Rhein-Neckar lassen sich noch Kapazitätsreserven durch die verstärkte Bildung von Dreifach-Einheiten mobilisieren. Dafür wurde, wie berichtet, die Anzahl der S-Bahn-Triebwagen mit dem seit Ende 2016 gültigen Verkehrsvertrag deutlich aufgestockt.

Die DB, die 1994 bei der Bahnreform mit einem Marktanteil von fast 100 Prozent gestartet war, hat durch Misserfolge bei Ausschreibungen inzwischen knapp ein Drittel ihres Marktanteils verloren. Die Pfalz gehört allerdings zu den wenigen Regionen Deutschlands, in denen die DB fast alle Ausschreibungen gewonnen hat. Von DB-Konkurrenten betrieben werden in der Pfalz derzeit lediglich der Regional-Express von Kaiserslautern über Bad Kreuznach nach Koblenz und die überwiegend in Rheinhessen liegende Regionalbahn-Linie von Kirchheimbolanden nach Mainz. Hinzu kommt noch der Sonderfall der Karlsruher Stadtbahnlinien nach Wörth und Germersheim.

„Wir haben keine feste Zielmarke für unseren Marktanteil im Nahverkehr. Wir wollen vor allem, dass der Kuchen des Nahverkehrs insgesamt größer wird“, sagte Sandvoß. Der DB-Regio-Chef erwartet nicht, dass der Marktanteilsverlust der DB sich im bisherigen Stil fortsetzt – auch deswegen, weil es nun verstärkt zur Ausschreibung von Netzen kommt, die von DB-Konkurrenten betrieben werden und die die DB zurückgewinnen könnte. In der Pfalz ist ihr dies bereits auf der Strecke von Kaiserslautern nach Kusel gelungen, die bei der erstmaligen Ausschreibung der Konkurrent Transregio gewonnen hatte. Seit Ende 2008 wird sie aber als Teil des Westpfalz-Netzes wieder von der DB betrieben.

2015 war für DB Regio das bisher schlechteste Ausschreibungsjahr, in dem die DB-Sparte nur 40 Prozent der in Deutschland ausgeschriebenen Aufträge gewann. Kriterium für diese Prozentzahl ist das im Wettbewerb vergebene jährliche Zugkilometervolumen multipliziert mit der Vertragslaufzeit. Im vergangenen Jahr gewann die DB rund 60 Prozent der ausgeschriebenen Leistungen. Laut Sandvoß wird dieser Wert 2017 voraussichtlich noch höher liegen. Wesentlich dazu beigetragen hat der Erfolg bei der Ausschreibung von Los zwei der S-Bahn Rhein-Neckar. Zu diesem Los gehört in der Pfalz die Linie von Mannheim über Ludwigshafen und Frankenthal nach Mainz. Rechtsrheinisch umfasst das Los die (künftigen) S-Bahn-Linien von Mannheim nach Biblis und nach Bensheim, von Mannheim über Schwetzingen und Hockenheim nach Karlsruhe sowie von Heidelberg nach Eppingen und Aglasterhausen. Eingesetzt werden 57 neue Triebwagen des Siemens-Typs „Mireo“. Der Vertrag gilt ab Ende 2020 beziehungsweise (bei der Linie Mannheim–Mainz) ab Ende 2021 und läuft bis Ende 2034. Er umfasst jährlich rund sechs Millionen Zugkilometer. Schon zuvor hatte die DB das erste Los bei der Ausschreibung des S-Bahn-Rhein-Neckar-Betriebs gewonnen. Der Vertrag regelt den Betrieb für 17 Jahre ab Ende 2016. Zu diesem Los gehören in der Pfalz die Linien S 1 bis S 4 auf den Strecken von Mannheim über Speyer nach Germersheim und von Mannheim über Neustadt und Kaiserslautern nach Homburg samt der künftigen Erweiterungen in die BASF und nach Zweibrücken.

Sandvoß sieht DB Regio in der Rolle des Innovationstreibers. „Wir lehnen uns nicht zurück und warten, was von uns gefordert wird.“ Ein Beispiel seien die Bemühungen um eine verbesserte Kundeninformation wie der DB Streckenagent, der für individuelle Strecken aktuelle Informationen bei Störungen liefert. Wichtig ist Sandvoß auch das Thema W-Lan. DB Regio hat ein Konzept für die bundesweite Einführung von W-Lan in Nahverkehrszügen erarbeitet, bei dem allerdings die Finanzierung von Investitionen und laufenden Betriebskosten noch ungeklärt ist. Sandvoß sagte: „Wir machen bei den Aufgabenträgern massiv Werbung, dass W-Lan bei Ausschreibungen vorgeschrieben wird. “

Kommentar: Wichtiger als W-Lan

Von Eckhard Buddruss

W-Lan in den Zügen wird immer bedeutender. Noch wichtiger ist allerdings, dass die Züge überhaupt fahren – und zwar so wie bestellt. DB Regio, die Nahverkehrssparte der Deutschen Bahn (DB), hat in verschiedenen Teilen Deutschlands einen ganz unterschiedlichen Ruf. Besonders schlecht war er in Nordrhein-Westfalen. Das hat mit dazu beigetragen, dass Ausschreibungen dort so gestaltet wurden, dass DB-Konkurrenten gute Chancen hatten, sich durchzusetzen und die DB schließlich bei der Ausschreibung des Rhein-Ruhr-Express (RRX) völlig leer ausgegangen ist.

Beim Betrieb der S-Bahn Rhein-Neckar hat sich DB Regio dagegen alles in allem sehr bewährt. Wenn es Probleme gibt, liegt es häufig an Faktoren, für die der Nahverkehrsbetreiber nichts kann wie etwa die endlose Serie von Baustellen. Deshalb dürften in der Rhein-Neckar-Region viele froh sein, dass auch künftig DB Regio die S-Bahn betreibt.

DB Regio Mitte mit Sitz in Mannheim steht allerdings nicht überall so gut da wie bei der S-Bahn Rhein-Neckar. Kein Ruhmesblatt ist insbesondere die Situation in der Südpfalz, wo jüngst wegen der Probleme mit den störanfälligen „Desiro“-Triebwagen bei wichtigen Berufsverkehrszügen die Kapazitäten reduziert wurden. Für die Südpfälzer, die nach Karlsruhe pendeln, ist das Thema W-Lan im Moment sicher nicht das dringendste Problem. Sie wären schon froh, wenn die Pendlerzüge zwischen der Südpfalz und Karlsruhe endlich zuverlässig und auch mit der vom Nahverkehrsaufgabenträger bestellten Kapazität fahren würden.