26.08.2017
Die Rheinpfalz

Bios-Bahnhof
St. Ingbert: Stadt will ihren Eisenbahn-Anschluss als Tor zum Bliesgau ausbauen

Von Gerhard Müller

Ob und wann ihre Vision Wirklichkeit werden kann, steht noch in den Sternen. Gleichwohl stellten Gutachter am Mittwochabend im St. Ingberter Rathaus Ideen vor, mit denen man den Bahnhof in der saarpfälzischen Stadt eines Tages zum „Biosphären-Bahnhof“ ausbauen könnte. Künftig soll das Bauwerk gleichermaßen als Reisezentrum, Restaurant und touristischer Anlaufpunkt für den Bliesgau dienen.

„Wer mit dem Zug in die Biosphäre Bliesgau reist, soll an unserem Bahnhof schon alles Wichtige über sein Reiseziel erfahren – damit Lust auf einen Besuch in St. Ingbert und im Bliesgau entsteht“: Diese Marschrichtung hatte Oberbürgermeister Hans Wagner für das Gedankenspiel ausgegeben. Die beiden Planungsbüros BTE (Berlin) und Kessler (Mühlheim/ Ruhr) hatten nach öffentlicher Ausschreibung den Zuschlag erhalten, um in einem Gutachten die Grundzüge eines Biosphären-Bahnhofs für St. Ingbert zu formulieren. Was die beiden Büro-Geschäftsführer Alexander Schuler und Helmut Kessler am Mittwoch öffentlich erläuterten, soll eine Diskussion und weitergehende Ideen in der Bevölkerung, bei Touristik-Fachleuten und Geschäftsleuten auslösen. Ihr Honorar wurde zu drei Vierteln aus EU-Fördertöpfen finanziert; den Rest übernahm das saarländische Umweltministerium. „Um das Bahnhofsprojekt in die Tat umzusetzen, bauen wir weiter auf Fördermittel aus Tourismusfonds und von der EU“, sagte OB Hans Wagner: „Die Deutsche Bahn als Hauseigentümer muss natürlich auch mitspielen.“

Tag für Tag sind am St. Ingberter Bahnhof etwa 3000 Reisende unterwegs, hat Alexander Schuler ermittelt. Davon kämen 47 Prozent aus St. Ingbert und Umgebung; etwas mehr als die Hälfte setze sich aus auswärtigen Gästen zusammen. Diese beklagten, dass der Bahnhof heute trist und unbelebt wirke. Ob man versuchen sollte, in seinem Innern die frühere Gastwirtschaft wiederzubeleben? Sollte man hier einen „Biosphären-Shop“ installieren? „Es ist fraglich, ob wir hier, abseits des Stadtkerns, genug Umsatz an Land ziehen können, um einen rentablen Betrieb zu sichern“, gab Schuler zu bedenken. Statt die Pleite eines speziellen Ladens mit eigenem Personal zu riskieren, solle man vielmehr darüber nachdenken, hier etwa einen Bio-Bäcker, ein kleines Bistro, eine Eisdiele oder auch einen Fahrradverleih anzusiedeln. Stelle man dort eines der kreisweit längst bewährten „Biosphären-Regale“ mit Honig, Marmelade, Senf, Öl und anderen regionalen Produkten auf, könnte sich der Ladenbetreiber quasi nebenbei um den Verkauf auch dieser Waren kümmern.

Optimistischer geht Schulers Gutachter-Kollege Helmut Kessler die Sache an: Er kann sich hier sehr wohl den wirtschaftlichen Erfolg eines umgebauten Bahnhofs mit offenem Restaurant- und Bistrobereich, Video-Reisezentrum und Biosphärencafé vorstellen. Kessler schlägt sogar ein Mobiliar vor, dessen Gestaltung natürlichen Formen aus Wald und Wiese nachempfunden ist. Besucher sollen auf Knopfdruck hörbare Informationen über die Reize des Bliesgaus automatisch abrufen können.

Beleuchtung, freundliche Farben und Foto-Folien könnten den Bahnhof aufhübschen Auf dem Vorplatz raten die Gutachter zu mehr Fahrradboxen, elektrischen Ladestationen für Fahrzeuge und zu modernen digitalen Informationssäulen und Leitsystemen für Gäste. Helmut Kessler: „Sie brauchen dabei das Rad gar nicht neu zu erfinden. Zum Beispiel gibt es heute schon sehr gute Apps vom Saarland und der Saarpfalz-Touristik. Die können Sie ja in Ihre eigenen Gäste-Informationssysteme einbetten.“