15.03.2017
Die Rheinpfalz

Pfälzer Eisenbahnersohn wird DB-Chef

Richard Lutz ist in Landstuhl geboren und in Kindsbach aufgewachsen – Aufsichtsrat entscheidet am 22. März
Von Eckhard Buddruss

Berlin. Wenn der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn (DB) am 22. März so entscheidet, wie es sich derzeit abzeichnet, wird in der kommenden Woche ein Westpfälzer Eisenbahnersohn neuer DB-Chef. Richard Lutz könnte dann bei der Bilanzpressekonferenz am folgenden Tag in einer Doppelrolle auftreten, nämlich als frischgebackener Vorstandsvorsitzender und als scheidender Finanzchef.

Wie bereits gestern kurz gemeldet, hat sich die große Koalition darauf geeinigt, dass Richard Lutz die Nachfolge von Rüdiger Grube als Vorstandsvorsitzender der bundeseigenen Deutschen Bahn antreten soll. Lutz hat dieses Amt seit Grubes Rücktritt Ende Januar bereits übergangsweise kommissarisch inne.Lutz wäre der erste Chef der Deutschen Bahn, der aus dem Unternehmen selbst kommt. Sowohl Grube als auch dessen Vorgänger Heinz Dürr, Johannes Ludewig und Hartmut Mehdorn kamen von außen. Richard Lutz wurde 1964 in Landstuhl geboren und ist als Sohn eines Eisenbahners, der damals im Bundesbahn-Ausbesserungswerk Kaiserslautern arbeitete, im westpfälzischen Kindsbach aufgewachsen. Nach dem Abitur 1983 in Landstuhl und der Bundeswehr-Zeit, die er als Schach-Ass in einer Sportförderkompanie verbrachte, studierte er in Saarbrücken Betriebswirtschaft und schloss sein Studium 1989 als Diplom-Kaufmann ab. Danach war er rund fünf Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kaiserslautern tätig, wo er 1998 mit einer Arbeit über Bilanzanalyse promovierte.

1998 stand er bereits vier Jahre im Dienst der Deutschen Bahn, bei der er 1994 in ihrem Gründungsjahr als Assistent des Leiters Controlling anfing. In einem Gespräch mit der RHEINPFALZ sagte Lutz: „Ich habe mich damals für das ein bisschen verrücktere Unternehmen entschieden.“ Er hatte seinerzeit auch Kontakte zu Konzernen wie BASF und Siemens, aber ein Unternehmen im Umbruch wie die Telekom oder die DB reizten ihn mehr. Beim Vergleich der beiden Staatskonzerne habe er sich gedacht: „Die Telekom verdient sich dumm und dämlich, da kann es nur schlechter werden.“ Bei der Bahn habe es dagegen eigentlich nur besser werden können, denn im letzten Jahr vor der Bahnreform machten die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn der früheren DDR, die Anfang 1994 in der privatrechtlich organisierten Deutschen Bahn AG aufgingen, zusammengenommen 16 Milliarden DM Verlust.

Lutz arbeitete sich im DB-Finanzressort Stück für Stück hoch. 2003 wurde er Leiter des Konzerncontrollings und trat im April 2010 die Nachfolge des langjährigen DB-Finanzchefs Diethelm Sack an, der diese Funktion fast 19 Jahre lang unter drei Bahnchefs ausgeübt hatte.

Mit seiner allgemein anerkannten Fachkompetenz und seiner weithin geschätzten unprätentiösen Art hat sich Lutz großen Respekt erworben und gilt außerdem auch als Sympathieträger, obwohl er es als Finanzchef kaum vermeiden kann, sich immer wieder bei vielen unbeliebt zu machen. Dass er nie irgendwelche Ambitionen erkennen ließ, DB-Chef zu werden, könnte in der gegenwärtigen Situation hilfreich gewesen sein.

Mit dem allseits respektierten Lutz als Bahnchef können wohl alle leben. Ein Versuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ihren früheren Kanzleramtsminister Ronald Pofalla als neuen DB-Chef zu installieren, hätte dagegen wohl für erhebliche Turbulenzen in der großen Koalition gesorgt und wäre der Öffentlichkeit angesichts der fehlenden Erfahrung von Pofalla als Manager schwer zu vermitteln gewesen.

Einiges deutet darauf hin, dass in nächster Zeit weitere Veränderungen im DB-Vorstand anstehen. Dabei könnten zwei Personen in den Konzernvorstand einrücken, die in den vergangenen Wochen auch als Kandidaten für die Grube-Nachfolge gehandelt wurden. Zum einen die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Sigrid Nikutta, zum anderen der Siemens-Manager Siegfried Russwurm. Nikutta, die früher schon bei der DB-Schienengüterverkehrssparte tätig war, könnte die Zuständigkeit für den besonders schwierigen DB-Güterverkehr übernehmen und damit Berthold Huber entlasten, der mit dem DB-Personenverkehr eigentlich schon mehr als genug zu tun hat. Russwurm wäre ein möglicher Kandidat für die Position des DB-Technikchefs, die seit dem Abgang von Volker Kefer vakant ist. Kefer war ebenfalls von Siemens zur DB gekommen. Auch über diese Personalien könnte bei der Aufsichtsratssitzung am 22. März entschieden werden.