26.01.2017
Saarbrücker Zeitung

Eine Stimme für drei Länder

Von Hélène Maillasson

Das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg wollen jetzt gegenüber dem französischen Nachbarn vereint auftreten. Doch auch im Gespräch mit dem Bund sei dieser Zusammenschluss wichtig, meinen die Vertreter dieser drei Bundesländer.

Durch die französische Gebietsreform haben das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg auf der anderen Seite der Grenze einen neuen Ansprechpartner: die Region Grand Est. Um auch auf deutscher Seite mit einer Stimme sprechen zu können, hatte Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gestern zur ersten Länderkonferenz nach Saarbrücken eingeladen.

„Bisher hat jeder von uns versucht, sich auf die neuen Zuständigkeiten in Frankreich bestens einzustellen und die Zusammenarbeit mit dem neuen Nachbarn Grand Est voranzutreiben. Jetzt wollen wir das gemeinsam machen“, so Gastgeberin Kramp-Karrenbauer. Im Rahmen der Frankreich-Länderkonferenz könne man Erfahrungen vergleichen und von den besten Ideen profitieren, waren sich die Vertreter der drei Länder einig.

Neue Ideen und neue Sorgen

In der grenzüberschreitenden beruflichen Bildung etwa, wo sie bisher unterschiedliche Ansätze verfolgen. Zwei der drei Vereinbarungen zwischen deutschen und französischen Berufsschulen bundesweit sind im Saarland angesiedelt.

In Baden-Württemberg wird zum Beispiel auch über ein „Azubi-Bac pro“ (Fachabitur für Auszubildende) nachgedacht. „Unsere französischen Partner haben großes Interesse an einer berufsbezogenen Sprachförderung als Ergänzung zur Ausbildung signalisiert“, berichtete die baden-württembergische Staatsrätin Gisela Erler (Grüne).

Doch neben gemeinsamen Ideen teilen die drei Bundesländer auch gemeinsame Sorgen, nicht nur was die Einführung der Pkw-Maut angeht. Diese würde Tourismus und Handel zutiefst treffen, die eben vom grenzenlosen Europa profitieren, sagte die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab (SPD). Ihr Bundesland wolle sich gemeinsam mit Baden-Württemberg und dem Saarland in Berlin dafür einsetzen, dass Ausnahmeregelungen gewährt werden.

Entsenderichtlinie

Genauso Besorgnis erregend wie die Maut-Pläne ist für die hiesige Wirtschaft die Anwendung der Entsenderichtlinie auf der französischen Seite. Die EU-Richtlinie gibt einen arbeitsrechtlichen Rahmen für die Erbringung von Dienstleistungen in einem Land durch Arbeitnehmer, die aus einem anderen Land entsandt werden, vor.

„Wir begrüßen die Ziele dieser europäischen Richtlinie, aber wir wollen die damit verbundene überbordende Bürokratie bremsen“, so Raab. Kramp-Karrenbauer berichtete, dass auch im Saarland bereits mehrere Betriebe über diese große Last geklagt hätten: „Wir müssen uns geschlossen an die Bundesregierung wenden, damit sie mit Frankreich mögliche Lockerungen aushandelt. Ein Dienstleistungspass wäre zum Beispiel eine Möglichkeit für die grenzüberschreitende Arbeit.“

Doch allen am Tisch war klar, dass eine politische Lösung nicht sofort greifen wird. „Wir müssen dennoch handeln, bevor kleine und mittlere Betriebe wegen der hohen Hemmnisse resignieren“, meinte Gisela Erler. Das sah auch die saarländische Ministerpräsidentin so und plädierte dafür, über sofortige Hilfestellungen für die Betriebe nachzudenken. Man sei mit den Kammern bereits im Gespräch, um den Druck bei den betroffenen Unternehmen zu lindern.

Angleichung der Sicherheitsstandards

Weiterhin wollen sich die drei Bundesländer dafür einsetzen, dass die Sicherheitsstandards im Schienennahverkehr angeglichen werden, sodass die Züge auch im Nachbarland fahren dürfen. Das ist zwar bereits heute möglich, doch oft mit viel Aufwand und hohen Ausgaben verbunden.

Das zeigte ein Beispiel aus Mainz: Das Zulassungsverfahren für eine 2,6 Kilometer lange Strecke im Nachbarland hätte das Land Rheinland-Pfalz rund eine Million Euro gekostet. Kramp-Karrenbauer sieht auch in diesem Kernthema eine Möglichkeit, die Bevölkerung für die EU zu begeistern und zwar, „wenn die Menschen sehen, dass wir den grenzüberschreitenden Verkehrsproblemen mit alltagstauglichen Lösungen beikommen und zeigen, dass Europa tatsächlich funktioniert“.

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