02.01.2017
Die Rheinpfalz

Leitartikel zum neuen Jahr
Nicht lästern, machen!

Von Georg Altherr

Dass man das noch erleben darf: Wie es aussieht, fährt in ein paar Jahren tatsächlich eine S-Bahn nach Zweibrücken. Dieser Erfolg zeigt vor allem eins: dass sich politisches Engagement lohnt.

Langsam wird Oberbürgermeister Kurt Pirmann in Zweibrücken zum politischen Einzelkämpfer. Das liegt zunächst an seiner Angewohnheit, Entscheidungen zunehmend alleine zu treffen, vor allem aber daran, dass es im Stadtvorstand und im Stadtrat zunehmend an prägenden Köpfen mangelt.

Im Stadtvorstand steht der Christdemokrat Rolf Franzen kurz vor der Pension. Er hat seine Aufgabe als Bürgermeister besser erledigt, als viele ihm zugetraut hatten. Er brachte Ruhe in die ihm anvertrauten Abteilungen, insbesondere die Kämmerei baute er zukunftsfest um. Mit Christian Gauf hat die CDU nun jemanden zum Nachfolger auserkoren, der in der Bevölkerung überaus beliebt ist. Gaufs Onkel, politisch bis in die Haarspitzen, und seine Tante prägten über Jahrzehnte die Zweibrücker CDU. Der Neffe aber hatte bisher mehr Spaß am Sport als an der Politik. Es ist offen, wie er sich als Bürgermeister schlagen wird.

Der Oberbürgermeister teilt sich die Arbeit im Stadtvorstand mit dem Bürgermeister und dem hauptamtlichen Beigeordneten. Letzterer heißt Henno Pirmann. Selbst in der SPD herrscht nur begrenzte Begeisterung über seine Arbeit. Die CDU hat die Nachfolge Franzens geregelt. Bei der SPD hingegen ist alles offen. Beide Pirmänner scheiden in drei Jahren aus ihren Ämtern. Die Partei hat bisher weder Kronprinzen noch Kronprinzessinnen aufgebaut.

Eine mögliche Nachfolgerin, die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Wilhelm, zieht sich jetzt ins Privatleben zurück.

Die Politik ist eben nicht mehr so attraktiv wie vor vielleicht zehn Jahren noch; schon gar nicht, wenn man sie ehrenamtlich neben Beruf und Familie betreibt. In der älter werdenden Gesellschaft gibt es immer weniger Junge. Und die sollen sich neben Beruf und Familie noch in Vereinen, Organisationen und in der Politik engagieren. Hinzu kommt, dass heute selbst Lokalpolitiker im Internet oft überhart und unter der Gürtellinie angegriffen werden.

Man muss sich nur einmal anschauen, wie OB Pirmann seit Jahr und Tag bei Facebook beleidigt und ohne Rücksicht auf Fakten maßlos attackiert wird. Wenn er jeweils Anzeige wegen übler Nachrede stellen würde, müsste die Staatsanwaltschaft eigens dafür einen Strafverfolger einstellen.

Es verwundert nicht, dass einige der Internet-Hetzer aus dem Umfeld der AfD kommen. Ihr Treiben vor der letzten Stadtratswahl führte zwar nicht dazu, dass sie selbst in den Rat kamen, die Partei aber schaffte es. Nur hielt sie nicht lange durch. Zweibrücken ist ein Beispiel dafür, dass harte Ratsarbeit die AfD entzaubert. Melanie Schneider, die sich in Deutschland und Österreich bei Rechtspopulisten in Szene setzt, verlor sehr schnell den Spaß an ihrem Stadtratssitz. Anträge oder Initiativen gingen von ihr nicht aus. Und kaum war sie aus dem Stadtrat und aus Zweibrücken verschwunden, war die AfD-Fraktion Geschichte.

Stadtrats-Arbeit ist eben kein Zuckerschlecken. Wer sie ernst nimmt, muss Sitzungsvorlagen studieren, an Fraktions- und Ausschusssitzungen teilnehmen, bei Problemen vor Ort sein. Da kommen jede Woche locker zehn Stunden zusammen. Die Sitzungsgelder, die dafür gezahlt werden, sind bescheiden. Das Geld wiegt den Aufwand nicht auf. Kein Wunder, dass es allen Parteien in Zweibrücken an Nachwuchs mangelt. Wer Lokalpolitik betreibt, handelt zumeist aus Überzeugung und Idealismus. Dafür bleibt den weniger werdenden Jungen in unserer schneller und dichter werdenden Zeit schlicht wenig Zeit.

Einzig der CDU ist es in Zweibrücken in den letzten Jahren gelungen, eine nennenswerte Zahl von Jungen in die Politik zu bringen. Das lag vor allem daran, dass der zeitweilige Parteichef Christoph Gensch seine Partei der alten Männer durch Junge und Frauen aufmischen wollte. Ob das seinem Nachfolger Christian Gauf ebenso gelingt, wird sich zeigen. SPD, Grüne, FWG und vor allem die FDP leiden massiv darunter, dass sie zu wenige Junge für die Partei gewinnen. Und wenn mal Hoffnungsträger auftauchen wie Felix Schmidt bei den Grünen oder Florian Scharfenberger bei der FWG, sind sie auch schon wieder weg. Die gut Ausgebildeten ziehen in die weite Welt.

Die Qualität der Politik hängt entscheidend von der Qualität derer ab, die sie machen. Die Aufgaben der Politiker in der Region Zweibrücken sind enorm. Nach der Schließung von Flughafen und Krankenhaus gilt es, neue Perspektiven zu entwickeln.

Dass es nach jahrelangem, zähem Kampf kurz vor Weihnachten tatsächlich gelang, die S-Bahn nach Zweibrücken aufs Gleis zu setzen, ist ein enormer Erfolg und zeigt: Politischer Einsatz lohnt sich. Das kann junge und andere Menschen anspornen, sich in Parteien und in der Politik für die Gemeinschaft einzusetzen. Das ist allemal sinnvoller und spannender, als bei Facebook nachzugucken, welches neue dumme Gelaber dazugekommen ist.