20.08.2016
Die Rheinpfalz

„Mit 60 Stunden problemlos möglich“

Der Zweibrücker Landtagsabgeordnete Christoph Gensch (CDU) hat sich in Mainz gut eingelebt – Arbeitet weiter als Arzt
Von Isabel Gemperlein

„Natürlich mit dem Auto!“ sagt Christoph Gensch auf die Frage, wie er zu seinem neuen Arbeitsplatz komme. Von Zweibrücken mit dem Zug in einer vernünftigen Zeit nach Mainz zu gelangen, sei ja praktisch unmöglich. Seit 18. Mai sitzt der CDU-Kreisvorsitzende im Mainzer Landtag. Für seinen Wahlkreis die Infrastruktur zu verbessern, ist für ihn das wichtigste Anliegen.

Als Direktkandidat der CDU hat Christoph Gensch den seit Jahrzehnten roten Wahlkreis Zweibrücken bei der Landtagswahl im März mit klarer Mehrheit erobert (wir berichten mehrfach). Seit Beginn der neuen Legislaturperiode am 18. Mai ist der 38-Jährige Landtagsabgeordneter in Mainz – und das zusätzlich zu seiner Arbeit als Arzt für Innere Medizin in der Gemeinschaftspraxis in Zweibrücken. Zusätzlich auch zu seinen politischen Funktionen als Stadtratmitglied, Fraktionsvorsitzender und Kreisvorsitzender der CDU in Zweibrücken. Und: In zwei Wochen steht Nachwuchs im Hause Gensch an, verrät der Zweibrücker. Sein erstes Kind mit seiner frisch angetrauten Frau Nicole. Ganz schön viel auf einmal, oder? „Sie dürfen nicht den Anspruch einer 40-Stunden-Woche haben“, meint Gensch dazu bloß. Mit 60 Stunden sei das aber problemlos möglich. Und überhaupt: Das sei in seinem Leben nie anders gewesen. Gensch meint damit die Jahre als junger Assistenzarzt an der Homburger Uniklinik, in denen er nebenbei für seine Doktorarbeit über Stammzellen forschte. Die Arbeit in der Gemeinschaftspraxis biete zudem den Vorteil, sich seine Zeit frei einteilen zu können, so Gensch, der während der Sitzungszeit in Mainz in „einer Art Mini-Appartment“ im Abgeordnetenhaus wohnt.

Aktuell hat Gensch allerdings etwas mehr Zeit: Mit den Schulferien ruht auch der Mainzer Politikbetrieb. Sechs Wochen parlamentarische Sommerpause. In Urlaub fahre er aber diesen Sommer nicht, erzählt Gensch. Schließlich komme ja bald das Baby. Die Pause nutze er, um sich in knifflige Themen einzuarbeiten. Die Arbeit ruht auch im Urlaub nicht.

Als junger Kommunalpolitiker plötzlich in der großen Landespolitik: Das habe ihm keine Probleme bereitet. „Ich bin sehr gut in der Fraktion aufgenommen worden, der Einstieg wurde mir leicht gemacht.“ Ein Vorteil sei für ihn gewesen, dass er durch seine langjährige Arbeit in der CDU bereits viele Gesichter in der Fraktion gekannt habe. Mit den anderen Parteien habe er bisher „noch wenige Berührungspunkte“ gehabt, aber man verstehe sich parteiübergreifend.

Wenig Verständnis hat Gensch dagegen für die rot-gelb-grüne Landesregierung, wenn es um den geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn geht – das dominierende Thema in den neun Wochen, in denen Gensch bisher als Abgeordneter in Mainz weilte. „Hätten Sie mir vorher gesagt, dass ich so schnell einen solchen Skandal mit Misstrauensvotum erlebe, hätte ich das nicht für möglich gehalten.“ Als neuen Abgeordneten habe es ihn einfach nur fassungslos gemacht, wie die Landesregierung diese Verhandlungen gestaltet habe. Die CDU wolle den Fall Hahn auf jeden Fall weiter „kritisch begleiten“. Denkbar sei auch ein Untersuchungsausschuss, kündigt Gensch weitere Schritte an.

Apropos Ausschuss: In gleich fünf davon ist der neue Landtagsabgeordnete vertreten. Mit der Zuteilung ist er zufrieden. Oft würden Neulinge „irgendwo reingesteckt“, aber gerade im Gesundheitsausschuss könne er seine Fachkenntnisse als Arzt gut einbringen. Auch der Wirtschafts- und Verkehrsausschuss passe ganz zu seinen Interessen – schließlich ist der Christdemokrat in seiner Heimat dafür bekannt, die Infrastruktur verbessern zu wollen. Stichwort: Die Reaktivierung der S-Bahnstrecke Zweibrücken–Homburg.

Wenn Gensch also einen Wunsch frei hätte, was wäre in fünf Jahren anders? Die B 10 wäre durchgehend vierspurig, die S-Bahn zwischen Homburg und Zweibrücken reaktiviert und der Breitband-Internetzugang auf Glasfasertechnologie ausgebaut, nennt Gensch nach kurzen Nachdenken. „Auf diesen drei Punkten baut vieles in der Region auf.“

Die bevorstehende Schließung des Evangelischen Krankenhauses passt dazu wenig. In diesem hat der Arzt zwischen Oktober 2014 und März 2015 selbst gearbeitet. Das sei sehr bedauerlich, findet Gensch. Der Träger habe das Krankenhaus dermaßen heruntergewirtschaftet, dass es wenig Möglichkeiten zur Rettung gegeben habe. Aber, so Gensch: „Die Politik ist für vieles, aber nicht für alles verantwortlich.“

Zur Person: Christoph Gensch

Studium der Humanmedizin in Homburg; arbeitet seit Mai 2015 mit seinem Vater in einer Gemeinschaftspraxis für Innere Medizin in Zweibrücken seit April 2013 Kreisvorsitzender der CDU Zweibrücken; seit Mai 2014 Fraktionsvorsitzender im Stadtrat am 13. März 2016 in den Mainzer Landtag gewählt

Mitglied in den Ausschüssen „Gesundheit, Pflege und Demografie“ sowie „Umwelt, Energie und Ernährung“; stellvertretendes Mitglied in „Wirtschaft und Verkehr“, „Europafragen und Eine Welt“ sowie „Medien, Digitale Infrastruktur und Netzpolitik“ gpl