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12.12.2015
Die Rheinpfalz

Leitartikel: Höchste Eisenbahn

Von Eckhard Buddruss

Der VW-Abgasskandal und die Klimakonferenz in Paris erinnern daran, welch großes Umweltproblem der Verkehr ist. Ein attraktives Bahnangebot könnte helfen, den Negativ-Trend umzukehren. Bisher geschieht aber viel zu wenig.

Alle Verbesserungen, die der morgige Fahrplanwechsel für die Pfalz bringt, werden überschattet von den Einschränkungen, die es auf der Pfälzer Ost-West-Hauptstrecke gibt, insbesondere die komplette Sperrung in der Nacht zwischen 0 und 4 Uhr. Dies bedeutet für viele, die es gewohnt sind, auch noch sehr spät am Abend mit der S-Bahn nach Hause fahren zu können, eine schmerzliche Einschränkung. Für die Betroffenen ist es kein Trost, dass es auf anderen Strecken in Deutschland bei Bauarbeiten noch viel drastischere Einschränkungen gibt. Letztlich ist dies eine Folge der chronischen Unterfinanzierung des deutschen Schienennetzes. In der Abwägung zwischen möglichst kostengünstigem Bauen und der Vermeidung von Einschränkungen des Zugangebots wird immer häufiger zuungunsten der Bahnkunden entschieden.

Immerhin gibt es ab morgen aber auch wichtige Verbesserungen, mit denen weitere Elemente des Konzepts „Rheinland-Pfalz-Takt 2015“ Wirklichkeit werden. Mit der vollen Inbetriebnahme des neuen Haltepunkts Frankenthal Süd verbindet sich die Hoffnung, dass der bisher sehr knappe Anschluss in der stark frequentierten Umsteigeverbindung von Mannheim/Ludwigshafen nach Freinsheim und Grünstadt künftig zuverlässiger funktioniert.

Allerdings ist das nur eine Etappe in der Umsetzung des neuen Taktkonzepts. Eigentlich gehört dazu auch der Halbstundentakt auf dem Abschnitt Freinsheim–Frankenthal, der bisher, anders als die Strecke entlang der Weinstraße, meist nur stündlich bedient wird. Dies ist jedoch erst nach Wiederaufbau des Kreuzungsbahnhofs in Kirchheim möglich. Der Fall Kirchheim ist ein Beispiel sowohl dafür, wie kurzsichtig es war, Kreuzungsmöglichkeiten zu demontieren, als auch dafür, dass heute auch sehr sinnvolle Projekte oft durch lokale Widerstände verzögert werden.

Immerhin gibt es Grund zur Hoffnung, dass die Umstellung bei der Deutschen Bahn (DB) auf die neuen Triebwagen vom Typ „Lint“ reibungsloser verläuft als vor einem Jahr der desaströse Betriebsstart des neuen Unternehmens „Vlexx“. Die in der Pfalz eingesetzten neuen „Lint“ haben eine Ausstattung, die ähnlich ist wie die in den als Regional-Express fahrenden „Flirt“. Sie ist bei den meisten Fahrgästen gut angekommen – allerdings nur, wenn die Züge nicht wegen Fahrzeugmangels überfüllt sind.

Leider haben außer dem Vlexx-Flop im vergangenen Jahr auch die wiederholten Streiks der Lokführergewerkschaft GDL dafür gesorgt, dass die großen Fortschritte, die der Fahrplanwechsel vor einem Jahr insbesondere durch das deutlich verbesserte Regional-Express-Angebot gebracht hat, immer wieder von Negativ-Schlagzeilen überschattet wurden. Dies ist umso bedauerlicher, als das durch den VW-Abgasskandal wieder stärker ins Bewusstsein gerückte Thema Luftverschmutzung durch den Autoverkehr zusammen mit der Klimakonferenz in Paris eigentlich daran erinnert, wie wichtig ein attraktives Bahnangebot verkehrs- und umweltpolitisch ist. Die Entwicklung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen geht immer noch in die falsche Richtung. Hier könnte ein Ausbau des Schienenverkehrs einen wichtigen Beitrag leisten, um den Negativ-Trend umzukehren.

Speziell das auf der Straße so schwierige Thema Elektromobilität funktioniert auf der Schiene seit Jahrzehnten gut. Statt die weitere Elektrifizierung des Bahnverkehrs zu fördern, hat ihn die Bundesregierung sogar noch mit erhöhten Stromkosten belastet. Leider ist Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt am Thema Bahn weitgehend desinteressiert. Dagegen haben seit der Einführung des Rheinland-Pfalz-Takts im Mai 1994 immerhin die rheinland-pfälzischen Landesregierungen – unabhängig von ihrer parteipolitischen Zusammensetzung – in ihrem Verantwortungsbereich die Weichen meist richtig gestellt. Auf der politischen Agenda ganz oben stehen muss nun die Verlängerung der S-Bahn Rhein-Neckar nach Zweibrücken.