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28.11.2015
Die Rheinpfalz

Leitartikel: Die Pfalz als Zug-Verlierer

Von Eckhard Buddruss

Mitte Dezember verliert die Pfalz den größten Teil ihrer Intercity-Züge.

Das verdeutlicht, dass es auch über 20 Jahre nach der Bahnreform immer noch keine vernünftige Regelung für den Bahn-Personenfernverkehr gibt.

Zwei Jahrzehnte nach der Bahnreform von 1993/94 ist die Bilanz bei der Entwicklung des regionalen Schienenverkehrs überwiegend positiv. Beim Aufbau eines attraktiven Taktfahrplans steht kein Land besser da als Rheinland-Pfalz. Im Fernverkehr sieht das Bild leider ganz anders aus. Vor allem durch den Wegfall vieler Interregio-Züge gibt es für ganze Regionen in Deutschland kein Fernzug-Angebot mehr.

Hoffnungen, dass Konkurrenten der Deutschen Bahn (DB) die so entstandenen Lücken schließen, haben sich nicht erfüllt. Diese Wettbewerber haben entweder, wie der Interconnex, der anfangs gezielt von der DB vernachlässigte Städte wie Gera und Siegen bediente, das Handtuch geworfen oder fahren, wie der Hamburg-Köln-Express (HKX), auf Strecken, die vom DB-Fernverkehr gut bedient werden, lediglich (manchmal) etwas billiger. Dass einige HKX-Züge künftig über Köln hinaus bis nach Frankfurt fahren, sorgt entlang der betroffenen Strecken auch im nördlichen Rheinland-Pfalz eher für Ärger wegen Trassenkonflikten mit negativen Folgen für den Nahverkehr als für Freude.

Projekte des Unternehmens Locomore für einen Zug von Stuttgart nach Berlin, der durch eine Crowdfunding-Kampagne finanziert werden soll, verdeutlichen vor allem, wie schwierig es ist, einen Fernzugverkehr in Gang zu bringen. Pläne eines Anbieters namens Derschnellzug.de fallen zwar durch unkonventionell konzipierte Linien auf, von denen eine über Speyer führen soll; die Züge dürften aber, falls sie jemals fahren, eher Chancen haben, Fans traditioneller Fahrzeuge zu erfreuen als kommerziell am Markt erfolgreich zu sein.

Rheinland-Pfalz hat derzeit die Federführung bei der Initiative der Bundesländer für ein „Gesetz zur Gestaltung des Schienenpersonenfernverkehrs“. Damit soll der Bund dazu gebracht werden, seiner Verantwortung für den Bahn-Fernverkehr, die er laut Grundgesetz hat, gerecht zu werden. Der Bund vertritt bisher die Position, dass er seinen Verfassungsauftrag durch den Bau von Strecken erfüllt, für die Züge, die darauf fahren, aber nicht verantwortlich ist. Die beste Lösung wäre wohl, wenn der Bund als Besteller von Fernverkehrszügen in ähnlicher Weise tätig würde, wie dies die Länder beim Regionalverkehr tun. Dies wäre mit Kosten verbunden, die aber überschaubar bleiben würden, wenn es eine vernünftige Regelung für die Trassengebühren gäbe.

Solange der Bund nichts unternimmt, ist der wichtigste Lichtblick, dass nun die DB selbst Pläne für ein Comeback eines Teil der früheren Interregio-Linien schmiedet. Allerdings sind die Bedingungen dafür bei der Strecke von Saarbrücken durch die Pfalz nach Mannheim ungünstig, weil der Verkehrsvertrag für die erst Ende 2014 eingeführten Regional-Express-Züge noch bis 2029 läuft. Hier kann es, anders als beispielsweise im Fall der Strecke Stuttgart–Singen, in nächster Zeit nicht darum gehen, eine komplette Regional-Express-Linie durch einen Intercity (IC) zu ersetzen, in dem Nahverkehrsfahrkarten gelten. Wenn es rechtzeitig eine gute Lösung für die Revision der Regionalisierungsmittel gegeben hätte, wäre es aber wohl bei gutem Willen aller Beteiligten durchaus möglich gewesen, wenigstens die für Pendler wichtigsten Intercity-Züge von Saarbrücken nach Frankfurt und Stuttgart zu erhalten.

Dass es in der Pfalz künftig kaum noch IC-Züge und für Trier schon jetzt überhaupt keinen Bahn-Fernverkehr mehr gibt, ist letztlich die Folge von Fehlentscheidungen früherer DB-Manager. Weil sich die DB damals nicht in der Lage sah, irgendwelche mittelfristigen Zusagen für ihr Fernverkehrsangebot zu machen, planten die für den regionalen Zugverkehr in Rheinland-Pfalz Zuständigen das künftige Regional-Express-Angebot bei dessen Ausschreibung verständlicherweise ganz (im Fall Trier) oder weitgehend (in der Pfalz) ohne DB-Fernzüge. Der Kurswechsel bei der DB, die nun beispielsweise bei den Strecken von Bremen nach Emden und von Stuttgart nach Zürich zu – sehr sinnvollen – vertraglichen Regelungen über die Integration eines verbesserten Fernzugangebots in den Regionalverkehr bereit ist, kam für die IC-Linien entlang der Mosel und durch die Pfalz leider zu spät.