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06.11.2015
Die Rheinpfalz

Erster renovierter Triebwagen geht schon Mitte November in den Planbetrieb

Von Eckhard Buddruss

Ludwigshafen. Die Triebwagen der S-Bahn Rhein-Neckar erhalten im Zusammenhang mit dem ab Ende 2016 gültigen Verkehrsvertrag eine neue Inneneinrichtung. Gestern wurde von der Deutschen Bahn (DB) in Ludwigshafen das erste renovierte Fahrzeug vorgestellt, das schon Mitte November in den regulären Betrieb gehen soll.

Der neue Verkehrsvertrag, der den Betrieb auf den Rhein-Neckar-S-Bahn-Linien 1 bis 4 von Ende 2016 bis Ende 2033 regelt, bringt eine ganze Reihe von Verbesserungen. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Triebwagen steigt von heute 40 auf zunächst 64 beim Start des Vertrages und sogar 77 im Dezember 2017. Dadurch wird es möglich, die Platzkapazität bei einer Reihe stark frequentierter Züge deutlich aufzustocken. Ein Teil der zusätzlichen Fahrzeuge wird gebraucht, um den größten Teil der Züge für BASF-Pendler, die heute aus Dieseltriebwagen gebildet werden, in das S-Bahn-System zu integrieren. Michael Heilmann, der Direktor des für den regionalen Bahnverkehr im südlichen Rheinland-Pfalz zuständigen Zweckverbands, kündigte gestern an, dass die Integration dieser Verkehre in die S-Bahn nach Ausbau der Infrastruktur schrittweise zwischen Dezember 2017 und Dezember 2018 erfolgen soll.

Die 37 Triebwagen, die zusätzlich in die S-Bahn-Flotte aufgenommen werden, erhalten einen Einstieg, der ein stufenfreies Betreten der Fahrzeuge von 76 Zentimeter hohen Bahnsteigen erlaubt und werden in dieser Hinsicht an die vorhandenen 40 S-Bahn-Triebwagen der Baureihe 425.2 angeglichen. Sämtliche 77 künftigen S-Bahn-Triebwagen werden renoviert und erhalten bei dieser im DB-Jargon „Redesign“ genannten Überarbeitung eine verbesserte Inneneinrichtung. Dazu gehören unter anderem bequemere Sitze, neue Informationsanzeiger und eine Videoüberwachung mit 18 Kameras ohne toten Winkel, von der sich die DB einen Rückgang von Vandalismusschäden und ein besseres Sicherheitsgefühl für ihre Fahrgäste erhofft. In das Redesign der Triebwagen investiert die DB rund 40 Millionen Euro.

Schon vor Inkrafttreten des neuen Verkehrsvertrags werden die renovierten Fahrzeuge nach und nach den S-Bahn-Verkehr übernehmen. Der gestern vorgestellte erste Redesign-Triebwagen soll bereits ab der übernächsten Woche im regulären S-Bahn-Dienst eingesetzt werden.

Keine offiziellen Aussagen gibt es derzeit zum Fahrzeugeinsatz auf der künftigen S-Bahn-Linie von Mannheim über Frankenthal und Ludwigshafen nach Mainz. Dort stehen die Arbeiten an der Infrastruktur kurz vorm Abschluss; der Einsatz neuer Fahrzeuge ist aber angesichts des Zeitbedarfs für das Vergabeverfahren und die Fahrzeugproduktion wohl nicht vor Ende 2021 zu erwarten.

Was ist eigentlich die S-Bahn Rhein-Neckar?

Wirtschaftswissen: Nahverkehr in der Metropolregion

Die S-Bahn Rhein-Neckar nahm im Dezember 2003 den Betrieb auf den vier Linien S 1 bis S 4 auf, die jeweils im Stundentakt fahren. In der Pfalz ergab sich dadurch auf den Strecken von Mannheim nach Speyer und von Mannheim über Neustadt nach Kaiserslautern jeweils ein Halbstundentakt. Rechtsrheinisch fahren seitdem die S-Bahn-Züge über Heidelberg und Mosbach bis Osterburken und über Heidelberg und Bruchsal bis Karlsruhe.In den folgenden Jahren wurde das Netz Stück für Stück erweitert. Seit Ende 2006 fahren die S 3 und S 4 über Speyer hinaus bis nach Germersheim sowie die S 1 über Kaiserslautern hinaus bis nach Homburg. Ende 2009 kam als S 5 die Linie von Heidelberg über Sinsheim nach Eppingen hinzu, einige Monate später auch der Abschnitt von Meckesheim nach Aglasterhausen. Bisher letzte Netzergänzung war Ende 2011 der Abschnitt von Germersheim über Philippsburg nach Bruchsal.

Der S-Bahn-Ausbau der übrigen geplanten Strecken hat sich immer wieder verzögert. Fast abgeschlossen ist er inzwischen immerhin auf der Strecke von Ludwigshafen über Frankenthal und Worms nach Mainz. Für die Strecke zwischen dem Ludwigshafener Hauptbahnhof und der BASF wird eine Fertigstellung bis Ende 2017 angestrebt. Dann sollen stündlich S-Bahn-Züge zwischen der BASF und dem Ludwigshafener Hauptbahnhof fahren und die meisten der derzeit mit Dieseltriebwagen gefahrenen BASF-Pendlerzüge ins S-Bahn-System integriert werden. Noch nicht definitiv entschieden ist die Verlängerung der S 1 über Homburg hinaus bis nach Zweibrücken, für die die Planungen laufen.

Bei den rechtsrheinischen Strecken der zweiten S-Bahn-Ausbaustufe sieht der aktuelle Rahmenterminplan folgende Daten für den Abschluss der Bauarbeiten vor: Auf der Main-Neckar-Bahn (Mannheim-Friedrichsfeld–Darmstadt) Juni 2017, auf der Riedbahn (Mannheim–Groß Rohrheim) Dezember 2017, bei der Strecke von Mannheim über Hockenheim nach Karlsruhe Dezember 2018.

Der Betrieb der Linien S 1 bis S 4 von Ende 2016 bis Ende 2033 ist bereits in diesem Jahr an die Deutsche Bahn (DB) vergeben worden. Das Wettbewerbsverfahren für den Betrieb auf den übrigen Linien läuft dagegen noch. Vorgesehen ist derzeit, dass die Betriebsaufnahme in Etappen zwischen Ende 2019 und Ende 2021 erfolgt. (ebu)

Kommentar: Vernünftige Übergangslösung

Von Eckhard Buddruss

Bei der neuen S-Bahn-Linie von Mannheim über Frankenthal nach Mainz spricht nun alles für eine pragmatische Zwischenlösung. Bei der S-Bahn Rhein-Neckar, die lange Zeit mit einer relativ guten Pünktlichkeit glänzen konnte, sind Verspätungen derzeit leider eher die Regel als die Ausnahme. Die Baustelle bei Haßloch ist ein Nadelöhr, das die Zuverlässigkeit des Betriebs stark beeinträchtigt.

Verspätungen sind leider auch beim Ausbau des S-Bahn-Netzes der Regelfall. Immerhin ist nun ein Abschluss der Bauarbeiten auf der Strecke zwischen Ludwigshafen und Mainz in Sicht. Der neue Haltepunkt Frankenthal Süd ist bereits in Betrieb. Allerdings halten dort zunächst weiter die bisher schon auf der Strecke eingesetzten Fahrzeuge. Wegen der Abhängigkeit der Ausschreibung des Betriebs von noch ausstehenden Bauarbeiten in Baden-Württemberg und Hessen wird sich daran auch so schnell nichts ändern.

Unter diesen Umständen spricht deshalb alles für eine Zwischenlösung, bei der vorhandene Triebwagen der Baureihe 425 so umgerüstet werden, dass sie von den neuen 76 Zentimeter hohen Bahnsteigen stufenfrei betreten werden können. Mit einer solchen Lösung erreicht die S-Bahn-Linie Mannheim–Mainz bereits vor dem Einsatz neuer Fahrzeuge das gleiche Niveau, das bisher schon die Linien S 1 bis S 4 haben. Damit wären auch die in Rheinland-Pfalz gültigen Voraussetzungen dafür erfüllt, das werbewirksame Etikett „S-Bahn“ zu verwenden.

In Baden-Württemberg hat man es da nicht so genau genommen. Auf der Linie von Heidelberg über Sinsheim nach Eppingen verwendet man den Begriff S-Bahn schon seit Ende 2009, obwohl an den neuen 76-Zentimeter-Bahnsteigen bisher meist nur Fahrzeuge halten, deren Einstieg nicht optimal dazu passt.